Sonntag, 31. Mai 2009

Trocken werden

Ella ist sprachlich nahezu voll ausgereift. Schaut man sich Oscars Gebrabbel im Vergleich an, so muss man schon staunen, was ein Mensch, der zur WM 2006 geboren wurde, schon so alles sagen kann. Alles eigentlich. So laben wir uns - schadenfroh wie wir nun mal sind - an den wenigen Sprachmängeln unserer Tochter.

Sie sagt konsequent "Soßel" statt "Soße". "Ich möchte noch Kartoffelpüree, Brokkoli und weiße Soßel", heißt es dann kauend. Auch nach einem ausführlichen Gespräch mit den Eltern blieb Ella bei ihrer Meinung. Die leckere, leider heute mal fettfreie, "Hollandaise" ist sicherlich keine Soße, sondern eine "Soßel".

Wie gesagt: Ella spricht sonst wunderbar. Besondere Schönheit entfaltet Ellas Sprache, wenn sie leicht verträumt einige Fetzen ihres Alltages aneinanderreiht und in wirklich guten Phasen keinem einzigen deutschen Expressionisten mehr hinterhersteht. So sprach Ella gestern träumend und in lustigen Sing-Sang: "Hinlegen ist die schönste Stadt als Weltmeister."

Erklärung: Hinlegen ist immer noch ein zentraler Bestandteil des Kleinkindlebens, auch wenn Mama und Papa das allzu quirlige Töchterchen mal wieder auf Mittagsschlafentzug gesetzt haben. Weltmeister ist der Name des Brötchens, dass Ellas Mama zum Frühstück haben wollte, woraufhin sich zwei weitere Familienmitglieder dieser Bestellung anschlossen. Und das Gelaber von der schönsten Stadt der Welt musste Ella wohl schon einige Male von völlig grundlos begeisterten Hamburgern hören.

Veränderungen stehen ins Haus: Papa gehört seit Mittwoch wieder zur arbeitenden Bevölkerung. Die Elternzeit ist vorüber, der Wecker klingelt wieder, und immer noch ist es Chers "Walking in Memphis", das zu mehr oder weniger christlichen Zeiten den Tag einläutet.
Und dann sprach Mama angesichts des langen Wochenendes: "Ella wird trocken gelegt."

Dem völlig perplexen Kleinkind wurden daher sowohl am Samstag als auch am heutigen Sonntag die Windeln vorenthalten. Mit Unterhose und Jeans bestritt Ella das Wochenende.
Auch für Mama und Papa begann damit eine völlig neue Etappe des Elternseins.
Etwa alle 120 Sekunden nämlich wurde Ella gefragt: "Musst du pieschern? Musst du einen Stinker machen?" - Ella verneinte meist.

Nickte sie jedoch, dann brach Panik aus. Ella wurden Jeans und Unterhose vom Leib gerissen und sie wurde aufs Klo gesetzt. Waren wir draußen, so wurde Ella anatomisch sinnvoll gehalten - so nämlich, dass Kind, Textilien und Eltern nicht nass wurden.
Nass wurde niemand, denn zumeist handelte es sich um falschen Alarm. Ella musste dann nicht.

Wohl aber wenige Sekunden später. So schaffte sie an diesem ersten Testwochenende immerhin sechs Unterhosen und Jeans. Das lange Wochenende fand ein vorzeitiges Ende. Ella will morgen definitiv Windeln tragen.

Oscar war mal wieder beim Impfen. Nun hat er diesbezüglich ein paar Monate Ruhe. Unglaubliches wusste die Mama zu berichten. Oscar weinte etwa 10 Sekunden und war dann wieder fröhlich.
Einen Tag später allerdings hatte er Fieber. Er schlief sich richtig gesund und beglückte uns gegen Abend mit sprühender Wachheit.
Einen sehr fröhlichen Gesellen haben wir da erhalten. Oscar lacht, wann immer es einen Grund gibt.
Irritiert ist er nur, wenn sein Spiegelbild zurücklacht. Ein Fragezeichen taucht dann über seinem Kopf und über dem Kind im Spiegel auf. Beide gucken sich an. "Warum lacht der denn da?", denken beide.

Sonntag, 24. Mai 2009

Bauernhof 2009

Man mag direkt von einer Familientradition sprechen, denn wie bereits im letzten Jahr fuhr die dynamische Familie am Himmelfahrtstag für drei Tage auf den Bauernhof.

Zur Einstimmung guckten Mama und Papa den Bauernhof-Film des letzten Jahres und sahen im Fernseher ein Kind, welches statt "Pferd" "Bär" sagt. Viel ist seitdem geschehen. Ella ist konversationsfest und dann ist da ja noch einer, an den im letzten Mai noch gar nicht zu denken war.

Ella und Oscar haben ein gleichermaßen ambivalentes Verhältnis zum Autofahren.
Die eine freute sich schon Tage zuvor darauf, endlich mal wieder im Auto zu sitzen, stellte dann aber irgendwo in der Lüneburger Heide fest, dass das Autofahren im Prinzip total doof ist. Ella weinte.
"Warum weinst du, Ella? Ist das Autofahren doof?"
"Jaaaaaaaaaaa"
"Was ist denn so doof daran?"
Seltsame Antwort: "Die Tüüüüren!!"

Gut. Da konnten Mama und Papa nicht viel helfen. Mit Türen steuerten wir weiter auf den Bauernhof zu.

Der andere fand alles - wie man auf dem ersten Bild gut sehen kann - erstmal superlustig. Oscar genoss die Fahrt. Und dies im strengsten Wortsinne, denn nichts ist Babys verhasster als stehende Fahrzeuge. Leider beginnt vor unserer Wohnung noch nicht direkt die Autobahn, so konnten wir es nicht vermeiden, an der ein oder anderen roten Ampel zu halten und Oscar somit unerträgliche Schmerzen zuzufügen, auf die er nur mit ohrenbetäubenden Gebrüll reagieren konnte.

Auf dem Bauernhof angekommen stellten wir schnell fest, dass bei Onkel Fredde und Tante Kati in Berlin-Moabit deutlich mehr Tiere leben als auf diesem Hof. Im Internet lockte der Hof noch mit Kälbern und Ponys, doch die alte Dame, der man nicht böse sein konnte, erklärte nordisch-nüchtern: "Das machen wir hier schon seit Jahren nicht mehr."

Später mussten wir erkennen: Zum Glück gab es weder Kalb noch Pony, denn die Stadtkinder sind für derlei Bestien einfach nicht mit dem ausreichenden Nervenkostüm ausgestattet.

Es erschien nämlich noch: Flora, Ellas beste Freundin in spe, mitsamt ihrer Familie, zu der auch Säugling Linus gehört, Oscars bester Kumpel in spe (die bald vorherrschende hauchzarte räumliche Nähe lässt Antipathie einfach nicht zu) .

Flora übertraf Ella nämlich noch um Längen, was Panik vor den wilden Kreaturen des Bauernhofs betrifft.
Die reißenden Bestien waren: Zwei Katzen und ein Hund.

Beide Mädchen und ihr Gewimmer, wenn sich ein Tier näherte, ließen uns schnell dankbar sein dafür, dass Kalb und Pony auf diesem Hof seit Jahren verschwunden sind.

Verstanden haben sie sich im Prinzip gut, die beiden Damen. Hier und da flogen auch mal die Fetzen, doch unterm Strich steht einer Kreuzberger Connection zwischen Ella und Flora nichts im Wege.
Die Fetzen flogen zum Beispiel, als Flora (man beachte in diesem Zusammenhang ihren Namen) unserer sonst so ausgeglichenen Tochter ein Gänseblümchen wegnahm.
Ella rief "Meine Blume", und brüllte wie am Spieß. Flora nahm unterdessen mitsamt der Blume die Beine in die Hand und sah zu, dass sie Land gewann. Hinter ihr polterte nämlich eine äußerst erzürnte Furie her.
Irgendwann war für Flora der Fluchtweg zu Ende und es kam zu äußerst undamenhaften Handgreiflichkeiten, in dessen Folge Ella ihr Gänseblümchen zurück erhielt und der völlig verängstigten Flora ein neues aushändigte.

Und die Herren: Die nutzten hier und da die Gelegenheit, wenn sich wieder mal alles um die Mädels kreiste und ihre Kinderwagen dicht beisammen standen, zu einem kleinen Männergespräch.



Montag, 18. Mai 2009

Das kluge Wort der Spanier

Als der Vater von Ella und Oscar vor ein paar Tagen von seiner Tochter erzählte, da berichtete der Gesprächspartner davon, dass es im spanischen Wortschatz einen Begriff für die "Pubertät der Dreijährigen" gibt.

Klug ist der Spanier, denn dieses Wort ist unbedingt nötig und im ohnehin immer recht aufbrausend klingenden Spanisch hoffentlich schön lautmalerisch vertont. Vielleicht heißt es "Bostollarrido" oder "Tesquidatorre"... in jedem Fall sollte man beim Hören dieses Wortes ein schwieriges Kleinkind deutlich spüren.

Ella - bald dreijährig - befindet sich bereits in dieser ersten Pubertät ihres Lebens. Fast alles, was die Pubertät auszeichnet, ist dabei: Die Eltern fangen an, schwierig zu werden, der erste Liebeskummer droht...

Der Reihe nach:
Auffällig ist derzeit Ellas Contra-Haltung und ihre unfassbare Lethargie.
"Ich will nicht zur Spielgruppe", heißt es auf dem Weg zur Spielgruppe, wo man natürlich unheimlich Spaß hat.

"Die Kita ist doof", heißt es dann. Alles ist irgendwie doof, und geäußert werden diese Missfallensbekundungen von einem kleinen Menschen, der unter Anfeuerungsrufen der Eltern in einem Schneckentempo durch Altona schleicht.
Nein. Sonderlich viel los ist zur Zeit nicht mit der Möhre.

Und der Liebeskummer? Den empfindet sie noch nicht, aber der wird kommen. Erst jetzt erreichten uns diese exklusiven Bilder von der Elbe, wo Ella mit ihrer großen Liebe Dominik einen romantischen Tag verbrachte. Diese Liebe steht vor einer großen Probe, denn Ella wird ab August in Berlin wohnen.

Unter anderem deshalb machte sich die Familie mal wieder auf nach Berlin. Wieder wurden Wohnungen besichtigt, aber auch der diesjährige Eurovision Song Contest wurde zelebriert. Und dafür wurde Ella rausgeschmissen.

Diese verbrachte mit Onkel Fredde und Tante Kati einen schönen Tag im Zoo und übernachtete schließlich bei Onkel und Tante. Erst am nächsten Tag kamen , vom ESC gezeichnet, Mama und Papa zum Frühstück vorbei.

Die Rückfahrt verbrachte die Kleinfamilie mit einem alten Ehepaar, das schon einen Urenkel hat und entsprechend interessiert und geduldig mit Ella und Oscar war. Zum Dank erbrach Ella erst in Hamburg-Harburg ihre Laugenstange ins Abteil, sodass die lieben Alten nur noch etwa 10 Minuten milde lächelnd im nach Magensaft riechenden Abteil sitzen mussten.

Oscar ist die Pubertät noch fremd. Der Spross der Familie bleibt ein wirklich unkompliziertes Kind. Gerne hat er seine Faust im Mund, er lacht zurück, wenn man ihn anlacht, spielt gerne mit der Knisterfolie und schläft viel.

Sonntag, 10. Mai 2009

Die Nase sagte dann auch "Nein".

Ellas Oma in Berlin neigt zur sogenannten Objektophilie - der Liebe zu Gegenständen und Objekten. Früher hatte Ellas Oma eine starke Zuneigung zur Berliner Warenhauskette Wertheim, heute ist es der Berliner Supermarkt Reichelt, der bei dieser guten Frau für Gefühlsregungen sorgt, die nur mit dem Wort "Liebe" annähernd treffend gekennzeichnet werden können.

Ungeachtet dessen, dass sich hinter der emotionalen und vielleicht auch körperlichen Zuneigung zu diesem Supermarkt eventuell eine kleine Bindungsstörung verstecken könnte, hat Ellas Oma das Phänomen der Objektophilie binnen kürzester Zeit auf ihre Enkeltochter übertragen.

Im Fahrstuhl des Supermarktes war es, als Ella zur Oma empor blickte und mit belegter Stimme sprach: "Oma. Ich lieb' Reichelt." Zeugen sprechen davon, dass Ella währenddessen nasse Augen hatte.

Die beiden Damen waren sich nun also ihrer Seelenverwandtschaft endgültig gewahr und gingen in Ellas knapper Berlin-Woche ihrer Leidenschaft zweimal nach. An allen anderen Tagen fragte Ella nervös, ob sie heute zu Reichelt gehen darf. Ihre Eltern machen sich Sorgen.

Während Ella also in Berlin den Supermarkt und auch sonst das Animationsprogramm von Oma und Opa genoss, leistete Bruder Oscar Schwerstarbeit. Er wuchs.

Oscar fuhr als kleines Baby nach Berlin und kam als mittleres Baby zurück. Das mittlere Baby dehnte sich in den letzten 14 Tagen nämlich um ganze zwei Zentimeter aus.

Und was taten die Eltern derweil in der schönen Hauptstadt? Sie besichtigten mal wieder Wohnungen, fanden eine dann ganz toll und überlegten noch auf der Rückfahrt im ICE hin und her.
"Der Kopf sagt 'Ja'", sprach Mama. "Aber der Bauch sagt 'Nein'".
Ella ließ eine Sekunde verstreichen und wollte die Entscheidung in Mamas interner Körperdiskussion erzwingen: "Und was sagt die Nase?".

Die Nase sagte dann übrigens auch "Nein". Papas Nase aber auch, was schade ist, da Ella sogar schon in der Lage ist, die besagte Wohnung auf einer Berlin-Karte zu zeigen. Aber wir wollen ja nicht angeben... Das ist wahrscheinlich eine ganz normale Fähigkeit für ein Kind von nicht mal 3 Jahren...

Den heutigen Muttertag musste sich die zu ehrende Person heuer gründlich erarbeiten. Am Vorabend des Muttertages wurde die gesamte Familie nämlich vom Vater verlassen, der es vorzog, mit ein paar Herrschaften an der Elbe Astra zu sich zu nehmen.
Ein paar Anrufe aus den heimischen vier Wänden deuteten zart an, dass Zuhause der Bär steppt:
Oscar schläft - Ella soll auch - Ella will nicht - Ella schreit - Ella tobt - Oscar wach - Oscar weint - Mama schimpft mit Ella - Ella wütet - Oscar weint - Papa sitzt an der Elbe.

Und dann war Muttertag, Ella gab Mama ein Küsschen und eine Bastel-Blume und alles war vergessen.

Freitag, 1. Mai 2009

Einschlafbetreuung Ella H.

Bereits heute eröffnet sich dem geneigten Blogleser ein Blick in die Welt von Ella und Oscar, da diese in ein paar Stunden mal wieder nach Berlin fahren um dort die Eltern im Kampf gegen zahlreiche Wohnungen und Makler zu unterstützen.

Sonderlich viel ist in dieser halben Woche nicht passiert. Für den Höhepunkt sorgten Mama und Papa, die heute einmal ohne Handys aus dem Haus gingen und eine Verkettung ungünstigster Zufälle über sich ergehen ließen, so dass sie sich - bewaffnet mit jeweils einem Kind - etwa 60 Minuten lang in Altona suchten.

In dieser Zeit waren beide Familienhälften suchend und fluchend auf dem Altonaer Flohmarkt, wo man später auch noch gemeinsam nach diesem und jenem stöberte. Abgeräumt haben Ella und Oscar in Form von zahlreichen Textilien und der DVD "Oh wie schön ist Panama", die gerade jubelnd gesehen wird ("Papa, jetzt hast du die Brücke verpasst!"; "Der Tiger ist ins Wasser gefallen..."), während Mama den Koffer packt.

Seit ein paar Tagen schläft Oscar in Ellas Zimmer ein. Ja, das geht.
Ella fühlt sich, nachdem sie dann auch ins Bett gebracht wurde (eine Formulierung, die angesichts des Brimboriums, das auf dieses "ins Bett bringen" folgt, nicht optimal erscheint...), für Oscar dann sehr zuständig.
Quakt das Baby, wird es versorgt.

Und so ist Oscars Bett dann nach zwei Stunden liebevoller Betreuung durch die große Schwester gut gefüllt mit Spielzeug und Büchern, die seinen Einschlafprozess in Ellas Augen irgendwie beschleunigen oder versüßen sollen...

Am übernächsten Sonntag erscheint der Blog dann wieder in gewohnter epischer Breite.