Montag, 1. Oktober 2012

Wiesn-Windeln

Es wird viel gelaufen in Berlin. Am Ende der Woche gab es den Berlin-Marathon zu bestaunen, den sich Ella und Oscar selbstverständlich nicht entgehen ließen. Oscar trommelte auf seiner Blechtrommel die an ihm vorbei rennende Menge zu Höchstleistungen und konnte aufgrund eigener jüngst erworbener Lauferfahrung durchaus einschätzen, wie anstrengend das ist, was die schwitzende Menge da tat. Oscar nämlich wohnte Mitte der Woche noch einem weiteren Lauf-Event bei: Es handelte sich um den Sponsorenlauf an Ellas Schule. Und wer wurde da auch gesponsort, auf dass er viel Geld erlaufen möge? Richtig: Ella. 
Interessant ist hier aber das Statement unseres ehemaligen Nachbarn. Dieser warnte uns vor allzu hohen Beiträgen, die pro gelaufene Runde an die Schule abzutreten sind. Unser Nachbar habe schon Existenzen zugrunde gehen gesehen, als die Kinder ihre Sponsoren, ihre Eltern also, ründlich ärmer liefen. Man möge pro Runde also einen eher geringen Betrag spendieren. 
Dies alleine wäre natürlich keine Anekdote, wäre da nicht folgendes zu beobachten gewesen: 
Der Sohn unseres ehemaligen Nachbarn stieg nach 4 Runden aus. Unser Nachbar grinste sonnenbebrillt, während alle anderen Kinder liefen und liefen. 
Ella lief auch. Schlimm war der Start. Da platzierte irgendein Dummkopf unsere kleine Möhre in die erste Startreihe. Direkt hinter ihr - so die Erzählung - scharrten riesige Kinder bereits grunzend mit den Hufen. Dann das Startzeichen. Die grunzenden Riesenkinder - so die Erzählung - rannten auf Teufel komm raus los und trampelten die Möhre einfach um. Ella erläuterte später, sie wollte nicht bereits nach einem Meter Sponsorenlauf aufgeben und so putzte sich Ella kurz die lädierten Gliedmaßen und rannte los. 
Inzwischen war auch Papa da. Elf Runden, in deren Verlauf Ella immer blasser wurde, rannte die Möhre. Am Schluss mussten ihre drei Sponsoren insgesamt 33 Euro zahlen. Ella erschöpft. Eltern und Oma arm. 
Fasziniert vom Spektakel war Bruder Oscar. Mittlerweile spricht Oscar von sich gerne als Usain Bolt und es ist nicht ganz auszuschließen, dass in seinem wirren Kopf tatsächlich eine Personalunion zwischen ihm und dem schnellen Jamaikaner stattgefunden hat. Wir wissen es nicht genau. 
In jedem Fall aber bedurfte es nicht viel, um Oscar zu einem kleinen Pausenfüller-Lauf zu überreden. Irgendwann zwischen dem Sponsorenlauf der kleinen Schüler und dem der großen Schüler rannte also ein grüner Blitz alleine seine Runden. Am Schluss waren es sieben und hätte man ihn nicht gewaltsam entfernt, würde Oscar vermutlich heute noch um Ellas Schulgebäude rennen.  
Soviel zu Oscars Heldentaten. 
Aus einem anderen Holz aber ist die nächste Episode aus seinem Leben geschnitzt. Wir beginnen sie in einem Drogeriemarkt, in welchem Oscars Mama gerade auf der Suche nach Oscars Nachtwindeln ist. Im Regal wartet dann eine faustdicke Überraschung. Der Windel-Hersteller hatte tatsächlich die Stirn besessen, eine Oktoberfest-Edition zu produzieren. Die darin enthaltenen Windeln sind entweder rot-weiß oder blau-weiß kariert und darüber hinaus mit einer Brezel beziehungsweise einem Lebkuchenherzen (Aufschrift "Herzilein") versehen. Ob es für Senioren auch Oktoberfest-Windeln mit Maßkrug gibt, wissen wir nicht. 
Mama jedenfalls musste die Windeln mangels Alternativen kaufen und deshalb hüpft Oscar - durchaus stolz - im Wiesn-Monat mit Brezel- oder Lebkuchen-Hintern durch unsere Wohnung. Ihm ist die Erniedrigung allem Anschein nach nicht ganz bewusst, weshalb sich hier nur Mama ganz furchtbar schämt. 
  






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