Sonntag, 26. Juni 2011

Zynisches Lob der wischenden Mutter

Man wird ja groß in diesen Tagen und verzichtet deshalb auch gerne mal auf die Windel. Man ist aber auch mitten in der von Eltern immer ganz besonders geschätzten Trotzphase. Die Rede ist von Oscar, zweieinhalb.

Und so ergeben sich aus diesen beiden eben angesprochenen Sachverhalten Szenen, in denen die Erwachsenen komplett vorgeführt werden.

Oscar latschte, weil er ja langsam groß wird, ohne Windel in die Kita. Zuvor fand das Planungsgespräch mit der Mutter statt.
Mutter: Du hast keine Windel an.
Oscar: Ja.
Mutter: Du sagst dann Bescheid, wenn du musst, ne?
Oscar: Nein.
Mutter: Dann kannst du auf Toilette gehen.
Oscar: Nein.

In der Kita angekommen, fand dann das Planungsgespräch mit Erzieherin Olivia statt.
Olivia: Ja super. Du hast keine Windel an.
Oscar: Ja.
Olivia: Du musst einfach nur Bescheid sagen, wenn du musst.
Oscar guckt Olivia ein paar Sekunden tief an, schüttelt dann den Kopf und geht spielen.

So ist das, wenn Großwerden und Trotz in eine Phase fallen. Wie die Geschichte ausging, ist allerdings leider nicht überliefert. Olivia und Oscar werden schon irgendwie zueinander gefunden haben an diesem Kita-Tag.

Papa schreibt das hier alles nur aus zweiter Hand auf, denn er selbst war fünf Tage lang mit seiner Schulklasse verreist und konnte leider nur via Telefon erleben, wie im entfernten Berlin die restliche Familie zwischen 6:30 und 8:15 Oscars wildes Aufbegehren gegen den schlimmen Feind Anziehen, zwischen 15:00 und 16:30 friedliches Miteinander und nach 16:30 Gejammer und Gewinsel völlig übermüdeter Kinder zelebrierte.
Dem mit allerhand Aufsichtspflichten gegenüber 60 Schülern ausgestatteten Vater gelang derweil etwas Unglaubliches: Ein Stündchen Schlaf mitten am Tag. Es war am Donnerstag zwischen 16:00 und 17:00, als der Vater schlief. Ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man nicht auf Klassenfahrt, sondern zu Hause ist.

Wieder in Berlin angekommen fand der Vater seine Familie im Prinzip unverändert vor, außer dass Ella und Oscar eine neue Spezialtät entwickelt haben, die da heißt: Gefüllte Trinkbecher auf die absurdesten Weisen umzuwerfen.
Keine Mahlzeit kann derzeit eingenommen werden, ohne dass sich über den Tisch Apfelsaftschorle ergießt. Vorhin gelang dem Team Ella & Oscar die unfassbare Leistung, innerhalb von zehn Sekunden den jeweils eigenen Trinkbecher umzuwerfen, was die Mutter zu dem zynischen Lob hinreißen ließ, dass das ja eigentlich total super sei, denn so müsse man nur einmal wischen, obwohl zwei Becher umgekippt waren.

Ella und Oscar wussten nicht, wie sie mit dem Lob umgehen sollten, und guckten irritiert den Vater an, der den Kindern daraufhin ihr früher erworbenes Zertifikat "Ich kann aus Bechern trinken" entzog und die ollen Nuckelflaschen, an denen die Kinder nachts saugen wie kleine Säugetiere am Euter, auf den Tisch stellte. "Ihr trinkt jetzt daraus, denn für Becher seid ihr zu klein", bellte der Papa und da begriffen Ella und Oscar, dass das Lob der wischenden Mutter nicht ganz ernst gemeint sein konnte und vergossen bittere Tränchen, die die Nuckelflasche aber nicht aufnahm, da sie sich und ihren Inhalt gegen die Außenwelt verteidigt, wie es kein Becher dieser Welt vermag.

Abseits des Trinkens war es ein wunderschönes Wiedersehens-Wochenende. Ella und Oscar erlebten ihre Oma als Babysitterin, Ausflüge zum Seifenkistenrennen, zum Christopher Street Day, dessen Botschaft der Toleranz sich in Form zweier Päckchen Brausepulver in die Hirne unserer Kinder brutzelte und in den Grunewald, in welchem Ella Reiseführerin spielte und uns fehlerfrei zu ihrer Lieblingsbank führte, ehe ihre Mutter uns auf dem Rückweg immer tiefer in den Wald hinein führte anstatt heraus.

Den Abschluss bildet dann ein fantastischer Dialog.
Papa und Oscar hatten ein paar Minuten für sich, weil Ella auf Chiaras Kindergeburtstag und Mama ihr Fahrrad holen war. Papa und Oscar saßen bei einer Pizza und konnten endlich mal richtige Männergespräche führen. Oscar, dessen Sprachkompetenz nun schon wirklich vorzeigbar ist, unterhielt sich mit seinem Vater über dies und das, über Löwen und Wölfe, Getränke und Fahrradanhänger.
Dann das Lob des stolzen Vaters: "Oscar, du kannst schon richtig toll sprechen."
Oscars vernichtende Antwort: "Du nicht".

Sonntag, 19. Juni 2011

Ein neues Polonaise-Konzept

Nur einen Tag, nachdem Ella gemeinsam mit ihrem Vater die Ausstattung des hiesigen Badezimmers um drei Packungen Toilettenpapier mit Gummibärchenaroma vervollständigte und von da an nun eigentlich das wirklich sorgenfreie Leben hätte beginnen können, da bekam Ella nicht etwa eine Darmgrippe, die den neuen duftenden Toilettenpapierblättchen gleich zu zentraler Bedeutung verholfen hätte, nein, da bekam Ella eine beeindruckende Magengrippe.

Der Darm spielte nicht mit, weil nichts von dem, was Ella zu sich nahm, den Darm erreichte. Und während Ella etwa 20 Stunden lang zunächst die Mutter, dann das Sofa, dann den Teppich und irgendwann nur noch eine Schüssel mit Mageninhalt besudelte; während extra ein Auto gechartert wurde um Ella in die Notaufnahme des Krankenhauses zu fahren und während der Vater um 4:30 Uhr nach Schöneberg in die Nachtapotheke radelte; während all dies geschah, langweilte sich das Luxustoilettenpapier zu Tode.

Schlimm war diese Nacht für fast alle: Beginnen wir aber mit der Ausnahme:
Oscar marschierte direkt nach der Kita mit Mama in den Zoo, weil uns dieser Ort mit seinen 15.000 Tieren weitaus hygienischer erschien als unsere Wohnung, in welcher in schnellen Rhythmen gebrochen wurde.
Als Oscar dann wiederkam und von den Tieren berichtete, die ihn dieses Mal am stärksten beeindruckten, nämlich den Flamingos, war dann auch schon Bettzeit. Oscar pennte die folgenden Stunden friedlich durch. Das war Oscars Nacht.

Die Nacht der restlichen Familie war dadurch geprägt, dass Ella etwa alle 50 - 60 Minuten mit einem lauten Schrei wach wurde. Sie habe Durst, jaulte sie. Dass sie nicht selbstständig trinken darf, hatte sie irgendwann verstanden, weil dann nämlich immer eine unverträglich große Menge getrunken wurde, die der Magen unverzüglich wieder heraus schmiss. So also wurden die Eltern gebeten, über Ellas Trinken zu wachen. Nach zwei Schluck riefen diese laut "Stop", Ella legte sich hin und schlief. Etwa fünf Minuten später musste dann die doch Schüssel ran, weil in dieser Nacht auch zwei Schluck zu viel für den Magen unserer Tochter waren.

Diese Abfolge hatten wir in dieser Nacht so lange, bis Papa sich dachte, dass es jetzt auf dem Fahrrad Richtung Schöneberg bestimmt nicht furchtbarer ist als zu Hause.

Als Papa dann von der Arbeit nach Hause kam, legte er sich ins Bett neben seine nun nur noch sehr müde, aber nicht mehr stets brechende Tochter und schlief.
Um 16 Uhr dann wachten Papa und Ella gleichzeitig auf. Und siehe: Papa war nicht mehr müde und Ella war nicht mehr krank.

Wie gesund Ellas Magen wirklich in dieser kurzen Zeit wurde, konnte sie uns am folgenden Tag schnell beweisen, denn die Kita feierte Sommerfest. Ella tankte sich durch Grillwürstchen, Kuchen und Süßigkeiten. Ihr Magen akzeptierte alles. Das Kind ist geheilt.

Und furchtbar schlau ist es immer noch. Da hat der Magenvirus nichts dran geändert. Als Ella vorhin im Garten ein Wort mit "R" bilden sollte, da sagte sie "Racso". Mama und Papa sahen sich gelangweilt an.
"Ella", sagten sie streng, "sag uns ein richtiges Wort".
Da wurde Ella klar, dass ihre Eltern nicht verstanden, dass sie ihnen wohl überlegen sein muss. "Das", erklärte sie geduldig "heißt 'Oscar' rückwärts" und dann erkannten auch Ellas Eltern, dass sie nicht verstanden hatten, dass Ella ihnen überlegen sein muss und nippten peinlich berührt am Apfelsaft.

Reden wir zum Schluss über das sorgenfreie Problemkind.
Oscar feierte natürlich auch Sommerfest und konnte seinen Umgang mit Buffets dahingehend verfeinern, dass er nun nicht mehr die meiste Zeit vor dem Buffet sitzt, sondern in diesem Falle - weil die Architektur es ermöglichte - auf dem Buffet saß. So latschte er zwischen Grütze, Kuchen, Salaten und Säften umher und griff mal hierhin, mal dorthin.

Des Weiteren zeigte er sich als großer Reformator der Polonaise, denn er griff seiner Vorderfrau nicht etwa an die Schultern, sondern umschloss mit beiden Armen deren Bauch.
In dieser Position war er aber leider extrem abhängig vom Tempo der Vorgängerin und das wurde zum Ende hin immer schneller.

War Oscars Gesicht zuvor schon eine echte Attraktion, weil es natürlich mit einer kompletten Hälfte und unter Deformierung der verbleibenden Hälfte an den Rücken der Vorderfrau gepresst war, so wurde sein Gesicht immer großartiger, als die ehrliche Mühe hinzukam, das steigende Tempo in dieser Haltung mitgehen zu wollen. Papa filmte, aber der Film ist in den Windungen seines Handys verschollen. Wenn wir ihn gefunden haben, reichen wir ihn nach und gewinnen dank Oscar den "Oscar" in der Kategorie "Verzweifeltes Kleinkind beim Bemühen, ein neues Polonaise-Konzept durchzusetzen."

Ansonsten hat es Oscar in der letzten Woche fertig gebracht, nahezu jede Nacht auf dem nackten Boden einzuschlafen. Es war die pure Abneigung gegen jeden ihm angebotenen Schlafplatz, die das Kind allabendlich schreien und irgendwann auf dem Boden einschlafen ließ. Dies sah im Ergebnis nur zum Teil süß aus, denn Oscar erinnerte auch ein bisschen an die Damen und Herren im ARD "Tatort", um die man gegen 20:25 immer eine Kreidelinie zieht.

Aber wenn im "Tatort" die Personen innerhalb der Kreidelinie weggeschafft werden, dann schnaufen sie nicht dabei und räkeln sich auf diese niedliche Art, wie Oscar es tut, wenn man ihn dahin legt, wo er es hasst: Ins Bett.

Montag, 13. Juni 2011

Treppengeländer links, Garten rechts

Die Woche, in der die Mutter des Hauses allnachmittäglich und -abendlich beim "Bibliothekartag" weilte und sich dort unter anderem am Sekt gütlich tat, wollte der Vater des Hauses unbedingt dazu nutzen, Punkte bei den Kindern zu sammeln. Oscar, der am 3. Juni, also am vergangenen Freitag, erstmals sagte, dass er seinen Papa lieb hat, nahm nach dem Bibliothekartag allerdings wieder alles zurück und urteilte streng: "Papa nee lieb!"

Alles, was Oscars Papa in der letzten Woche unternahm - dazu später Details - um die Gunst des Sohnes zu erlangen, verlor sich gestern im Treppenhaus, durch welches Oscar und Papa nach unten stiegen.

Oscar ist - das muss man wissen - der selbsternannte Chef des Treppenhauses. Wie ein Dirigent zeigt er mal hierhin, mal dorthin und scheucht seine Erziehungsberechtigten von Ecke zu Ecke. Meist läuft es darauf hinaus, dass Oscar an dem einen Treppengeländer und seine Eltern am anderen Treppengeländer zu laufen haben. So weit, so gut.

Am Schluss aber wartet eine wirklich üble und sehr breite Steintreppe. Falls Oscar nicht aufgrund einer anstehenden Radfahrt ohnehin mit Helm auf dem Kopf die Treppe hinuntersteigt, erscheint es seinem Vater sinnvoller, am selben Treppengeländer zu laufen wie der tapsige Sohn. Denn sehr schlecht dürfte es gehen, wer hier die Treppe hinunterfällt.

Eine schöne Oscar-und-Papa-Phase endete also mit diesem Dialog:
Oscar (am linken Geländer, auf das rechte Geländer deutend): "Da! Papa da!"
Papa: "Nein. Dann kann ich dich nicht halten, wenn Du fällst."
Oscar (erbost auf SEIN Geländer zeigend): "Papa neee da!"
Papa: s.o.
Oscar: "Rawääääääääääääääääääääääääh"
Papa (Oscar greifend und mit ihm auf dem Arm die Treppe hinuntersteigend): "Blödmann!"
Oscar (tretend): s.o.

Danach war Oscars Laune noch lange schattig. So richtig toll findet er seinen Vater seitdem nicht mehr. Das gerade aufkeimende Pflänzchen der Liebe, das Oscar am 3.Juni in Lindow(Brandenburg) in die Worte "Mama, Ella, Papa lieb" kleidete, es wurde jäh zertrampelt im Kreuzberger Treppenhaus.

Zuvor allerdings waren Papa und Oscar im Schwimmbad, wo Oscar bemerkenswert schnelle Stimmungsschwankungen zeigte: Innerhalb von vielleicht 3 Sekunden konnte Oscar die Zustände fröhlich - untröstlich - wieder fröhlich annehmen. Dann nämlich, wenn Oscar qietschvergnügt durchs Babybecken latschte, ausrutschte, mit dem Kopf fast unterging und daraufhin furchtbar weinte, nach zwei Sekunden aber wieder fröhlich weiterlatschen konnte. Eine von Oscars Grundeinstellungen ist halt die, dass man sich mit Schmerzen und anderem Unbill nicht allzu lange aufhalten muss. Es sei denn, es geht um sadistische Väter und Treppenhausrevolten.

Am Donnerstag wurde Oscar aufgrund einer spontan auftretenden Organisationslücke mit zum Schulfest von Papas Schule geschleppt. Papa hatte zu tun und Oscar latschte hinterher. Das ist nicht schön. Glücklicherweise hat Papa aber Schülerinnen, die beim Anblick ihres Lehrers im Kleinkindformat regelrecht dahinschmolzen. Eine große Diskussion, bis hinunter zu den Schülerinnen der 7. Klassen, entbrannte, wer denn nun den kleinen Wicht als nächstes wird knuddeln dürfen.
Oscars Vater war dieser Bohei um den Sohn sehr recht. Umgeben von etwa fünf bis zehn muttergefühlsgepeitschten Babysittern konnte Oscar nichts passieren. Nur irgendwann war es einfach zu viel. Als die 73. Schülerin fragte, wer das denn sei, und dass das ja ein ganz Süßer sei und Oscar dann anfassen wollte, war Schluss. Oscar war fix und fertig, suchte sich eine liebe Schülerin, setzte sich auf ihren Schoß und hielt Mittagsschlaf. Die Schülerin saß glücklich da. Zu den 28° Lufttemperatur gesellten sich für 60 Minuten noch Oscars gesunde 36°. Die Schülerin - dies nur als kleine Pointe - stammt übrigens aus Sibirien.

Am Pfingstwochenende warteten Attraktionen auf uns. Zum einen feiert Kreuzberg in diesen Tagen ja immer den Karneval der Kulturen, zum anderen kamen Jan, Kitti und Jette aus Hamburg zu Besuch.
Jette, ein halbes Jahr jünger als Oscar, war sprachlich unserem Kleinen ebenbürtig. Und so führten die beiden ernsthafte Gespräche, die sich - soweit wir das beobachteten - über die wirklich existenziellen Themen, wie zum Beispiel das Essen drehten.

Als dann der Besuch in unseren Garten gelockt wurde, zeigte Oscar zumindest genetisch große Verbundenheit zu seinem Vater.
Die Mutter entschied zuvor, den Garten diesmal nicht - wie gewohnt - vom Steinhellenweg, sondern von der Florastraße aus anzusteuern. Dies bedeutete folgendes: Der Garten war, wenn man sein Fahrrad vor der Türe abstellt, nicht mehr rechts, sondern links.
Papa - der so etwas schon ahnte - fuhr zwar fast am Garten vorbei, erkannte dann aber doch rechtzeitig noch den Eingang.

Oscar aber ging einen Schritt weiter. Er akzeptierte den Eingang nicht. "Neeeee daaa!", hörte man ihn entsetzt schreien. Mama löste den Konflikt auf. Sie griff sich Oscar, ging zehn Meter am Garten vorbei, drehte, ging zehn Meter zurück und siehe: Der Garten war wieder rechts. Oscar war zufrieden. Papa wäre diese zusätzlichen 20 Meter gerne mitgegangen, denn ein bisschen verwirrend war das ja doch mit der Florastraße.

Nur eine kleine Geschichte aus Ellas Leben.
Ella besucht seit letzter Woche jeden Dienstag einen Schwimmkurs. Hoffen wir. Am letzten Dienstag - bei Ellas erster Sitzung - zeigte sich die Möhre den Anweisungen der Schwimmlehrerinnen gegenüber eher spöde.
Wenn erklärt wurde, starrte Ella gerne mal auf die Schwimmbadfliesen. "Anweisungen", so berichtete später die Mutter, die Zeugin der ersten Schwimmstunde war, "Anweisungen mag Ella nicht." - Ein schöner Vorgeschmack auf die Schule...

Sonntag, 5. Juni 2011

Vatatatsunfälle und Bauernhofbestien

Der heutige Blog-Eintrag wäre um ein Haar ausgefallen. Der Grund liegt darin, dass unsere Wohnung allem Anschein nach zu klein für zwei Kinder ist, die mit dem Einschlafen hadern.

Aber da vor ein paar Minuten Ella im Arbeitszimmer und Oscar im Elternbett eingeschlafen sind, und zumindest Ella nun in ihr eigentliches Bett transferiert wurde, kann hier im Arbeitszimmer munter in die Tasten gehauen werden.

Es gibt ja auch einiges zu berichten. Am Donnerstag war schließlich Vatertag. Oscar fand das Zeremoniell für seinen Vater am Frühstückstisch sehr beeindruckend und plapperte fortan die alles erklärende Vokabel "Vatatat", was ein extrem passendes Wort ist, weil es den Umstand des "Vatertages" lautmalerisch mit dem Klang einer schmissigen Marschmusik zu verbinden weiß. Oft jedenfalls strahlte Oscar seinen Vater an und sagte schmissig: "Vatatat".

Der Vatatat sollte nur Gutes für unsere Kinder bedeuten. So war zumindest der Plan. Mit dem Auto sollte es in den Norden Brandenburgs gehen, dort sollte ein Bauernhof besucht werden - so weit, so gut.
Oscar allerdings startete denkbar schlecht in diesen Ausflug.
Wir waren noch nicht in Schöneberg, da erbrach Oscar in zwei Schwällen sein Frühstück auf sein Fußballtrikot, den Autositz und Teile des Proviantbeutels. Vorausgegangen war, dass Oscar mit seiner Hand im Mund spielte. Sehr tief forschte sein Finger in der Mundhöhle herum und führte die Reaktion "Brechen, sofort" gekonnt herbei. Hätte Oscar im Anschluss nicht mittels Weinen seinen Unmut darüber geäußert, man hätte sein Erbrechen für Absicht halten können. Wer nicht reisekrank ist, muss halt auf diesem Wege für Chaos im Pkw sorgen.

Kurze Zeit später waren wir dann schon in Lindow/Brandenburg, wo sich Oscar und Ella auf einem Spielplatz tummelten. Der Spielplatz sah gepflegt aus, verfügte aber nicht über die Sicherheitsstandards, die wir aus der Hauptstadt gewohnt sind, und so flog Oscar an diesem Vatatat, der bislang nicht gut für ihn lief, etwa 1,60 Meter ungebremst in den Sand. Das Gute ist dann ja immer, dass Oscar so wenig Schmerzempfinden hat, dass er nach übelsten Unfällen nur eine Minute weinen muss. So auch diesmal. Die Schulter, auf die er fiel, war seltsamerweise auch nicht ausgekugelt. Glück im Unglück am Vatatat.

Auf dem Bauernhof angekommen, mussten Ella und Oscar, vor allem aber auch die Mitreisenden Flora und Linus, schnell erkennen, dass sie Stadtkinder sind. Auf dem Bauernhof, das konnten die Kinder ja nun auch wirklich so nicht wissen, wimmelte es von Tieren.
Schlimm war vor allem die reißende Bestie Zora.

Zora ist ein schottischer Schäferhund und erst drei Monate alt. Mit drei Monaten will ein Hund eigentlich nur spielen und das tut er für gewöhnlich rennend und schnappend. Rennt ein Mensch mit Zora mit oder vor Zora weg, dann heißt das für Zora: Hier will jemand mit mir spielen.
Soweit die Grundkonstellation.

Die Kinder wurden daher der Reihe nach vom Hund attackiert und rannten daraufhin entweder in einer Form vor dem hüpfenden Hund weg, die man früher in Bugs-Bunny-Kurzfilmen schon komisch fand (Ella, Flora) oder wurden recht schnell vom Hund überwältigt, also umgeworfen und dann irgendwie bearbeitet (Oscar, Linus). Die Panik war bei allen Vieren jedenfalls beeindruckend groß und so wurde nahezu das gesamte riesige Bauernhofgrundstück so gut es ging gemieden. Überall konnte Zora auftauchen und ein Kind fressen. Das war allen klar.
Irgendwann erkannten die Kinder aber, dass es einen Ort gab, der für Zora nicht erreicht werden kann: Das Trampolin.

Unsere Kinder verbrachten deshalb einen Großteils des Bauernhof-Urlaubs hüpfend. Außerhalb des Trampolins drohte Gefahr.
Ella und Oscar aber, das muss gesagt werden, waren relativ mutig. Ella versuchte ein paar Mal einfach stehen zu bleiben, wenn Zora auf sie zukam. Winselnd und heulend stand Ella dann da, während der Hund an ihrem Kleid knabberte und dann enttäuscht abließ. Und auch andere Abenteuer wie Schweinefüttern und Treckerfahren überstanden unsere beiden heroisch.

Letztendlich waren aber alle Kinder immer sehr froh, wenn der Bauernhof zwecks Baden im See oder anderen Dingen verlassen wurde. Vor allem Oscar entpuppte sich hierbei als wahre Wasserratte.

Zuvor sträubte er sich immer ins Wasser zu gehen, aber seit er eine tolle eng anliegende Badehose besitzt, läuft es. Alle Hosen- und Windelkonstruktionen zuvor erkannte Oscar nicht als Badekleidung. Jetzt, als Badehosenträger, stürzte er sich in die Fluten als gäbe es kein Morgen.

Auch Boot wurde gefahren. Familie 1 saß im recht flachen Tretboot, Familie 2 im tieferen Ruderboot. Die Kinder wurden mal in dieses, mal in jenes Boot gehoben - bis auf Linus. Der hatte aufgrund unkontrollierten Bewegungsdranges Tretbootverbot erhalten.

Am Sonntag war dann Abreise. Für die beiden Stadtfamilien und für alle Schweine mit lila Markierung. Letzte Ausfahrt Schlachthof. "Wo fahren die Schweine hin?", kicherte Ella, die den Abtransport lustig fand. "Auf einen anderen Hof", sprach Papa und war stolz darauf, nicht gelogen zu haben. Der kleine Fritz, Bauerslümmel vom Hof, stand daneben und krähte die ganze Zeit etwas vom Schlachten. Ella hörte nicht hin oder wollte nicht hinhören. Recht so.

Für Ella endet eine turbulente Woche, war sie doch zuvor auf Kita-Reise in Ollendorf. Als sie wiederkam, war natürlich nicht viel aus ihr herauszupressen. Tröpfchenweise sickerten die heißen Informationen ans Licht. "Ich weiß. Da ist ein Elektrozaun", sprach Ella auf einen Elektrozaun deutend. "Das tut weh, da hab ich in Ollendorf angefasst."

Wenigstens mal etwas mit Substanz.