Sonntag, 26. Dezember 2010

Falsche Weihnachtsmänner und göttliche Flammen

Die Sache mit dem Weihnachtsmann war dieses Jahr wieder kompliziert. Zwischen Kindergottesdienst und Bescherung fiel Ella dann ein, dass er doch besser nicht kommen soll. Da war es aber schon zu spät, denn der Weihnachtsmann war trotz vereister Straßen schon unterwegs Richtung Kreuzberg, dem Stadtteil, der sich auch an Weihnachten von seiner ganz speziellen unverkrampften Seite zeigte. Wo sonst in dieser Republik ist es sonst wohl möglich, dass erwachsene Passanten die mit einer Weihnachtskerze aus der Kirche schreitenden Kinder um Feuer bitten? Gott hat an irgendeinem Tage ja auch Kreuzberg erschaffen - er wird damit zurecht kommen. Der Passant jedenfalls zündete sich seine Zigarette auf denkbar göttliche Weise an.

Der Weihnachtsmann fuhr also im 2. Gang über spiegelglatte Fahrbahnen, als Ella ihre Meinung änderte. Um 16:40 klopfte er an die Tür und lieferte Geschenke ab. Ella war verschüchtert und Oscar völlig unbeeindruckt. 24 Filzsterne mit spektakulärem Inhalt, gefüllte Stiefel vor zweieinhalb Wochen und sprechende Weihnachtsmann-Säcke im Fernsehen haben ihn abstumpfen lassen. Der Weihnachtsmann war da. Oscar nahm es zur Kenntnis ohne weitere Gefühle zu zeigen.

Der Weihnachtsmann spulte sein Programm ab. Ein Lied vielleicht? Ella schüttelte den Kopf. Dies und das, so der Weihnachtsmann, sei noch nicht so ganz in Ordnung. Ella müsse lernen, auf Stühlen zu sitzen ohne minütlich von selbigen herunterzufallen, weshalb sie das gewünschte (und von den Eltern für dämlich befundene) Schaukelpferd auch nicht erhalten werde. Oscar solle im Übrigen nicht so schnell die Fäuste sprechen lassen, sondern lieber mal sprechen lernen.

Vielleicht war dies der Moment, wo für Ella ein Stückchen Kindheit zerbrach. Als der Weihnachtsmann dann wieder die Wohnung verließ, da sprach das Kind in die entsetzten Gesichter der Eltern, dass dies nicht der echte Weihnachtsmann war. Man habe Opa Wolfgang erkannt.

Papa und Mama hatten dann erstmal gar keine Lust mehr auf weitere Erklärungen. Noch spät am Abend wurde das Wort "Weihnachtsmann" gemieden, da wir uns vor unserer klugen Tochter nicht noch weiter blamieren wollten. "Da - ein Päckchen von Manja und Christian!", "Hier - Geschenke von Jan und Kitti." - Ella freute sich darüber, ernst genommen zu werden. Auch sie sprach an diesem Tage nicht mehr vom Weihnachtsmann.

Erst am 25.12. konstruierte Papa eine Erklärung: Der Weihnachtsmann sei sehr beschäftigt gewesen. Er habe verschiedene Helfer im Einsatz gehabt. So habe es in der Zeitung gestanden. Ella nahm dies Torte kauend zur Kenntnis.
Im nächsten Jahr müssen wir entweder richtig scharfe Geschütze auffahren und einen Profi-Weihnachtsmann kommen lassen, einen, den Ella nicht tags zuvor bei dessen eigenem Geburtstag besucht; oder wir lassen das alles sein. Ella ist vielleicht nicht gemacht für solche Spielereien...

Wir wollen uns jetzt nicht mit gähnend langweiligen Aufzählungen von Geschenken aufhalten, sondern hinüberschwenken zum Spross der Familie, der in dieser Woche viele kuriose Dinge tat, die mehrere Blog-Einträge füllen würden.
So flirtete er bei der Geburtstagsfeier des Opas (resp. des Weihnachtsmannes) so sehr mit seiner Cousine Lina, dass der Familienrat kurz noch einmal die juristischen Grundlagen durchging. Ergebnis: Cousin und Cousine dürfen alles! Was wir sahen, waren heftigste Umarmungen und tiefe Liebe in den Augen des Cousins - und eine etwas irritierte, aber nicht abgeneigte Cousine.

Zum Abschluss des Jahres 2010 zwei Mitteilungen zum Sprachniveau unseres Sohnes:
1) Auch wenn er spätestens seit diesen Tagen seinen Namen ("Okra") gerne und häufig und auch mal laut skandierend übt, so fällt doch auf, dass das überaus abstrakte Wörtchen "Ich" von Oscar bevorzugt wird. Mama klärte mit ihrem geballten Verstand den Papa auf: Oscar ist sprachlich zwar nicht sehr weit, aber er ist unheimlich intelligent." In diesem Moment fiel Oscar vom Sofa.

2) Oscar kann verschiedene Tiere toll benennen. So ist der Elefant, spätestens seit Ella im Adventskalender "Benjamin Blümchen"-CDs fand, der "Töröööö!". Und dann passierte etwas Erstaunliches, eine absolut würdige Pointe, um dieses Jahr abzuschließen: Oscar wurde gewickelt. Guckte an sich herunter und entdeckte, dass auch er einen Rüssel hat. Er ist sicher noch nicht so groß wie der vom Hörspiel-Elefant, aber Oscar erkannte die Ähnlichkeit, strahlte, deutete auf das Rüsselchen und sagte glücklich: "Töröööö!"
Mama unterbrach das Wickeln um Papa zu holen und davon zu berichten.

Die Kleinfamilie wünscht allen Blog-Lesern ein gesundes und frohes 2011.

Sonntag, 19. Dezember 2010

Familien-Sandwich

Für Ella und Oscar ist das Kita-Jahr 2010 vorbei. Während der Familienvater die kommenden drei Tage noch seiner geregelten Arbeit nachgehen wird, hatte Mama sich schon tolle Dinge für die Bespaßung der anspruchsvollen Kleinkinder überlegt.

Ein Blick aus dem Fenster und aufs Thermometer sorgte dann aber für einen Satz, in welchem wahnsinnig viele Probleme in nur sieben Silben enthalten sind: "Wir können nicht rausgehen!"

Ironischer Weise wurde im Anschluss Papa unterstellt, er würde diebisch grinsend in den nächsten Tagen das Haus verlassen, während in den heimischen 4 Wänden für die nächsten Stunden Frust und Konflikte vorprogrammiert seien. Doch nichts da!

Zunächst einmal sind es auch für den Vater an der Bushaltestelle -17°C, die jedes diebische Grinsen einfrieren lassen und zum zweiten können Familientage auf engstem Raum neuerdings auch recht harmonisch verlaufen.

Recht hamronisch bedeutet in dem Fall zwar durchaus, dass meistens ein, manchmal auch zwei Kinder brüllen und heulen, doch es gibt sie jetzt: Die Phasen des fröhlichen Miteinanders.
Beispielsweise hat die gesamte Familie an diesem Wochenende das Knäuelbilden für sich entdeckt. Man zeigt Tendenzen der Ballung.

So geschehen beispielsweise im Elternbett, dem beliebten Party-Hotspot der Kinder. Man spielte Familien-Sandwich:
Papa lag unten, war Toast. Mama lag darüber, war - da waren sich alle bis auf Mama einig - grobe Leberwurst. Dann gab es erst Streit. Ella wollte Toast sein. Aber dies hätte bedeutet, dass sie ganz oben drauf liegen müsste und somit den kleinen Kerl Oscar unter sich begraben würde. Ella wurde vom unteren Toast und der groben Leberwurst überredet. Ella war Salat. "Knackiger Salat", ächzte die Leberwurst motivierend. "Nasser Salat", ergänzte der untere Toast, denn der obere Toast sabberte den Salat voll.
Der Vollständigkeit frugen wir Oscar, der weit über uns auf seiner Familie lag, ob er denn der Toast sei.
"Oscar, bist du der Toast?"

Oscar, der jedes der Wörter einzeln durchaus versteht, war irritiert. Der Satz an sich ergab für ihn wenig Sinn. Er antwortete dann dennoch "Ja", weil Sätze, in denen sein Name und das Wort "Toast" auf engstem Raum beieinander stehen, meist gute Sätze sind.
Ähnliches kennen wir von Oscar, wenn er Fragen hört, in denen das Wort "Schokolade" vorkommt. Da antwortet er auch stets mit einem lauten "JAAA!". Als Papa aber vorhin seine Kinder fragte, was Mama denn am verkaufsoffenen Sonntag einkaufen solle, da antwortete Oscar "Eier."

Eine andere Form der Ballung betrieb die Familie tags zuvor. Man spielte "Hoppe Hoppe Reiter". Papa auf dem Stuhl. Mama auf Papa. Ella auf Mama. Oscar auf Ella. Dann wurde gehoppelt und als am Ende des Liedes der Reiter in den Sumpf fiel, da mussten Mama, Papa und Ella schon ganz schön auf die Bremse treten, damit nicht die geballte Familien-Ladung auf den bereits auf den Küchenboden gefallenen Oscar draufpurzelt.

Neben diesen körperlichen Erfahrungen hat Oscar auch eine innere Erkenntnis gewonnen. Ihm dürfte seit Samstag nämlich die Bedeutung der Wendung "Ich glaub, ich steh im Wald" bewusst sein. Oscar latschte durch sein Kreuzberg. Hier ist er zuhaus. Hier kennt er alles. Nichts kann ihn hier böse überraschen. Mit diesem Wissen bog Oscar ab und stand eine Sekunde später mitten in unzähligen Tannenbäumen aus dem Sauerland.

Oscar erstarrte und guckte wohl recht lange irritiert, denn noch nachdem Ella, Mama und Papa sich für einen Weihnachtsbaum entschieden hatten ("Wir hätten gerne einen Baum. Ungefähr bis zum Kinn meiner Gattin!"), nachdem wir dann also wieder Augen für den Spross hatten, stand dieser immer noch unfassbar irritiert im Sauerland und dachte wohl: "Ich glaub, ich steh im Wald. Aber ich weiß nicht, warum..."

Wir sind gespannt, wie Oscar dann auf den Baum reagieren wird, wenn er ab Donnerstag in unserem Wohnzimmer steht. Mit diversen Büchern ist ihm das Phänomen "Weihnachtsbaum" ("BAAAAUUUUUM") schon näher gebracht worden, aber so ein echtes Biest aus dem Sauerland ist dann sicher doch noch mal eine andere Liga.

Das letzte Bild zeigt die Familienfeierlichkeiten zum 4.Advent. Man richte bitte seine Augen auf die 4 Kerzen und höre, welche Geschichte sich dahinter verbirgt:
Als Ella vor Wochen auf einem Weihnachtsfest eine Kerze aus Bienenwachs basteln durfte, indem sie eine Wachsplatte um einen Docht rollte, da war sie sehr stolz auf ihr Werk.

Oscar spazierte Tags drauf durch seine Wohnung und erspähte den seltsamen Kolben. Vielleicht erinnerte ihn das lecker durftende Ding an Marzipan, vielleicht an Mais, in jedem Fall biss Oscar hinein. Es gibt hierfür zwar keine Zeugen, aber eben Bissspuren als Beweis.
Was uns an dieser bis hierhin nur mittel-spektakulären Geschichte aber wirklich irritierte, war die Tatsache, dass sich nicht etwa nur ein Biss in der Kerze fand, sondern deren drei oder vier. Oscar hat die Kerze also demnach wirklich geschmeckt. Oder er war sehr sehr hungrig.

Ella haben wir den Vorfall in einer ruhigen Minute gestanden. Dies trauten wir uns aber erst, als Papa schon längst neue Bienenwachsplatten und Dochte gekauft hatte. Und gestern bastelte Ella daraus 4 neue Kerzen. Und heute wurden sie angzündet. Und morgen werden wir sehen, ob wieder jemand hineingebissen hat und unserem Sohn im Falle des Falles dann die Ohren lang ziehen.

Sonntag, 12. Dezember 2010

Hüpfen vor dem Filz-Stern

Ein für Außenstehende röchelnder Sohn brachte seine Eltern heute zur Verzückung. Oscar stand in der Küche, guckte konzentriert und machte "Okchra. Okchra." Papa, der zugegen war, ahnte die Bedeutung des Röchelns. Hier will jemand mal endlich seinen Namen aussprechen. Und so wurde ein Dialog geführt, der die wahre Bedeutung des "Okchra"-Lautes klären sollte.
"Wer ist das?", fragte Papa und deutete auf sich. "Papa", sagte Oscar akzentfrei. "Und wer ist das?" Papa tippte auf seinen Sohn. "Okchra!", strahlte dieser, wurde auf den Arm gehoben, zur Mutter getragen und führte dort das Kunststück noch einmal vor und weigert sich seitdem verschämt, noch mal "Okchra" zu sagen. Die Begeisterungsstürme seiner Eltern haben ihn ein bisschen verunsichert. Oscar betet auf Nachfragen nun bereitwillig die Namen aller Familienmitglieder hinunter. Fragt man ihn nach ihm selbst, so wird er rot, grinst und schüttelt den Kopf.
Vermutlich wird er den Namen nun noch ein bisschen üben, bis er das Gefühl hat, die Aussprache ein wenig dem Originallaut seines Namens angepasst zu haben. Er spricht ja sowieso gerne ohne Zuhörerschaft.

Bezeichnend war, als Papa durch die riesige Wohnung irrte und für einige Momente nicht wusste, welches Kind in welcher Himmelsrichtung gerade Dinge anstellte. Ella war eben noch im Kinderzimmer zu sehen, aber wo zum Geier ist Oscar? Dies denkend ging Papa in Richtung Küche, hörte aber schon 3 Meter vor dem Küchentür-Rahmen (wir besitzen keine Küchentür) seinen Sohn laut "Eier!" schreien, woraufhin ein Plastikei auf den Küchenboden geschleudert wurde. Alles klar. Oscar ist also auch da.

Der Dezember, dessen Mitte wir bald erreichen, ist für Eltern ein eher belastender Monat. Alleine schon der Adventskalender (besser gesagt, die vier Adventskalender, die wir hier so haben) sorgt für eine gewisse Reizüberflutung, da ja nun jeder Tag mit aufgeregt hüpfenden Kindern vor 24 Filz-Sternen beginnt.
Mal ist Schokolade drin, dann ist Ella immer ein bisschen enttäuscht, weil vierjährige Kinder begreifen, dass es im Dezember sowieso an jeder Ecke Schokolade gibt. Mal sind kleine Spielsachen drin, dann ist Oscar enttäuscht, weil sich seine Zunge, seine Backen und sein Gaumen während des Hüpfens vor dem Filz-Stern schon auf das Geschmackserlebnis "Schokolade" einstellen. Erhält das Kind dann einen Flummi, guckt es schon mal recht doof.

Dann war ja auch noch Nikolaus. Der Original-Nikolaus füllte die Stiefel der dynamischen Familie mit Schokolade, Nudeln, einem Schminkset (Ella) und einem Malbuch samt Stiften (Oscar). Dann war der Nikolasu aber auch bei den Omas und hat dort Dinge abgegeben, dann war er auch beim Kinder-Turnen. Wie soll ein Kind hier noch kühlen Kopf behalten.
Beim Opa und der Mietoma war am Wochenende sogar schon der Weihnachtsmann...

Oscar nimmt die Spielsachen und Bücher, die da täglich in sein Leben treten gelassen hin und konzentriert sich mehr darauf, ständig Schokolade in seinem Mund zu haben. Es ist ein Jammer. Wir steuern nach drei Wochen Adventszeit auf eine Zahn-und-Cholesterin-Katastrophe zu, sodass man vom Vater des Hauses ungewohnte Worte zu hören bekam: "Im Januar gibt es nur Salat". Keiner protestierte. Oscar konnte auch nichts dagegen sagen. Sein Mund war gerade damit beschäftigt, ein überdimensionales Schoko-Etwas zu zerspeicheln.

Ellas von Schokolade zerfressenes Immunsystem kapitulierte dann am Donnerstag und ließ den Fieber-Virus gewähren.
Ella, bei vollen Kräften manchmal ja durchaus ein Vulkan, wird bei Krankheit immer sehr lieb und kuschelig. Sie richtete es sich dann gemütlich ein vor dem Fernseher und verbrachte am Donnerstag mit dem Papa und am Freitag mit der Oma tolle Genesungsstunden. Im Fernsehen lief die DVD von "Petterson und Findus" absurd häufig hintereinander.

Am Wochenende war sie wieder gesund und so musste Jurij aus Hamburg doch nicht abgesagt werden. Jurij, Ella, Oscar, Mira und zwischenzeitlich Nachbarskind Janek stellten relativ schnell fest, dass keinem der Erwachsenen heute nach "Grenzen setzen" zumute war.
Die Erwachsenen lagen oder saßen wabernd in der Wohnung herum, deren Kontrolle längst die Kinder übernommen hatten. Etwa 100 der vorhanden 135 qm waren am Schluss verwüstet.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Durch den Ostwind

Wir beginnen diesen Eintrag, in welchem sich Oscar letztendlich wieder die Hauptrolle erkämpfen wird, weil er erst zum zweiten Mal die Weihnachts- und die Schneezeit erlebt und von daher noch nicht wirklich souverän mit beiden Seltsamkeiten umzugehen vermag, diesen Eintrag also beginnen wir einfach mal mit Ella.

Ella war doof. Exakt acht Tage lang war Ella furchtbar doof. Wir berichteten in der letzten Woche davon, dass Ella am Mittwochnachmittag beschloss, verhaltensauffällig zu werden. Acht Tage lang ging das so, bis sie dann an diesem Donnerstag den Bogen endgültig überspannte.

Ella benahm sich auf einem Ausflug mit der Kita so dermaßen daneben, dass die Erzieher uns später darüber in Kenntnis setzten, dass sie so keine Verantwortung mehr für Leib und Leben unseres Kindes übernehmen könnten. Ella - so ist der derzeitige Stand der Dinge - wird in Zukunft von Ausflügen ausgeschlossen. Es muss also wirklich übel gewesen sein.

Zuhause erläuterten die Eltern ihrer Tochter die Lage. Ella schaltete ihre Fassade auf "cool" und hörte sich ruhig an, was ihr da demnächst blüht, wenn die "Großen" einen Ausflug machen und sie dann bei den "Kleinen" zurückbleiben darf.

Erst eine Minute später heulte sich Ella den ganzen Frust von der Seele. Und seitdem ist sie wieder normal. Lieb, umgänglich und groß. Vielleicht wird über die Ausflugssperre ja nochmal neu verhandelt...

Eine Ausflugssperre fänd Ellas Bruder dagegen recht reizvoll. Bitterkalt ist es geworden in dieser Woche. Oscar hasst es. Dazu kommt noch Oscars ausgeprägter Hass auf Handschuhe - und so nahm das Unglück seinen Lauf.

Papa und Oscar wollten Ella und Oma vom Logopäden abholen. Draußen pfiff der Wind aus Richtung Sibirien und verschlimmerte die -10°C recht eindrucksvoll. Oscar ließ sich keine Handschuhe anziehen. Papa dachte: "Wenn der erstmal schnallt, wie kalt das hier ist, dann wird er die Handschuhe lieben" und schob den Sohn im Buggy durch die menschenleeren Straßen.

Oscar brauchte etwa 150 Meter um zu verstehen, was los war. Er hielt die verkrampften roten Hände vors Gesicht und brüllte. Nichts half. Erst recht nicht die Handschuhe. Wenn er die sah, schrie er noch mehr.

Papa bog schnell in einen Drogeriemarkt ein. Den zwei Kunden und der Verkäuferin bot sich ein spektakuläres Bild: Überforderter Vater und brüllender Sohn. Verschiedene Dinge wurden als Geschenk der Drogeriekette in den Buggy geworfen. Oscar wurde immer wütender. Am Schluss erreichte das meilenweit hörbare Duo die Praxis. Oscar wurde auch hier reflexartig beschenkt. Erst nach 5 Minuten konnte er sich darüber freuen. Wie aber sollte man ihn nun nach Hause kriegen?

Papa sah die Chance, zum Helden seines Sohnes zu werden, und ergriff sie: Er zog seine Jacke aus, klemmte sie um Oscar so herum, dass er keine andere Chance hatte als gewärmt durch Kreuzberg zu fahren. Papa rannte "Is nich schlimm" rufend nur im Pulli durch die Eiseskälte. Am nächsten Tag war Papa krank und Oscar schon wieder schlecht gelaunt. Es lag Schnee.

Oscar deutete auf den Boden, schüttelte den Kopf und sagte: "Nein". Mama zauberte zu Oscars Entsetzen den Schnee nicht weg, sondern marschierte mit den Kindern mitten hindurch.

Am Wochenende aber war alles wieder super: Oma Münster war zu Besuch und was hatte sie im Gepäck dabei? Spielzeugeier.
Bislang ging der größte Teil der Menschheit ja davon aus, dass Spielzeugeier ein Spielzeug von maximal mittlerem Spaßfaktor wären, doch Oscar belehrte sie eines besseren und spielt seitdem fieberhaft und laut "Eier" schreiend mit den beiden braunen und den beiden weißen Eiern. Papa und Onkel Fredde stopften die Eier dann auch noch in Oscars Klamotten. Oscar raste vor Glück als er sich die Eier aus der Strumpfhose zog. "Eier" schrie er, eine Zugabe fordernd, zeigte dabei zwischen seine Beine und sorgte so für eine äußerst billige Pointe.

Ach ja: Während alles friert, taut Oscars Sprachzentrum auf: "Ella Eier" war Oscars erster Zweiwortsatz, der Mama in euphorische Pläne ("Jetzt meld ich den zur U7 an") versetzte. Heute abend brüllte Oscar dann "Aaaambrooot", danach wurde er zum Schuhe putzen geschickt.

Oscar putzte, ohne zu wissen, warum. Morgen früh wird er es wissen.

Sonntag, 28. November 2010

Zwei Punkte, die das Weihnachtsfest erschweren könnten

Auf gleich zwei Fotos des heutigen Blog-Eintrages sieht man den Sohn des Hauses bei einer neuen Eigenart, von der wir noch nicht ganz sicher sind, ob wir sie niedlich oder eklig finden. Oscar beendet Mahlzeiten neuerdings meistens, indem er sich ein deutlich zu großes Stück Nahrung als "grande finale" in seinen Mund stopft und es dann dort in den Folgeminuten gründlich bespeichelt und irgendwie - wir wissen nicht genau wie - zerkleinert.
Extrem war es beispielsweise am Freitagabend.

Oscar saß gerade beim Abendbrot, als ein Blick auf die Uhr verriet, dass der Abend, der von zwei zehnminütigen Sendungen des Kika (18:40 und 18:50) rituell strukturiert ist, nun in die nächste Phase gehen soll. "Oscar, iss schnell auf. 'Beutolomäus' fängt gleich an."

Oscar machte ernst und stopfte sich eine halbe (!) Brotscheibe in den Mund. Mehr lag nicht auf seinem Teller. Er guckte uns an und bedeutete mit den Händen, dass man ihn nun von seinem Platz heben möge, auf dass er ins Wohnzimmer vor den Fernseher flitzen kann. Oscars Augen sagten dabei "Alles in Ordnung - ich hab das hier im Griff". Oscars Mund dagegen meldete "Land unter", gab aber nichts von der wertvollen Fracht auf. Noch Minuten später sah man ihm vorm Fernseher kauen.

Wir sind momentan am Überlegen, ob Oscar seine Speisen dem Sprechvermögen anpasst, oder ob es sich andersherum verhält.
Wir berichteten ja bereits, dass Oscar ein großer Freund von Eiern ist, weil oder weshalb er das Wort "Eier" wunderbar sprechen kann. Seit dieser Woche nun brüllt Oscar sehr häufig "Deeee". Er verlangt damit nach einem heißen Aufgussgetränk und der Gedanke liegt einfach nahe, dass Oscar nur deshalb zum Teetrinker geworden ist, weil das Wort "Tee" nun zu seinem Wortschatz gehört. Ach ja. "Brot" heißt "Bo" und "Auch" heißt "Au" und "Meins" heißt "Mei" - Oscars Wortschatz kommt langsam in Wallungen und hat derzeit sehr viel mit Nahrung zu tun und damit, wem diese zusteht.

Dass die Weihnachtszeit, die nun begonnen hat, recht kompliziert werden dürfte, haben wir anhand von zwei Dingen bemerkt, die wiederum beide mit Oscar zu tun haben (zu Ella kommt dieser Blog erst gegen Ende):
1) Oscar lehnt jede Musik ab, die nicht von der Pippi-Langstrumpf-CD stammt. Die Eltern sind schon reichlich genervt, von den Songs namens "Seeräuber-Opa Fabian" oder "Pippi backt Kuchen", für Oscar sind sie die Welt. Der musikalische Kosmos.
Und wenn dann irgendein anderer Mist läuft, ein saisongerechtes Weihnachtslied zum Beispiel, dann wird Oscar sehr unbesinnlich und schmeißt sich auf den Boden. Dort brüllt er das Lied nieder. Wir freuen uns auf das Weihnachtsfest, auf welchem wir - ausnahmsweise mal - unterm Baum "Seeräuber-Opa Fabian" singen werden, weil unser Sohn bei "Stille Nacht" brüllt wie am Spieß.

2) Oscar fällt es sehr schwer, sich zu entscheiden. Und wenn ihm die Mama einen Teller voll mit Weihnachtsleckereien vor die Nase hält und ihm dabei sagt, er möge sich eine Sache aussuchen, so ist das für Oscar eine ganz furchtbare Situation. Er greift nach der Marzipankartoffel, beäugt sie, legt sie weg. Er greift den Spekulatius, legt ihn weg, er greift den Dominostein, legt ihn weg. Dann wurde es uns zu bunt. Mama zog ihr Angebot zurück und den bunten Teller von Oscar weg. Oscar reagierte gefasst, verständnisvoll und besonnen. Er weinte nicht (*lüg*).

Kommen wir nun endlich zu Ella, die in diesem Blog mal die zweite Geige spielen muss, weil Kinder mit 4 zu weitaus weniger spektakulärem Verhalten neigen als Kinder mit 2.
Dies galt bis Mittwoch.
Am Mittwochnachmittag ging ein liebes und vernünftiges Kind zur Logopädin. Oma wartete in der Praxis und als sich nach einer halben Stunde die Tür öffnete, kam statt Ella ein hampelndes, überdrehtes und freches Ungetüm heraus. "Die Logopädin hat gesagt, Ella sollte auf einen Spiegel spucken. Ich glaube, das hat sie verändert", analysierte die Oma neben dem wildgewordenen Kleinkind.

Ella hatte im Anschluss noch viel Ärger in dieser Woche. Sie versprach aber ein ums andere Mal, dass sie dann doch demnächst wieder lieb sein wird. Mal sehen, was am nächsten Mittwoch in der logopädischen Praxis so passiert.

Ella hat dann übrigens noch einen Wunschzettel gemalt. Den erklärte sie dann dem Vater, der feststellen musste, dass die Geschenk-Pläne der Eltern nicht viel zu tun haben mit den Wünschen unserer Tochter. Ella wünscht sich, bitte mitschreiben, liebe Verwandtschaft: Ein Schaukelpferd, ein Auko (Logopädin, machen Sie daraus bitte ein "Auto"), ein Foto und eine Packung mit Pulver.
Hmm, vor allem der letzte Wunsch klingt recht interessant. Wäre Ella 10 Jahre älter, dann hätten wir uns direkt Sorgen gemacht. So aber wissen wir, dass Ella nicht an bewusstseinerweiternde oder -einschränkende Mittelchen dachte, sondern dass sie noch tief beeindruckt war vom Plätzchenbacken, wo Papa Eier (Oscar: "Eieeeeeeer!!!") trennte und Mama irgendwelche Pulver aus irgendwelchen Packungen herausschüttete.

Montag, 22. November 2010

Frisiert in weniger als einer Sekunde

Oscar ist auf den Winter, der ab morgen in Deutschland für die nächsten vier Monate sein Unwesen treiben wird, gut vorbereitet, denn er kann jetzt "Kal Kal Kal" sagen und dabei mit den Armen rudern. Dies bedeutet: "Ich friere." Und das wird Oscar in nächster Zeit recht häufig.

"Kal Kal Kal" schrie er, als er am Sonntag aus der Badewanne gehoben wurde. Dort hatte er zuvor sehr viel Spaß. Ella und Oscar stopften sich Trichter in den Mund und stießen dabei animalische Laute ins Badezimmer.

Warum befanden sich Trichter in der Wannne? Nun. Unser echtes Badespielzeug (Quietscheentchen) begann schon in Hamburg zu schimmeln. Ersatz fand sich in der Küche und deshalb wurde in den letzten Monaten ein nicht unerheblicher Teil des Kücheninventars (Trichter, Sieb, Schalen, Teller, Becher) in Badespielzeug verwandelt. Wie man sieht, nehmen die Kinder das alles trötend und siebend und schüttend an. Richtig Stimmung ist immer im Badezimmer.

Und während Oscar vorne trötete, schlich sich Mama von hinten heran und schnitt ihm etwa vier Zentimeter der nassen Haare ab. Oscar bemerkte nicht einmal, dass er gerade eine neue Frisur verpasst bekam, was bei der rekordverdächtigen Frisierzeit von etwa 0,8 Sekunden auch nicht verwundert.

Schlimm ist das Baden im Winter ja auch immer erst, wenn man dann tropfend und triefend neben der Wanne steht. Und da Oscar seit jeher beobachten kann, wie Ella immer "Kalt Kalt Kalt" schreit, wenn sie neben der Wanne tropft, hat Oscar dies nun übernommen. Geschrieen wird bei uns ja sowieso immer sehr viel. Die Eltern sind über Schreie mit Bedeutung da schon recht dankbar.

Am Samstag war mal wieder volles Programm: Erst wurde der Breitscheidplatz besichtigt, der derzeit sehr viele kindgerechte Attraktionen aufweist: Ein riesiges Hochhaus wird dort gebaut, so groß, dass Baustellen-Fan Oscar dieses gar nicht als echte Baustelle erkennt; der Weihnachtsmarkt wird aufgebaut; der Wasserklops ist deshalb unter einem riesigen weißen Plastikungetüm versteckt und die kaputte Kirche wird so verpackt, dass sie aussieht wie ein Haus. Alles ziemlich spannend. Ella zählte Weihnachtsmänner auf dem prä-weihnachtlichen Breitscheidplatz und kam bis 22.

Danach feierte Papas Schule "Tag der offenen Tür", was für Ella und Oscar dahingehend getoppt wurde, dass auch die Türen, die an diesem Tag unlogischerweise verschlossen waren, vom Papa aufgemacht wurden. Ella spielte Lehrer, stand an der Tafel und schrieb die Zahl 4550 an. Oscar markierte den dummen Schüler, stand daneben und verstand gar nichts.

Der Höhepunkt des Tages lag dann aber in Moabit und hört auf den Namen Rufus. Ellas und Oscars Cousin wollte bestaunt werden. Beide Kinder gaben dem Neuankömmling gerne den Schnuller und streichelten ihn.

Überhaupt kann Oscar ja ganz besonders gut "Ei machen". Und da er ja auch so furchtbar gerne Eier isst und auch so gerne Bücher mit Eiern anguckt, muss man einfach davon ausgehen, dass auch das "Ei machen" deshalb bei ihm so beliebt ist, weil es eben "Ei" machen heißt und Oscar doch auch so toll "Ei" sagen kann.

Für Rufus war das natürlich ein großes Glück, denn ein echter Streichel-Profi lag da neben ihm.

Sonntag, 14. November 2010

Ein Aphorismus für Korea

Während Papa am Donnerstag auf dem Elternsprechtag Rede und Antwort stehen musste, latschte der Rest der Familie mitsamt der Kita-Gruppe Laterne schwingend durch den Viktoriapark.

Solche Feierlichkeiten werden ja immer auch kritisch betrachtet. Oscar zum Beispiel missfiel es, im Buggy durch die Finsternis über Wurzelwerk geschoben zu werden und dabei auch noch seine Laterne zu halten. Oscar gab dem Spektakel 2 Minuten, dann schrie er.
Währenddessen hatte Ella ganz andere Probleme, denn ihre selbstgebastelte Laterne hatte nur noch ein "Bein". So richtig super konnte der Laternenumzug aber natürlich nur werden, wenn an dem grünen Kopf, den Ella da gebastelt hat, auch zwei Beine hingen. Mama also verließ kurzfristig den Fackelzug und fand tatsächlich im dunklen Park ein Bein. Das von Ellas Laterne. Ella glücklich. Oscar immer noch sauer. Mama durchaus im Stress.

Der Laternenumzug endete dann natürlich so, wie etwa 90% aller Laternenumzüge in Deutschland enden: Die Eltern hielten nicht nur ihre Kinder an der Hand, sondern auch noch irgendwie deren Laternen, denn die Kinder laufen nach etwa 10 Minuten Laternenumzug nicht mehr mit der Laterne. Gott weiß warum.

Ella und Oscar zum Beispiel zogen es vor, ohne Laterne, dafür laut schreiend durch den finstern Park zu rennen. Oscar fiel dabei mehrfach pro Minute hin und seine Mama stand irgendwo neben der Szenerie und war mittlerweile beladen mit Oscars Buggy, Oscars blauer Laterne und Ellas grüner Laterne und sang Laternen-Lieder. Eltern-Sein ist in manchen Momenten auch absurd.

Am Samstag dann stieg Ella auf in die Welt der Dichter und Denker. Sie bereicherte den Aphorismen-Schatz um den zugleich weisen und simplen Satz "Menschen kann man nicht trennen, nur Eier", mit dem sie auf die Feststellung des Papas reagierte, er und Nachbar Mick werden sich beim morgigen Gastspiel des VfL Bochum im Stadion eventuell trennen.

"Menschen kann man nicht trennen, nur Eier" - ein Satz, der durchaus das Potenzial hat, zur Formel einer künftigen Revolution in Korea aufzusteigen. Man übersetze ihn ins Koreanische und drucke ihn auf T-Shirts.

Der kluge Aphorismus unserer Tochter provozierte wiederum auch unseren Sohn zu einem Statement, denn er hatte da etwas gehört.
Richtig - Ella gebrauchte doch dieses eine Wort da... Dieses Wort, das er kennt und das er sagen kann. Und so riss er nach dem klugen Aphorismus die Augen auf und dann brüllte er es in den Raum - und für die Eltern hörte sich das dann so an.
Ella (klug): "Menschen kann man nicht trennen, nur Eier"
Oscar (laut): "Eeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeeer!"

Am selben Tag waren die Eltern zu einer Einweihungsparty eingeladen. Und da neue Wohnung am besten auf Herz und Nieren geprüft werden, indem man auch Kleinkinder einlädt, standen auch Ella und Oscar auf der Gästeliste des kinderlosen Paares.
"Oh, ihr habt einen gefliesten Flur. Das ist aber schön praktisch", lobten die Eltern und als hätte es noch eines Beweises bedurft, hustete Oscar erst ein wenig, steigerte sich hinein und erbrach schwallartig auf die Fliesen.

Immer noch voll des Lobes für den gefliesten Flur wischten Papa und Mama und der Herr des Hauses die Fliesen wieder blitzblank.
Später sah Oscar, dass ja auch das Wohnzimmer gefliest ist und wiederholte das Spektakel. Oscar, der - so war die Vermutung - statt eines feinfühligen Magens einen Blecheimer in sich hat, zeigte ungeahnte stomachale Schwächen, die sich heute mehr so darmwärts verlagerten und das Martinsgans-Essen bei der Oma ein wenig einschränkten.

"Die Kinder wissen schon am besten, was sie vertragen und was nicht", weissagte Oscars Mama, woraufhin Oscar per Fingerzeig kundtat, dass er mit der mächtigen Mousse-au-Chocolat-Torte liebäugelte. Da die Kommunikationsstruktur unseres Sohnes momentan keine Diskussionen über verweigerte Befehle zulässt, gaben wir dem Bengel die Torte - und siehe da: Nach zwei Bissen schob er sie beiseite und verlangte trockenen Kuchen.

Sonntag, 7. November 2010

Der Künstler nannte sein Bild "Eier"

In der Kita von Ella und Oscar ist es schöne Tradition, dass die gemalten und geklebten Kunstwerke der Kinder im Flur hängen. Meistens steht dann noch der Name des Kindes auf dem Bild und ganz selten auch mal ein Titel.
In der letzten Woche muss es irgendwie mal Waffeln in der Kita gegeben haben, denn Lucie malte laut Bildunterschrift ein "Waffeleisen", das grob gesagt der abstrakten Kunst zuzuordnen ist. Andere Kinder malten die Waffeln selbst oder einzelne Zutaten, wie Zucker oder Mehl.

Papa stand dann so vor den Bildern und suchte die Namen seiner Kinder. Er fand schließlich durchaus Komisches. Ein Bild war bekritzelt in den buntesten Farben. Der Künstler hieß "Oscar" und sein Werk "Eier".

Diese nette Anekdote wird nur leider kein einziger Blog-Leser so komisch finden wie Oscars Eltern. Denn keiner weiß, dass Oscar derzeit zwar sehr gerne redet, dass sein Wortschatz aber immer noch äußerst überschaubar ist. Neben "Mama", Papa" und "Ella" erzählt Oscar nämlich eigentlich nur von 2 anderen Dingen: Von einem Mädchen namens Anna, das hier sonst aber niemand kennt und von "Eiern".

"Eiiiiieeeeeer", schallt es dann durch die Wohnung. Fragt man Oscar dann, ob er "Eier" möchte, dann rudert er mit den Armen und schreit "Annnnnnnnnaaa" oder auch mal "Paaapppppaaa" oder "Ellllllllllaaaa" oder "Maammmmmmmmaaa". Und deshalb finden wir es einfach unglaublich, dass Oscar sein Bild zum vorgegebenen Thema "Waffeln Backen" einfach mal "Eier" genannt hat.

Während irgendwo in dieser Republik in der vergangenen Woche eine Mutter ihr zweijähriges Kind zur Polizei brachte um es dort anzuzeigen und diese Aktion kinderlosen Journalisten kurios genug für bundesweite Zeitungsmeldungen erschien, fuhren Ella und Mama ins Wendland um dort zu demonstrieren.

Überhaupt wird Ella derzeit ständig mit Demos konfrontiert. Gelangweilt erzählt Ella mittlerweile von ihren Demo-Erlebnissen. Fluglärm über Lichtenrade, Laufzeitverlängerung der AKW, Castor-Transporte... immer wieder schleppt ein euphorisiertes Familienmitgleid Ella mit zu einer Demo.

Im Wendland war es dann aber wirklich mal ganz interessant. Schließlich verkeilten sich dort hunderte Traktoren (, eine Zahl, die Ella auf "Zwei - ein roter und ein grüner" hinunterlog) und es gab ein Kinderzelt und unter den Demonstranten waren auch so illustre Gäste wie Jurij und Luisa aus Hamburg und Flora aus Berlin.

"Ella - wie war es auf der Demo, die sogar Topmeldung in der Tagesschau war?", fragte Papa, auf heftige Augenzeugenberichte hoffend. "Gut", sprach Ella.
"Erzähl doch mal!", wippte Papa auf den Füßen.
"Erst haben wir geesst, dann haben wir gespielt, dann haben wir geschlafen, dann haben wir wieder geesst, dann sind wir zu den Wildschweinen gefahren, dann sind wir nach Hause gefahren."
"Und die Demo?"
"Die war davor."

Im Übrigen stellte Oscar sich an diesem Wochenende eindeutig auf die Seite der Polizei. Er tat alles in seiner Macht stehende, die Demonstration dahingehend zu minimieren, dass zwei Demonstranten nicht anreisen konnten. Sein Versuch schlug allerdings fehl.
Sein Plan war, in der Nacht vor der Abreise für den maximal denkbaren Schlafentzug der Fahrerin (Mama) zu sorgen. Um 3:30 begann das Spektakel, das aus Gekreisch und gezielten Zappeleien und Spaziergängen durch fremde Betten bestand. Geschlafen wurde dann jedenfalls nicht mehr.

Verhindern konnte er es dann aber wie gesagt nicht. Entsetzt musste er mit ansehen, wie seine Mama mit Ella die Wohnung verließ und etwas von "Ausflug" sprach. Die Tür schloss sich und Oscar starrte seinem unrasiertem Vater ins Gesicht.

Das Programm mit dem völlig übermüdeten Oscar sah am Samstag einen Besuch im Schwimmbad und am Sonntag einen Besuch im Hauptbahnhof vor. Beide Ausflüge verliefen soweit ganz erfreulich, nur auf den Rückwegen, da krümmte sich Oscar und brüllte und tobte und lief nicht und ließ sich nicht in den Buggy setzen.

Beide Male kam es zum handfesten Streit mit seinem Papa. Und jedesmal danach zeigte Oscar unglaubliches Mienenspiel: Oscar kann - das kennen wir von Ella gar nicht - unfassbar vorwurfsvoll gucken. Er ist der ungekrönte König des Schmollens. Zornesfalten und ein zusammengezogener Mund bilden das Grundgerüst. Dazu wird der Gegenüber tief angeguckt. Woher weiß ein eindreiviertel Jahre altes Kind, wie man schmollt? Ist so etwas etwa angeboren?