Montag, 8. Oktober 2012

Der Hofnarr übernimmt

Wir beginnen diesen Blog-Eintrag mit einem Gruß nach Hamburg, der Stadt, in der Oscar geboren wurde, und in der auch Ella immerhin zwei Jahre ihres Lebens verbrachte. Die große Bedeutung Hamburgs, dies verbinden wir mit dem Gruß in die Hansestadt, ist bei Ella vom "Mittelpunkt der Welt" auf einen schmutzigen Fleck auf der Landkarte zusammengeschmolzen. Kund tat unsere Tochter dies am Frühstückstisch, dem Ort der ganz besonders feinen Dialoge.

"Ella, welche Städte sind auch Bundesländer?", fragte der Vater, wohl wissend, dass Ella jüngst erst alle Bundesländer in den PC eintippte. Ella antwortete staubtrocken: "Berlin. Bremen. Sandhausen." Aus zwei Elternmündern fiel das Frühstück. Sandhausen also...

In mehreren der drei Stadtstaaten, was für ein eleganter Übergang, sind derzeit Herbstferien. Dies gestaltet sich hier so, dass Papa Ferien hat wie immer, also korrigieren darf, Ella so etwa zur Hälfte im Hort und zur Hälfte zuhause ist und Oscar weiterhin outgesourced wird, also in die Kita geht. Ein bisschen Erholung muss schließlich sein und Erholung ist dann nicht möglich, wenn Oscar anwesend ist, denn Oscar testet derzeit Grenzen.

Da wäre die Sache mit dem Anziehen. Oscar ist zwar nicht modisch, aber modisch interessiert. Er hat für einen Jungen ganz erstaunlich konkrete Vorstellungen seines Outfits und deshalb sieht Oscar nach langen Diskussionen mit seinen Eltern zumeist aus wie der berühmte Teller bunte Knete, wenn er morgens zur Kita stapft.
Besonders gerne trägt Oscar zur Zeit seine eng anliegende Strandhose. Diese Hose verträgt sich aber nicht so richtig gut mit der derzeitigen Witterung in Berlin. Oscar ist das natürlich ziemlich egal. Witterungen interessieren nicht. Oscar will im Beach-Look zur Kita. Wie die Sache ausging und immer wieder ausgeht, ist auf dem letzten Bild des heutigen Eintrags zu sehen. Oscar trägt Jeans und darüber die enge Strandhose. Er sieht seltsam aus. Zur Groteske steigert sich dieses Bild dann, wir bitten um Phantasie, wenn Oscar zu dieser Hosenkombination noch Gummistiefel und Regenjacke trägt. Allein der Sohn ist zufrieden und dies ist wichtig, denn ist er unzufrieden, brüllt und stampft er ohne Gleichen.

Dies wissen wir, weil Oscar auch abseits seiner Strandhose genug Dinge findet, die nicht seinem Geschmack entsprechen und deshalb bebrüllt und bestampft werden müssen. Leberwurstbrote beispielsweise, die nicht in der Mikrowelle erhitzt werden.
Es war am Freitagabend, als Oscar darauf bestand, dass sein Vater das Leberwurstbrot erhitzt. Die bis dahin friedliche Tischkonversation wurde unverzüglich unterbrochen. Oscar raste, weinte, stampfte, brüllte.

Der Vater, der an diesem Tage von seiner Frau unguterweise alleine gelassen wurde, gab etwa um 20:35 die Macht über die Kinder ab. Es war ein regelrecht symbolischer Akt. Die Mikrowellentür ging mit einem Pling auf. Der König dankte ab. Der Hofnarr übernahm die Regie. Die Leberwurst wurde erhitzt. Der Hofnarr verspeiste danach zufrieden die gottlose Mahlzeit. Zuvor wurde eine Stunde lang gebrüllt. Niemand wird dem Vater diese Stunde zurückgeben können und so ärgert er sich bis heute, dass er nicht unmittelbar nach Oscars Befehl die Leberwurst in die Mikrowelle steckte und die brodelnde Wut dahingehend kanalisierte, die Mikrowelle auf "10 Minuten" zu stellen.

Ansonsten ist davon zu berichten, dass wir hier alle verlaust sind.
Die Läuse hüpfen lustig von einem Familienschädel zum nächsten und zurück. Ist ein Schädel befreit, wird er vom Nachbarschädel wieder behüpft und zerlaust. Mehrmals wurden Bettwäschen gewaschen und Kuscheltiere tiefgekühlt. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen.
Abends zum Beispiel die überdeutliche Ansage an die Kinder: "Ihr schlaft heute alle in eurem eigenen Bett." Allgemeines Kopfnicken. Läuse fallen herab, so heftig nicken die Köpfe.

Am nächsten Morgen werden die Eltern wach. Im Bett liegen zwei grunzende Kinder. Die Läuse konnten wieder hüpfen.

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