Sonntag, 31. Juli 2011

Mallorca

Blog-Einträge, die ganze Urlaube zusammenzufassen haben, misslingen zumeist. Dies soll als Entschuldigung vorneweg geschickt werden. Als Ausgleich winken heute ganz besonders viele tolle Bilder, nämlich deren 11.

Der Mallorca-Urlaub, den die dynamische Familie gemeinsam mit der nicht minder dynamischen Familie von Ellas altem Hamburg-Kumpel Dominik auf einer urigen Finca verbrachte, sollte nicht so ganz problemlos ablaufen - dies wurde uns bereits wenige Minuten nach dem Aussteigen aus dem Flugzeug klar, als Oscar ein endlos langes Laufband auf dem Flughafen betrat, um sich von eben jenem Laufband gemeinsam mit anderen Touristen transportieren zu lassen.

Man muss dazu sagen, dass sich Oscar für einen Koffer zuständig fühlte, der ihn in punkto Körpergröße locker übertaf. Oscar aber erkannte als einziger, dass dies sein Koffer war und so war Oscar selbstverständlich auch auf dem Laufband des Flughafens von Palma für eben jenen Koffer verantwortlich.
Das Band rollte.

Oscar drehte sich zu seinen Eltern um, die - da sie zuvor weniger Haken schlugen als ihr Sohn und deshalb rund 30 Meter hinter dem Sohn auf dem Laufband standen - zu seiner Verwunderung immer nur riefen "Umdrehen, Oscar!".
Oscar hielt seine Eltern in diesem Moment für sehr dumm, denn er hatte sich doch bereits umgedreht. Das Band rollte und in etwa 10 Metern sollte es am Ziel sein. Alle Menschen auf dem Laufband blickten in Fahrtrichtung. Nur Oscar nicht. Er blickte in die mittlerweile panischen Gesichter der Eltern.
Seine Mutter rannte nun herbei. Das Band erreichte sein Ende und was nun folgte, sorgte für großes Kino:
Oscar stürzte am Ende des Laufbandes zu Boden. Der nachfolgende Oscar-Koffer fiel nun auch um und hätte unseren Sohn unter sich begraben, wäre seine Mutter nicht im Stile eines Boris Becker irgendwie dazwischen gesprungen. Oscar weinte nun aus unterschiedlichen Gründen: weil er hingefallen war, weil sein Koffer auch irgendwie umgekippt war und weil seine Mama nun auch auf dem Flughafen von Palma herumlag. Bei der Rettungsaktion splitterte zudem ein Zähnchen der Mutter.

Als wir dann kurze Zeit später Dominik und seine Familie trafen und mit teils dicker Lippe begrüßten, da rannten Dominik und Ella auch schon um die Wette. Später sollte Dominiks Vater zu Protokoll geben, dass sein Sohn es liebt, während des Rennens seine eigenen Füße zu betrachten.
Dominik rannte also los. Ella hinterher. Dominik war schneller. Ella guckte nach vorne. Dominik nach unten. Füße gucken.
Ella bremste ab, denn eine Absperrung aus Glas stand im Weg. Ella bremste. Domninik rannte und guckte sich seine Füße an. Kurze Zeit später gab es einen ordentlichen Knall. Blut. Krankenhaus. Am nächsten Tag stieß Dominik dann zu uns. Genäht und verklebt.

Wir könnten nun weiter negativ bleiben, könnten davon schreiben, dass zahlreiche elektronische Geräte in den ersten 24 Stunden auf der Insel auf rätselhafte Weise ihren Geist aufgaben, dass Oscar in den ersten beiden Nächten einmal 30 und einmal 60 Minuten lang schreien musste. Wir könnten über das Wetter reden, dass uns in 10 Tagen immerhin 4 mehr oder weniger beeindruckende Niederschläge erteilte, aber wir könnten auch ganz anders an die Sache herangehen:
Es ist nämlich niemand ertrunken.

Die vier zu beaufsichtigen Kinder wurden wie von einem riesigen Magneten stets vom Pool angezogen. In anderen Situationen nicht fähig, ein Frühstück einzunehmen ohne vom Stuhl zu fallen, balancierten die Kinder am Beckenrand herum. Oscar wurde dabei allerdings von einer Schwimmweste gesichert und auch sonst wäre wohl immer irgendwie irgendjemand zur Stelle gewesen, wenn "es" passiert wäre.
"Es" passierte aber nicht. Zehn Tage lang fiel kein einziges Kind in den Pool. Wie gut die Schwimmweste und die Aufsicht der Erwachsenen nun also wirklich war, haben wir nie herausfinden dürfen. Böse Gedanken, Oscar zum Test der Schwimmweste einfach mal in den Pool zu schubsen, wurden schnell verworfen.

Neben dem Pool gab es - dies weiß jeder Mallorca-Kenner - ja auch noch das Meer. Oscar zog es neun Tage lang vor, an Land zu bleiben, ehe er dann am letzten Tag entdeckte, dass man vor Freude laut juchzen muss, wenn man sich bäuchlings in die Brandung legt. Überhaupt die Wellen. Dieses System der Brandung fand Oscar schon super. Wenn er mit Ella komplizierte Kanal- und Burgkomplexe fragwürdiger Statik baute und Ella mit dem Eimer Wassr holte, wollte unser praktisch veranlagter Sohn sie stets zurückhalten: "Nich Ella! Wasser kommt alleine!", rief er und deutete auf die Wellen.

Ella erkannte in den Wellen eher das pure Vergnügen. Wildfremde Menschen schenkten ihr vielleicht auch deshalb wie aus dem Nichts eine Luftmatratze. Es war Mama und Papa fortan unmöglich auch mal alleine ins Meer zu gehen. "Ich puller jetzt!", rief Oscar derweil und stellte sich seltsam gekrümmt an die Küste und zog sich die Badehose dabei nicht aus. Schnell war an der Reaktion der umligenden Badegäste erkennbar, wer der deutschen Sprache mächtig ist und wer nicht. Die Franzosen blieben nämlich alle ruhig liegen.

Zum Abschluss folgendes: In der Finca lagen ausgezeichnete Zeitschriften herum. In der PM stand geschrieben, dass Schweine sehr klug seien. Schweine, so die PM, sind in mancherlei Hinsicht klüger als dreijährige Menschenkinder. Schweine nämlich, so die PM weiter, erkennen sich im Spiegel.
Papa hatte glücklicherweise gerade ein zweieinhalbjähriges Objekt der Menschengattung auf dem Schoß und trat nun den stichhaltigen Gegenbeweis an. Er fragte: "Oscar, wenn du in einen Spiegel guckst, was siehst du dann?" - Oscar überlegte kurz, ließ sich von Ella sogar vorsagen ("Oscar") und antwortete dann: "Einen Hund."
Schwein: eins, Oscar: null. Aber er ist ja auch erst zweieinhalb.

Montag, 18. Juli 2011

Es bleibt das Schreien.

Passend zu unserem ersten heutigen Foto, auf welchem absurdes Licht auf die Häupter der im Sand spielenden Kinder fällt, und sie somit aussehen, als hätten sie einen Heiligenschein, berichtet Ella noch immer spirituelles Zeug:
"Papa, weißt du, wer Metall verbiegen kann?", fragt sie da ihren Vater, um gleich hinterherzuschieben, dass zu dieser kühnen Tat lediglich drei Wesen in der Lage sind: Nämlich Ahmets Bruder, Gott und Ahmet.

Nun ist es nicht sonderlich schwierig zu ermitteln, wer Ella von diesen drei Heiligen (von denen zwei in Kreuzberg wohnen) berichtet hat - gleichzeitig wissen wir auch, dass es bald ein Ende hat, mit Gottes-Stories, denn Ahmet hat die Kita nun für immer verlassen. Metall biegend wird er demnächst in die Schule gehen und dort weiter predigen.
In Ellas Kita wird sich dann wieder mit Irdischem befasst - wobei: So ganz bodenständig ist auch der verbleibende Teil der Kita-Schar nicht.

"Romys Vater", so Ella ohne religiöse Konnotation, "ist so stark, dass er die ganze Welt hochheben kann.", tönt es da aus dem Fahrradanhänger. Oscar staunt, Papa auch - allerdings nicht über Romys Vater, sondern darüber, dass ein Kind, das das Einmaleins der Vier schon sehr gut beherrscht, sich noch derartig riesige Bären aufbinden lässt. Dann aber die Wende zum Guten: Das Fahrrad rollte keine 200 Meter weiter, da begann Ella zu reflektieren: "Das geht aber eigentlich nicht", grübelte sie. "Wo soll der denn dann stehen?" Der daneben sitzende Oscar hatte so wieder ein bisschen was zum Nachdenken, während Papa vorne auf dem Fahrrad "eben!" in den Tempelhofer Berufsverkehr schrie.

Blicken wir nun weit in die Zukunft: Wir schreiben das Jahr 2051. Es müssen für die Deutsche Bahn Gleise verlegt werden. Gleisbauarbeiter Oscar H. (42) will eine Schiene an eine andere legen. Es klappt nicht auf Anhieb. Oscar H. wiederholt mit leicht zitternder Unterlippe den Vorgang. Wieder gibt es Probleme. Irgendetwas klemmt. Oscar H. hebt die Schiene erneut an und schreit. Er legt sie schreiend an die andere Schiene. Es funktioniert nicht. Gleisbauarbeiter Oscar H. (42) bricht schreiend neben den Schienen zusammen. Kollegen eilen zu Hilfe. Gemeinsam gelingt es, das Schienenstück anzubringen. Dann erst hört Gleisbauarbeiter Oscar H. (42) auf zu schreien und widmet sich dem nächsten Stück Schiene. Es kann sein, dass sich die Prozedur nun wiederholt.
Dieser Blick in die Zukunft sieht düster aus. Und doch muss man derzeit in eine solche Richtung denken, denn Oscar ist durchaus in der Lage, seine Gleisbauaktivitäten hier in der Wohnung mit einer unfassbaren Emotionalität zu erledigen. "Vollste Identifikation mit dem Aufgabenfeld", mag man das im Bewerbungsschreiben nennen, aber leider läuft das mit den Schienen nicht immer so glatt und dann gerät Oscar schon mal in einen lautstarken Streit mit der Materie. Und so wie Gewichtheber die besonders schwierigen Aufgaben auch nicht so ganz stumm erledigen können, denkt Oscar anscheinend, dass ein übler Schrei in der Lage sein kann, Schienenteile, die nicht füreinander bestimmt sind, zu vereinen. Wir hoffen, dass Oscar in den nächsten Jahren ein paar weitere Problemlösestrategien erwirbt. Alles andere wäre eine Zumutung. Beispielsweise in Abiturklausuren oder beim Schachspiel.

Während Papas Ferienzeit hat sich im Papa-Oscar-Verhältnis übrigens so einiges getan. Oscar ist mittlerweile ein großer Papa-Fan geworden und forderte schier Unglaubliches: Weil Ella ja jeden Donnerstag mit ihrem Vater im Arbeitszimmer nächtigt, will Oscar auch seine Nacht mit dem Vater im Arbeitszimmer haben.

Gesagt, getan. Ella nahm den Verlust ihres "Arbeitszimmer-Nacht"-Monopols gefasst hin, Oscar wurde - so war es verabredet - gegen 23:00 ins Arbeitszimmer getragen. Papa legte sich zum Wicht.
23:30: Oscar wird wach, fordert zuckersüß: "Kuscheln Papa, bitte. Kuscheln"
23:31-23:35: Papa und Oscar kuscheln.
23:36: Oscar verlässt das Arbeitszimmer, sagt: "Ich zu Mama gehen".
Im Arbeitszimmer hatte der Vater fortan eine 1,40 Meter Matratze für sich alleine und schlief nicht schlecht. Nebenan lag Mama mit Ella und Oscar und hatte bestimmt auch eine ausgezeichnete Nacht.

Das letzte Foto des heutigen Blog-Eintrages zeigt zweierlei Dinge. Zum einen ist äußerst treffend dokumentiert, wie Ella spielt: Sich auf dem Boden windend, hält sie jammernd dem fotografierenden Vater ein Lego-Arrangement hin und fleht mit ihrem Blick um massive Unterstützung, denn alleine kann Ella nicht spielen.

Und wer ist der adrette junge Herr im Hintergrund? Richtig - Oscar bekam heute, gerade einmal elf Monate seit seinem letzten Friseurbesuch - einen Kurzhaarschnitt verpasst. Dass er damit einverstanden war, ist insofern erstaunlich, da Erzieherin Maria es vor ein paar Tagen mal wagte, Oscars Vorhang aus Haaren ein wenig zur Seite zu legen, damit Oscar die Schönheit der Welt betrachten kann, woraufhin Oscar irritiert in die Welt blinzelte und das Gesehene für so unschön befand, dass er sich seine Haare wieder schützend vors Auge legte. Diese Form der Absage an die Welt ist für das nächste Vierteljahr passé. Es bliebe das Schreien.
Der Blog macht nun eine kurze Sommerpause. Am 31.Juli meldet er sich braungebrannt zurück.

Montag, 11. Juli 2011

Kindergeburtstag. Prediger. Bakterien.

Von Ellas Geburtstag existieren leider nur unscharfe und verwackelte Bilder, weil Ellas Papa den Fotoapparat vor ein paar Wochen unbehelligt in den Sand warf, dieser seither nicht mehr funktioniert und Papa nun schon den ganzen lieben Sommer lang Fotos mit dem Telefon machen muss. Dieses Telefon aber sah sich am 4.Juli nicht in der Lage, Ellas hektische Freudenbewegungen beim Anblick ihres Geburtstagstisches messerscharf einzufangen. Noch in dieser Woche wird ein Fotoapparat gekauft.

Ellas Geburtstag war das bestimmende Thema dieser Woche, denn schließlich durften wir ihn ganze dreimal feiern (Kleinfamilie, Kindergeburtstag, Großfamilie) und da Ella nun schon fünf Jahre alt ist, müssen wir so langsam achtsamer mit der Geburtstagsvorbereitung umgehen.

Die Girlande, die da zum Feste im Wohnzimmer baumelte, die habe man ja schon am Abend vorher baumeln sehen, sagte uns Ella, die sich der Straftat "schmulen" nicht so ganz bewusst war. Auch die Straftat "abhören" ließ Ella nicht verschämt auf den Füßen wippen.

Vielmehr posaunte sie frank und frei beim Auspacken ihrer neuen Inline-Skates heraus, dass sie von diesem Geschenk bereits wisse. Nach dem Riesenflop mit dem Weihnachtsmann vor ein paar Monaten gilt nun also auch bei der Geburtstagsvorbereitung die höchste Sicherheitsstufe. Unsere Tocher darf nicht unterschätzt werden und wer die Familie mütterlicherseits kennt, weiß, dass das intensive Beschaffen verschiedenster Informationen zu einer Leidenschaft auch Ellas gehören könnte.

An diesem Geburtstag, an dem die wackeligen Bilder geschossen wurden, marschierten Ella und ihr Vater zunächst ins Kino und dann ins Aquarium, später ging die gesamte Familie afrikanisch essen.

Wesentlich anstrengender war da schon der Kindergeburtstag. Sieben Kinder tobten durch unseren Garten und sprangen durchs Planschbecken. Zuvor erteilte Ahmet, der in ein paar Wochen Schulkind sein wird, seinen begeisterten Zuhörern Religionsunterricht. Überhaupt weiß Ella, weitgehend agnostisch erzogen, schon eine Menge über Gott. Zu verdanken haben wir dieses Wissen Ahmet, dem Prediger der Kita.

Zu Ellas Kindergeburtstag standen zwei Lektionen auf dem Programm. Am Ullsteinhaus, auf dem Weg zu Garten also, diskutierte die Kinderschar, Ahmet als Wortführer in der Mitte, ob Gott Bakterien sehen könne. Die Diskussion nahm ihren Lauf. Am Ende nahm Ahmet das Heft wieder in die Hand. Gott, so Ahmet, kann selbstverständlich Bakterien sehen. Die Kinder waren begeistert. Von Ahmet und von Gott. Unser aller bakteriensehender Gott.

Die zweite Lektion stand im Garten auf dem Programm. Wieder eine Fragestellung von äußerster Brisanz. Vorgetragen von Ahmet, der aufgrund von Süßigkeiten und Planschbecken mittlerweile nicht nur der spirituellen Ekstase nahe war: Wer gewinnt, so die Frage, wenn Gott gegen die Erde Fußball spielt? Keines der gebannt lauschenden Kinder wagte es, die inhaltliche Berechtigung dieser für das erwachsene Ohr absurd klingenden Frage zu bezweifeln. Alle Kinder lauschten mucksmäuschenstill Ahmets Worten und wollten nun unbedingt wissen, wer dieses Fußballmatch gewinnen würde. "Gott", sagte Ahmet. Ein begeistertes Raunen ging durch die junge Zuhörerschar. Die Kirchenhäuser dürfen sich auf eine gottesfürchtige neue Generation freuen. Leider verlässt Ahmet bald die Kita. Wortführer werden dann andere. Zu den ältesten vier Kindern der Kita wird dann Ella gehören. Und da die drei anderen Ältesten derzeit eher ruhiger Natur sind, mag es sein, dass unsere Tochter ab September das Alphatier der Kita ist und dann ist erstmal Schluss mit Gott und den Bakterien.

Von Oscar ist in dieser Woche folgendes zu berichten: Zunächst einmal, wir wiederholen uns hier sehr gerne, explodiert Oscars Sprachkompetenz noch immer knallend. In der Regel kann man sich jetzt mit Oscar unterhalten, aber es gibt auch in Oscars Leben Dinge, die man besser nonverbal erledigt.

Die Sache mit dem Regentanz zum Beispiel.
Als Papa zur Überraschung der Familie eine Plastikblume in den Garten rammte, dann den Wasserschlauch aufdrehte und aus dieser Plastikblume infolgedessen lustige Wasserstrahlen in alle Himmelsrichtungen spritzten, da schien Oscar seine ganz persönliche religiöse Erscheinung zu haben. Ähnlich einigen afrikanischen Naturvölkern erhob sich Oscar wie zum Dank, ging, nur mit einer Windel bekleidet, in den Knien wippend auf die spritzende Blume zu und hob seine Hände rhythmisch wie zum Gebet. Oscars Regentanz beeindruckte uns alle sehr.

Den Abschluss dieser eher ereignisreichen Woche bildete der heutige Schließtag in der Kita, der aufgrund einer vor Wochen flapsig geäußerten Bemerkung des Vaters, die allerdings begeistert aufgenommen wurde, im Familiengarten stattfand. Papa, der heute in das Berufsleben der Erzieher also so richtig hineinschnuppern konnte, ist totmüde. Auch Oscar hat der Tag erledigt, denn der Knirps schlief zum Behagen der weiblichen Fremdfahrgäste bereits in der U-Bahn auf dem Heimweg auf eine entzückende Weise ein. Ella dagegen blieb noch wach: Schließlich mussten zwei zentrale Geburtstagsgeschenke noch ausprobiert werden: Tante 1 schenkte eine quietschrosa "Hello Kitty"-Decke, in die sich Ella vor Glück fast platzend hineinkuschelte.
Und Tante 2 schenkte die DVD vom Grüffelo.

Oscar schlief ja nun bereits. Und der Rest der Familie guckte "Grüffelo" und abendbrotete ausnahmsweise nebenher im Wohnzimmer. Ella starrte regungslos-fasziniert auf das digital animierte Grüffelo-Abenteuer, das sie doch nur aus Büchern kannte, und war unfähig, sich auf das Abendbrot zu konzentrieren. Glücklicherweise stand der Mund weit offen, sodass Papa alle zwei Minuten übrig gebliebenes Grillfleisch einführen konnte. Ella kaute artig. Was sie da aß, das hat sie nicht gesehen. Der Grüffelo-Film hat ihr wohl ganz gut gefallen. Als man ihr den Becher Saft aus der Hand nahm, da blieb die Hand noch einige Grüffelo-Szenen in Becherform gekrümmt.

Sonntag, 3. Juli 2011

Unterschiede zwischen Fünfjährigen und Zweieinhalbjährigen

Wir befinden uns gerade in einer einmaligen Phase unserer Familienstruktur, in der unsere Tochter exakt doppelt so alt ist wie unser Sohn.

Unterschiede zwischen Kindern, die, wie Ella ab morgen, fünf sind, und Kindern, die, wie Oscar zur Zeit, zweieinhalb sind, gibt es zuhauf.
Papa sprach am Samstag beispielsweise zu Ella, sie könne ruhig mal zu Kaisers gehen und Klopapier kaufen. Papa duschte nach dieser unbedarften Aussage und grübelte duschend, wie man Ella nun davon wieder abbringen könnte. Schließlich war sie noch nie so ganz alleine einkaufen, schließlich weiß sie doch eigentlich gar nicht, wo das Klopapier ist und an der Kasse wird sie doch bestimmt übersehen. "Keine gute Idee", dachte Papa sich abtrocknend, rief Ella herbei, doch diese kam nicht.

"Wo ist Ella?", fragte Papa.
"Einkaufen.", sagte Mama.

Kurze Zeit später klingelte es an der Tür und Ella kam hochgestürmt. In der Hand eine Palette Klopapier. Ella war so stolz, dass sie - im Toilettenservice-Rausch - die Packung gleich noch öffnete und die einzelnen Rollen Klopapier in den Badezimmerschrank einräumte.
An der Kasse habe es keine Probleme gegeben, sagte Ella mit gespielter Langeweile und gab Papa das Wechselgeld.

Dies ist das Kind, das morgen fünf wird. Das Kind, das zur Zeit zweieinhalb ist, verfing sich, während Ella einkaufen war, unter dem Stuhl und weinte. Mama musste kommen um Oscar zu befreien. Ungefähr dies sind die Unterschiede zwischen Fünfjährigen und Zweieinhalbjährigen.
Allerdings erläutert Oscar uns derzeit recht häufig seinen Plan, alleine Toast einkaufen zu gehen.

Schuld daran trägt natürlich wieder eine unbedachte Aussage des Vaters, die da lautete: "Oscar, in ein paar Jahren darfst du alleine Toast kaufen". Während Mama ihrem Mann noch erklärte, dass Oscar mit der Zukunft weder grammatikalisch noch praktisch etwas anfangen kann, dampfte Oscar das väterliche Versprechen entsprechend ein. "ICH ALLEINE TOAST EINKAUFEN GEHEN", schrie Oscar durch die Wohnung.

Dass er kurz zuvor noch winselnd und sich krümmend unterm Stuhl lag und keinen Ausweg fand, außer "Mama" zu schreien und zu weinen, schien er schon wieder vergessen zu haben. "Selbstbehauptungen und Grenzen" von Virginia Jetzt! heißt übrigens der passende Song zu Oscars Sicht auf die Dinge.

Ella dagegen reflektiert ihr Handeln und Denken in zunehmenden Maße. So zeigte sie in dieser Woche beim Abendbrot, dass sie durchaus in der Lage ist, ihr Verhalten richtig einzuschätzen, auch wenn es sich - das wird der Dialog, der gleich folgt, zeigen - um vollkommen unreifes Verhalten handelt. Vielleicht macht das die Fünfjährigen aus. Sie sind noch unreif, wissen dies aber bereits.
Hier der Dialog:
Ella: "Mama, haben Oscar und ich gleich viel Käse?"
Mama: "Ja."
Ella: "Wirklig?" (Der Sprachwissenschaftler spricht hier von Übergeneralisierung. Ella vermutet derzeit hinter allen Wörtern, die auf -ich enden, Wörter, die eigentlich mit -ig geschrieben werden)
Mama (zunehmend gelangweilt): "Ja-ha."
Ella schweigt.
Mama (ergänzend): "Denn sonst muss einer von euch weinen."
Ella (reflektierend): "Nein. Ausrasten."


Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Fünfjährigen und Zweieinhalbjährigen ist die metereologische Fachkompetenz.
Es war am Mittwoch. Der Himmel über Berlin war stahlblau und die Sonne brutzelte 30° zu uns herab. Eltern und Kinder litten unter der Hitze und suchten Zuflucht im Schatten. Da begann Oscar zu jammern und nach oben zu zeigen. "Es regnet", sagte er dann und blickte in verständnislose Gesichter.

Erst Tage später kam der Regen und Gummistiefel-Fan Oscar musste miterleben, wie seine Schwester neue Gummistiefel bekam und er nicht. Man muss dazu sagen, dass Oscar derzeit nur zwei Fußkleider kennt: Seine roten Gummistiefel und seine türkisfarbenen Gummistiefel.
Mama und Papa haben natürlich auch in diesem Fall längst kapituliert und schicken Oscar auch bei besagten 30° mit Gummistiefeln in die Kita. Im Schuhgeschäft rannte Oscar wild umher und schrie "Gummistiefel". Am Schluss gab es Gummistiefel-Paar Nummer 3 dann nicht. Oscar war wütend und bekam deshalb eine Schirmmütze geschenkt. Mama und Papa haben in Sachen Erziehung also nach wie vor alles richtig gemacht.

Morgen wird Ella dann also 5. Da unsere Kinder jeweils Fans des andersgeschlechtlichen Elternteiles sind, hat sich Ella knallhart gewünscht, dass ihre Mama bitteschön arbeiten und ihr Bruder in die Kita gehen soll. Mit Papa will man sich einen schönen Tag machen.