Montag, 29. Oktober 2012

Erfolgreiche Studenten

Für großes Vergnügen unter den Bewohnern Kreuzbergs sorgt derzeit Oscar mit einer überaus billigen, aber wirkungsvollen Slapstick-Nummer.
Es gibt da eine Jeans in seinem Kleiderschrank, die noch nicht bemerkt hat, dass Oscar keine Windel mehr trägt. Diese Jeans ist ein wenig zu groß für Oscars zarten Hintern.
Rennt Oscar nun durch Kreuzberg und das tut er oft, denn Fortbewegung zu Fuß ohne dabei zu rennen liegt Oscar fern, dann rutscht die Hose langsam herunter.

Passanten, die das große Glück haben, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, sehen Oscar dann auf sich zurasen, meist irgendetwas von Usain Bolt brüllend, dann sehen sie, wie Oscar seine Hose verliert, o-beinig stehenbleibt, seine nackten Beine anguckt und lacht. Der Passant, der dabei nicht fröhlich wird, ist uns bislang noch nicht begegnet. Eine sehr freundliche Dame hat sich nach Oscars Darbietung sogar beim Künstler und dessen Förderer bedankt. Man habe ihr soeben den Tag versüßt. Anspruchsloses Kreuzberg...

Schön ist, dass wir in unserer neuen Wohnung jetzt zwei Badezimmer haben. Schön ist das, weil Papa sich früher immer über klopfende und vor der Badezimmertür hüpfende Kinder geärgert hat. Heute sieht es aber leider nicht so richtig anders aus. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass insbesondere Oscar ein klares Lieblingsklo hat. Ist dieses besetzt, wird geklopft und gehüpft wie eh und je. Doch es besteht Hoffnung: Oscars grenzenlose Liebe zu dem einen Badezimmer resultiert nämlich nur aus der Tatsache, dass an dessen Tür ein Bochum-Wimpel baumelt.
Oscar jedenfalls nennt diesen Raum schlicht "Bochum-Klo" und würde es nie wagen, das Nicht-Bochum-Klo zu betreten. Die Lösung liegt selbstredend auf der Hand und wurde bereits sowohl in den Hirnwindungen der Mutter wie auch des Vaters unabhängig voneinander ausgebrütet.

Man müsse wohl nur eine noch größere Devotionalie des VfL Bochum in das andere Klo hängen. Es gäbe da beispielsweise eine Fahne. Vielleicht wäre dann die Toilettensituation wieder entspannter. Die Frage, wie Oscar dann die beiden Räume nennen wird, ist jedenfalls eine der ganz großen Fragen an die familiäre Zukunft.

Die letzten Bilder des heutigen Blog-Eintrages haben wir auf dem Tempelhofer Feld geknipst. Man wollte gemeinsam einen Drachen steigen lassen. Viele andere Berliner hatten diese Idee und so flogen, gelenkt von ehrgeizigen Männern, so an die 30 bunten Drachen über Tempelhof - es waren so richtig professionelle Teile, die großen Eindruck machten.

Unser Drachen kostete 2,90 Euro und stellte einen roten Hund dar. So weit, so toll. Erbärmlich aber waren alle Versuche, das Ding in die Luft zu bewegen. Mal rannte der Vater wie bescheuert über das Tempelhofer Feld, während sich im Schlepptau der rote Hund in das Stoppelfeld fräste, mal rannte Ella bis in die Haarspitzen motiviert. Der Drachen allerdings klebte wie Blei am Boden und zeigte selbst bei besten Windverhältnissen nur Flugphasen von maximal zwei Sekunden und vier Metern Höhe. Das war alles ein ziemlich großer Reinfall.

Oscar tat das einzig Richtige: Er setzte sich mitten auf das ehemalige Flugfeld und streikte. Sein Bein... Au weia... Das könne er ja nun so gar nicht mehr bewegen.
Der Vater, der soeben seinen letzten Sprint quer über den Flughafen beendet und den Drachen verflucht hatte, durfte den Sohn nun also nach Hause tragen.
Nicht einen Schritt machte Oscar mehr. Erst in der Wohnung konnte er wieder rennen.

Überhaupt das Rennen: Oscar und Ella rennen und poltern hier durch die Wohnung, dass man schon sehr starke Nerven braucht. Irgendwann klingelte es.
"Das ist bestimmt die WG unter uns. Die beschweren sich jetzt über Euch", sagte die Mama noch halb im Spaß, öffnete die Tür und sah sich einem Bewohner der WG gegenüber. Er beschwerte sich.
Mama sprach zu dem verdutzten Studenten: "Sehr gut. Sag das bitte noch mal meinen Kindern" und dabei deutete sie auf die entsetzten Gesichter einen Meter unter ihr.

Der Student ging in die Knie und erzählte Ella und Oscar etwas davon, dass er und seine Freunde jeden Tag von ihnen geweckt werden. Der Student guckte ganz traurig. Ella und Oscar wollten, dass diese Situation ganz schnell verschwindet und weg ist.

Die Mutter berichtete am Abend dem Vater davon. Dieser ging zu den Kindern. Er fragte Ella, ob sie will, dass der Mann noch einmal kommt. Kopfschütteln. Schlucken.
Papa ging zu Oscar. Hier auch. Kopfschütteln. Schlucken.
Und siehe: Der studentische Besuch war ein voller Erfolg. Erst seit gestern rennen und toben unsere Kinder wieder durch die Wohnung.








Montag, 22. Oktober 2012

Vertretungsunterricht in Sachkunde

Was an Ellas Schule passiert, ist alles ganz interessant, wenn man genau aufpasst.

Also: Ellas Sachkundelehrerin, Frau C., sprach noch auf dem Elternabend im Sommer davon, dass sie mit den Kindern nach den Herbstferien das Thema "Sexualkunde" besprechen möchte. Mit allem Drum und Dran, also zumindest einem recht interessanten Informationshefter, der erstaunlich drastische Antworten auf alle möglichen die Sexualität betreffenden Fragen geben wollte.


Interessanterweise ist Frau C. nun aber schwanger, was schon mal ganz lustig ist, bedenkt man den geplanten unterrichtlichen Schwerpunkt.
Frau C. wurde also draller und draller und irgendwann, wahrscheinlich exakt nach den Herbstferien, war Frau C. dann nicht mehr da.
Ella berichtet nun jedenfalls, dass Frau C. erstmal nicht mehr Sachkunde unterrichten wird, vielmehr sei da jetzt eine Frau M., die in der nächsten Zeit den Sachkundeunterricht zu unternehmen gedenken. Frau M., sagte Ella dann weiter, habe aber ein eigenes Thema dabei. Sie werde nicht das machen, was Frau C. machen wollte. Frau M. will jetzt "Herbst" machen.

Papa freute sich, als er diese Erzählung hörte. Er sah Frau M. regelrecht vor sich, wie sie als Vertretungslehrerin auf den Lehrplan guckte, das Wort "Sexualerziehung" entdeckte und in einem Akt spießbürgerlicher Rebellion sich darüber hinwegsetzte und den ahnungslosen Kindern statt Penissen aus Hartplastik die Blätter des Kastanienbaumes zeigte.

Ella jedenfalls wird schon bald, der wackeren Frau M. sei's gedankt, die heimischen Bäume sehr gut unterscheiden können. Sie wird mit Papa im Grunewald nach deren Blättern suchen und wenn sie sagt: "Guck mal, eine Eichel", dann wird sie keinen roten Kopf bekommen, sondern sich an der Nussfrucht erfreuen, deren Wesen ihr Frau M. nahe gebracht hätte, wohingegen Frau C. da noch ganz andere Dinge zu diesem Begriff hätte erzählen können.

Sensationelles tat sich dann am Wochenende: Die Familie schlief noch, da klingelten unten zwei Herrschaften, die uns unter lautem Geächze ein riesiges Sofa in die Wohnung trugen.
Zuvor wurden die zwei Vorgängermodelle unserer Wohnung verscherbelt, sodass hier einen Tag lang eine Matratze das Sofa bildete, was die Kinder mit begeistertem Hüpfen quittierten. Hüpfen aber ist nun tabu. Ella zumindest hat es verstanden: "Oscar, das neue Sofa ist kein Trampolin!", mahnt sie gerne und sammelt damit ordentlich Punkte bei ihren Eltern. Im Übrigen ist das neue Sofa auch ohne Hüpferlaubnis ein ziemlicher Knaller. Mama und Papa jedenfalls sitzen sehr gerne darin und Ella und Oscar haben Mordsspaß mit dem König der Verpackungsmaterialien, der Luftpolsterfolie, deren eine Milliarde Luftpölsterchen Ella und OScar in den nächsten Wochen aufzuplatzen gedenken.

Oscar gilt dabei hier allerdings als der aktuelle Familien-Stinkstiefel. Äußerst unangenehm ist es zu beobachten, wie Oscar seine Befehle erteilt bei gleichzeitiger vollkommener Arbeits- und Kooperationsverweigerung. Der Herr spielt immer noch König, sieht sich aber einem zunehmend missgestimmten Hofstaat gegenüber. Die Laune des Vaters hielt sich jedenfalls in eng gesteckten Grenzen, nachdem er mit Oscar am ausgestreckten Arm hängend vom Bäcker zurück kam.

Geplant war, dass Papa mit Ella Brötchen holen geht. Oscar aber, der Ella dies nicht gönnte, wollte auch mit. Ein Wutausbruch drohte. Ein Vormittag war in Gefahr. Oscar begann sich nun umzuziehen, was nichts anderes heißt, als dass mehrere andere Menschen ihn umziehen müssen. Der Gang zum Bäcker verzögerte sich.

Im Bäckerladen musste Oscar dem Grauen ins Gesicht blicken. Sein Vater nämlich sagte auf Oscars Befehl hin, man möge für Oscar doch bitte ein Mohnhörnchen (1,35€) und eine Laugenstange (1,10€) zum Einkauf hinzufügen, ein unerwartetes Wort, nämlich "Nein".

Oscar brach noch im Laden zusammen und sein schlimmer Zustand stabilisierte sich auch auf dem Rückweg nicht. Papa schickte also die Tochter vor, trug selber eine Tüte mit 18 Brötchen in der einen und den schreienden Sohn in der anderen Hand nach Hause. In der Kita, so die Erzieher, benehme sich Oscar dagegen "unauffällig". Das freut uns.








Montag, 15. Oktober 2012

Eine Ente, ein Känguru und eine Laus.

Jungs und Mädchen sind unterschiedlich - beispielsweise, wenn die Familie am Abend einen Ausflug zum Fußball machen will.
Oscar ist bei derlei Anlässen immer auf 100%. Erwägt der Vater beispielsweise, mal wieder alleine ins Stadion gehen zu können und sagt dann so Dinge wie "Oscar, das Wetter da draußen, guck mal... wie doof das ist", dann sagt Oscar, klar, man könne TeBe - Berliner AK natürlich auch im Fernseher gucken. Sagt man ihm dann, dass die Relevanz des Spiels es nicht ganz bis zur Live-Fernsehübertragung geschafft hat, steht für Oscar fest: "Ob bei Hagel und Sturm, ob bei Regen und Schnee. Lila-Weiße allez!"

Oscar hüllt sich dann in Trikot und Schal und ist heiß auf den Stadionbesuch. Das ist ja auch alles gar nicht so abseits der Norm bei kleinen Jungs.

Kleine Mädchen, auch mittlere Mädchen, verhalten sich auf dem Weg zum Stadion so:
Mama (in die Tasche ihrer lange nicht mehr getragenen Herbstjacke greifend): Oh, was ist denn das?
[Mama holt eine Spielzeugente aus der Jacke heraus]
Alle (durcheinander): Na sowas...
Mama (unklug): Na siehste, Oscar. Jetzt hast du ein Spielzeug dabei."
Ella: Ich will auch ein Spielzeug dabei haben *schluchz*
[Alle schweigen betreten]
Ella: Wenn ich kein Spielzeug dabei habe, will ich nicht mit.
Mama: Du willst wegen einer Spielzeugente nicht zu TeBe?
Ella: Ja.

Ella und Mama drehten dann um und backten zuhause einen wunderbaren Kuchen. Papa und Oscar brüllten sich im Stadion die Seele aus dem Leib. Oscar genoss es, 90 Minuten lang mal so laut sein zu dürfen, wie er es sich wünscht und sogar mit anderen Menschen gemeinsam sich der Fäkalsprache zu bedienen. Es ist ihm ernst mit TeBe. Er findet all die Vereine doof, die man als TeBe-Fan doof finden muss. Und zwar nicht, weil er muss, sondern weil er sie wirklich doof findet. Der Dreijährige schreit noch lange, nachdem der TeBe-Fanblock damit endete, voller Wut "Scheiß Union" ins Mommsenstadion. Sein Standing dort wächst. Nächsten Freitag wird Papa wieder versuchen, mal ohne Kind ins Stadion zu gehen. Es wird nicht klappen.

Interessant ist übrigens, dass Oscar normalerweise recht gelassen mit Niederlagen umgeht. Zumindest ist es so, wenn TeBe verliert - sonst erlebt Oscar nicht viele Niederlagen.
Denkt man genauer darüber nach, so scheint in Oscar dieses seltsame "Winner-Gen" zu schlummern, welches ihm zu großartigen Brettspiel-Erfolgen trotz unbeschreiblich dämlicher Spieltaktik verhilft.
Doch als Mama, Ella und Oscar ein dem Themenkreis "Känguru" zuzuordnendes Brettspiel spielten, da erlebte Oscar übelste Niederlagen und reagierte darauf unfassbar unsouverän.

Das Spiel, dies muss man wissen, ist absolut unberechenbar, da der Führende mittels eines Würfelwurfs unverzüglich ans Ende des Teilnehmerfeldes gesetzt werden darf.
Oscars Känguru, so die Erzählung, denn Papa eilte erst herbei, als sein Sohn bereits um sich schlagend in den Teppich brüllte, war wohl kurz vor der Ziellinie ganz vorne und wurde dann nach hinten versetzt.
Dem Sieg so nah, konnte Oscar diese Niederlage nicht wegstecken. Fenster mussten geschlossen werden, Menschen und Gegenstände aus seinem Umkreis entfernt werden. Nur unter großen Bemühungen aller Familienmitglieder fand das Spiel eine Revanche.

Oscar war nun - gibt es ein solches Wort? - hochemotionalisiert. Mit stechendem Blick verfolgte er das Schicksal seines Kängurus um wahlweise in hysterisches Gackern zu verfallen, wenn sein Känguru vorne mitmischte oder eben Tobsuchtsanfälle zu bekommen, wenn dem Känguru Böses widerfuhr.

Viele andere Dinge sind in dieser Woche sicherlich auch noch passiert, zum Beispiel schlief Oscar bei seiner Oma, aber berichten wollen wir nur noch von der vergangenen Nacht. Es war eine außerordentlich schlechte Nacht.

Noch immer kämpfen wir hier gegen die Laus, die Mama mal in diesem, mal in jenem Haar findet. Das mütterliche Urteil jedenfalls lautete gegen 19:00 unmissverständlich: Ein jeder schläft im eigenen Bett.
Dies vorneweg.

Um 19:45 beendet Papa das Vorlesen aus Oscars Lieblingsbuch "Oskar gibt Gas". Oscar, noch im Oma-Verwöhn-Modus, weint, stampft, tritt, flucht. Er wird entfernt, flucht, tritt, stampft, weint in seinem Bett weiter. Laut.
Ella liest derweil Mama vor und ist das gut funktionierende Kind. Ella geht ins Bett.

Mama und Papa gucken einen spannenden "Tatort", der bis zum zweiten Mord von Oscars Wutgeschrei begleitet wird. Oscar wird geholt. Aufs Sofa gesetzt. Tatort. Oscar. Ruhe.
Dann Ella. Neid. Ungerechtigkeit.
Tatort. Oscar. Ella.

Danach gehen alle irgendwie ins Bett.
Um 2:30 will Ella zu Mama und Papa. Mama schläft, Papa sagt "Nein". Ella weint. 25 Minuten lang. Dann erlaubt Papa seiner Tochter, dass sie sich auf das Fußende des Bettes legen dürfe, denn die Laus soll sich mal zeigen, die vom Elternfuß auf den Kinderkopf hüpft.
Ella liegt am Fußende. Friert. Holt sich eine Decke. Kommt wieder. Mama wird wach. Sagt: "Nein".

Ella bricht in Schluchzen aus. Liegt im eigenen Bett. Dann ist Oscar wach. Es ist nun etwa 3:30. Auch Oscar weint jetzt. Ella ruft seltsamerweise immer seinen Namen. Es beginnt absurd zu werden. Mama ist auch wach. Wir sind alle wach. Vielleicht die einzigen 4 Menschen der Stadt, die jetzt wach sind.

Um 4:00 beginnen wir uns neu zu sortieren. Mama steigt zu Ella ins Bett. Diese kichert. Um 4:00 kichert Ella!  Oscar lässt sich vorher zum Vater ins Bett tragen und grunzt zufrieden. Um 4:02 können wir alle zufrieden schlafen. Um 6:00 klingelte dann der Wecker.






Montag, 8. Oktober 2012

Der Hofnarr übernimmt

Wir beginnen diesen Blog-Eintrag mit einem Gruß nach Hamburg, der Stadt, in der Oscar geboren wurde, und in der auch Ella immerhin zwei Jahre ihres Lebens verbrachte. Die große Bedeutung Hamburgs, dies verbinden wir mit dem Gruß in die Hansestadt, ist bei Ella vom "Mittelpunkt der Welt" auf einen schmutzigen Fleck auf der Landkarte zusammengeschmolzen. Kund tat unsere Tochter dies am Frühstückstisch, dem Ort der ganz besonders feinen Dialoge.

"Ella, welche Städte sind auch Bundesländer?", fragte der Vater, wohl wissend, dass Ella jüngst erst alle Bundesländer in den PC eintippte. Ella antwortete staubtrocken: "Berlin. Bremen. Sandhausen." Aus zwei Elternmündern fiel das Frühstück. Sandhausen also...

In mehreren der drei Stadtstaaten, was für ein eleganter Übergang, sind derzeit Herbstferien. Dies gestaltet sich hier so, dass Papa Ferien hat wie immer, also korrigieren darf, Ella so etwa zur Hälfte im Hort und zur Hälfte zuhause ist und Oscar weiterhin outgesourced wird, also in die Kita geht. Ein bisschen Erholung muss schließlich sein und Erholung ist dann nicht möglich, wenn Oscar anwesend ist, denn Oscar testet derzeit Grenzen.

Da wäre die Sache mit dem Anziehen. Oscar ist zwar nicht modisch, aber modisch interessiert. Er hat für einen Jungen ganz erstaunlich konkrete Vorstellungen seines Outfits und deshalb sieht Oscar nach langen Diskussionen mit seinen Eltern zumeist aus wie der berühmte Teller bunte Knete, wenn er morgens zur Kita stapft.
Besonders gerne trägt Oscar zur Zeit seine eng anliegende Strandhose. Diese Hose verträgt sich aber nicht so richtig gut mit der derzeitigen Witterung in Berlin. Oscar ist das natürlich ziemlich egal. Witterungen interessieren nicht. Oscar will im Beach-Look zur Kita. Wie die Sache ausging und immer wieder ausgeht, ist auf dem letzten Bild des heutigen Eintrags zu sehen. Oscar trägt Jeans und darüber die enge Strandhose. Er sieht seltsam aus. Zur Groteske steigert sich dieses Bild dann, wir bitten um Phantasie, wenn Oscar zu dieser Hosenkombination noch Gummistiefel und Regenjacke trägt. Allein der Sohn ist zufrieden und dies ist wichtig, denn ist er unzufrieden, brüllt und stampft er ohne Gleichen.

Dies wissen wir, weil Oscar auch abseits seiner Strandhose genug Dinge findet, die nicht seinem Geschmack entsprechen und deshalb bebrüllt und bestampft werden müssen. Leberwurstbrote beispielsweise, die nicht in der Mikrowelle erhitzt werden.
Es war am Freitagabend, als Oscar darauf bestand, dass sein Vater das Leberwurstbrot erhitzt. Die bis dahin friedliche Tischkonversation wurde unverzüglich unterbrochen. Oscar raste, weinte, stampfte, brüllte.

Der Vater, der an diesem Tage von seiner Frau unguterweise alleine gelassen wurde, gab etwa um 20:35 die Macht über die Kinder ab. Es war ein regelrecht symbolischer Akt. Die Mikrowellentür ging mit einem Pling auf. Der König dankte ab. Der Hofnarr übernahm die Regie. Die Leberwurst wurde erhitzt. Der Hofnarr verspeiste danach zufrieden die gottlose Mahlzeit. Zuvor wurde eine Stunde lang gebrüllt. Niemand wird dem Vater diese Stunde zurückgeben können und so ärgert er sich bis heute, dass er nicht unmittelbar nach Oscars Befehl die Leberwurst in die Mikrowelle steckte und die brodelnde Wut dahingehend kanalisierte, die Mikrowelle auf "10 Minuten" zu stellen.

Ansonsten ist davon zu berichten, dass wir hier alle verlaust sind.
Die Läuse hüpfen lustig von einem Familienschädel zum nächsten und zurück. Ist ein Schädel befreit, wird er vom Nachbarschädel wieder behüpft und zerlaust. Mehrmals wurden Bettwäschen gewaschen und Kuscheltiere tiefgekühlt. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen.
Abends zum Beispiel die überdeutliche Ansage an die Kinder: "Ihr schlaft heute alle in eurem eigenen Bett." Allgemeines Kopfnicken. Läuse fallen herab, so heftig nicken die Köpfe.

Am nächsten Morgen werden die Eltern wach. Im Bett liegen zwei grunzende Kinder. Die Läuse konnten wieder hüpfen.

Montag, 1. Oktober 2012

Wiesn-Windeln

Es wird viel gelaufen in Berlin. Am Ende der Woche gab es den Berlin-Marathon zu bestaunen, den sich Ella und Oscar selbstverständlich nicht entgehen ließen. Oscar trommelte auf seiner Blechtrommel die an ihm vorbei rennende Menge zu Höchstleistungen und konnte aufgrund eigener jüngst erworbener Lauferfahrung durchaus einschätzen, wie anstrengend das ist, was die schwitzende Menge da tat. Oscar nämlich wohnte Mitte der Woche noch einem weiteren Lauf-Event bei: Es handelte sich um den Sponsorenlauf an Ellas Schule. Und wer wurde da auch gesponsort, auf dass er viel Geld erlaufen möge? Richtig: Ella. 
Interessant ist hier aber das Statement unseres ehemaligen Nachbarn. Dieser warnte uns vor allzu hohen Beiträgen, die pro gelaufene Runde an die Schule abzutreten sind. Unser Nachbar habe schon Existenzen zugrunde gehen gesehen, als die Kinder ihre Sponsoren, ihre Eltern also, ründlich ärmer liefen. Man möge pro Runde also einen eher geringen Betrag spendieren. 
Dies alleine wäre natürlich keine Anekdote, wäre da nicht folgendes zu beobachten gewesen: 
Der Sohn unseres ehemaligen Nachbarn stieg nach 4 Runden aus. Unser Nachbar grinste sonnenbebrillt, während alle anderen Kinder liefen und liefen. 
Ella lief auch. Schlimm war der Start. Da platzierte irgendein Dummkopf unsere kleine Möhre in die erste Startreihe. Direkt hinter ihr - so die Erzählung - scharrten riesige Kinder bereits grunzend mit den Hufen. Dann das Startzeichen. Die grunzenden Riesenkinder - so die Erzählung - rannten auf Teufel komm raus los und trampelten die Möhre einfach um. Ella erläuterte später, sie wollte nicht bereits nach einem Meter Sponsorenlauf aufgeben und so putzte sich Ella kurz die lädierten Gliedmaßen und rannte los. 
Inzwischen war auch Papa da. Elf Runden, in deren Verlauf Ella immer blasser wurde, rannte die Möhre. Am Schluss mussten ihre drei Sponsoren insgesamt 33 Euro zahlen. Ella erschöpft. Eltern und Oma arm. 
Fasziniert vom Spektakel war Bruder Oscar. Mittlerweile spricht Oscar von sich gerne als Usain Bolt und es ist nicht ganz auszuschließen, dass in seinem wirren Kopf tatsächlich eine Personalunion zwischen ihm und dem schnellen Jamaikaner stattgefunden hat. Wir wissen es nicht genau. 
In jedem Fall aber bedurfte es nicht viel, um Oscar zu einem kleinen Pausenfüller-Lauf zu überreden. Irgendwann zwischen dem Sponsorenlauf der kleinen Schüler und dem der großen Schüler rannte also ein grüner Blitz alleine seine Runden. Am Schluss waren es sieben und hätte man ihn nicht gewaltsam entfernt, würde Oscar vermutlich heute noch um Ellas Schulgebäude rennen.  
Soviel zu Oscars Heldentaten. 
Aus einem anderen Holz aber ist die nächste Episode aus seinem Leben geschnitzt. Wir beginnen sie in einem Drogeriemarkt, in welchem Oscars Mama gerade auf der Suche nach Oscars Nachtwindeln ist. Im Regal wartet dann eine faustdicke Überraschung. Der Windel-Hersteller hatte tatsächlich die Stirn besessen, eine Oktoberfest-Edition zu produzieren. Die darin enthaltenen Windeln sind entweder rot-weiß oder blau-weiß kariert und darüber hinaus mit einer Brezel beziehungsweise einem Lebkuchenherzen (Aufschrift "Herzilein") versehen. Ob es für Senioren auch Oktoberfest-Windeln mit Maßkrug gibt, wissen wir nicht. 
Mama jedenfalls musste die Windeln mangels Alternativen kaufen und deshalb hüpft Oscar - durchaus stolz - im Wiesn-Monat mit Brezel- oder Lebkuchen-Hintern durch unsere Wohnung. Ihm ist die Erniedrigung allem Anschein nach nicht ganz bewusst, weshalb sich hier nur Mama ganz furchtbar schämt.