Sonntag, 30. Oktober 2011

Echte Jungs brauchen keinen Bauchnabel

Mit den Fotos für den heutigen Blog sind wir nicht so recht zufrieden. Vielleicht liegt es am Herbst, denn im Herbst wird die Haut käsig und das elektrische Licht tut sein Übriges. Und dann kommt noch hinzu, dass man bildlich festhält, wie Ella per Kaffeemaschine Kaffee kocht, weil sie das jetzt kann, und dann muss man beim Betrachten des Fotos feststellen, dass die Kaffeemaschine derart verdreckt ist, dass man das Bild von der relativ sauberen und hochkonzentrierten Ella mit der gammeligen Maschine dann auch nicht zeigen kann. Das ist doof. Dass Ella nun Kaffee kochen kann, ist dagegen wunderbar.

Hochmotiviert stapft sie in die Küche, wenn ein müdes Elternteil "Kaffee" sagt. Dann rumpelt es ein wenig in der Küche und irgendwann heißt es dann "Kaffee ist fertig". Und während Ella nun neben kleinen Einkäufen, dem Tischdecken, dem Zahnbürstenbereiten, dem Kaffeekochen und vielen anderen Dingen schon nahezu den gesamten Haushalt alleine schmeißen könnte, wurde Oscar von der Schnullerfee berichtet.

Oscar fand das alles ziemlich interessant und hörte sich die Spielregeln genau an. Er müsse seinen Schnuller auf das Fensterbrett legen, dann würde diese seltsame Fee kommen und ihn gegen ein Geschenk austauschen. Und wer in diesen Tagen Oscar zu Gesicht bekommt, der sollte nicht versäumen, ihn nach seinem Wunsch von der Schnullerfee zu fragen, denn niemand im deutschen Sprachraum kann so schön "Oko la ten ku chen" sagen wie Oscar. Verschämt und meist mit einem Finger im Mund artikuliert er diesen Wunsch nach Schokoladenkuchen und da wir nicht so genau wissen, wann die Schnullerfee nun tatsächlich kommen wird, hat die Mama ab jetzt immer die Backzutaten für Okolatenkuchen da. Okolate und so zum Beispiel.

Es wird also demnächst so ablaufen: Oscar legt den Schnuller aufs Fensterbrett. Er schläft. Mama backt. Papa sieht fern. Dann kann es durchaus sein, dass Oscar wieder wach wird und - wie zuletzt geschehen - weinend mit der gesamten Faust im Mund fuhrwerkt. Niemals wird er den Grund seiner Unpässlichkeit selber nennen, aber auf Nachfrage gibt er gerne zu, dass er nun doch noch seinen Schnuller wünscht.

Dann, so die Mama gelassen, wird der Okolatenkuchen zur Arbeit mitgenommen. Man darf sich an Mamas Arbeitsstelle gegebenfalls auf recht häufiges Kuchenessen freuen. Momentan jedoch ist Oscar zu sehr Realist, als dass er den Schnuller abends abgibt.

Es gibt ja auch neben dieser Schnullertfee-Sache so viel zu tun. Beispielsweise musste er in der Kita sich selbst malen, damit er dann darüber sprechen kann und diese Sprechleistung in seinem Sprachtagebuch oder so ähnlich dokumentiert wird.

Oscar malte also drauf los und während er so malt, streuen wir eine kleine Erinnerung ein: Ella malte in Oscars Alter Menschen, die alle auf jeden Fall einen deutlichen Bauchnabel hatten. Der Bauchnabel war in dieser Zeit für unsere Tochter sehr wichtig. Ständig knibbelte sie an ihm herum. Sie stand kurz vorm Nabelbruch. Und was malt der kleine Oscar da? Einen Menschen mit einem kleinen Penis.

Die Parallelen zu Ellas Bauchnabel möge nun jeder selber ziehen. Wir verraten nur soviel, dass Oscar nicht an seinem Bauchnabel knibbelt, dafür aber manchmal trotz Windel nass wird, weil Teile seines Körpers, die definitiv in die Windel gehören, aus selbiger herausgezogen wurden. Anders gesprochen: Echte Jungs brauchen keinen Bauchnabel.

Nun ist Oscar auch schon fertig mit Malen. Da ist also ein Mensch mit kleinem Penis zu erkennen. Oscar erklärt sein Werk und schließlich spricht auch der Künstler das kleine Geschlechtsteil an.

Olivia, die sich das alles anhören darf, fragt nun noch einmal nach. Warum denn so klein und so... Dann tut Oscar, was ein Kerl in einer solchen Situation zu tun hat. Er zieht sich die Hose samt Windel hinunter und schreit in Olivias Gesicht "Der ist doch klein!" - Großartig und sehr souverän. Wie der pädagogische Eintrag in Oscars Sprachtagebuch wohl formuliert sein mag?

Wechseln wir lieber wieder zu Ella. Ella ist fünfeinhalb und Papa frohlockte schon mit der Aussicht, demnächst Filme mit Ella genießen zu können, die noch cooler sind als der Film von Prinzessin Lilifee. Als Klassiker des Kinderfilms warten da schließlich schon die "Unendliche Geschichte" oder "E.T." im DVD-Regal auf unsere Tochter.

Doch nachdem Oma mit Ella mal wieder im Kino war und die beiden selbiges bereits nach 30 Minuten verlassen mussten, weil sich unsere Tochter zu Tode fürchtete, wusste Papa, dass Ella erst mit etwa 30 Jahren in der Lage sein wird, die beiden angesprochenen Filmklassiker ohne Panik zu sehen.
Oma und Ella guckten übrigens "Lauras Stern und die Traummonster". Die Traummonster waren angenehm plüschige und lustige Gesellen. Ella war fix und fertig.

Sonntag, 23. Oktober 2011

Keine Texte über Zähne

Nein. In dieser Woche lassen sich die Hauptdarsteller dieses Blogs nicht die Butter vom Brot nehmen. Diesmal geht es nur um sie und nicht um die Zähne der Mutter, auch wenn sich selbige noch einmal versuchten in den Vordergrund der aktuellen Berichterstattung zu drängen, als sie mitten auf dem Potsdamer Platz, also in telegener Position einfach - Pardauz - auf den Boden des Sony Centers fielen. Sporadische Leser, die nun an Skorbut oder ähnliche Krankheiten denken, seien auf den Blogeintrag der letzten Woche verwiesen. Im Übrigen fielen der Mutter Provisorien aus dem Mund. Wir sehen darüber hinweg und schlagen den Bogen zu den Kindern. Dies machen wir wie folgt:

Als der Vater mit dem Sohne im besagten Sony-Center eine riesige Videowand entdeckte, auf welcher gerade belanglose atmosphärische Bilder die hier unter sich weilenden Berlin-Touristen einlullen wollten, rannte Ella auf sie zu und fragte Erstaunliches: "Warum spricht Mama nicht mehr mit mir?". Papa wollte dieses Verhalten psychologisch deuten und sprach von gestressten Müttern, die einfach keine Lust auf triviale Kinderfragen hätten, doch weit gefehlt. Die Mutter saß zu diesem Zeitpunkt bereits mehr oder weniger zahnlos in der S-Bahn und war auf dem Weg zum Zahnarzt. Ella war irritiert, am Ende war aber alles halb so schlimm.

Und da wir in dieser Woche also fest entschlossen sind, den Fokus wieder weg von der Mutter und hin zu den Kindern zu lenken, müssen wir der Vollständigkeit halber zwei Dinge der letzten Woche nachreichen, die für Ella und Oscar von recht großer Bedeutung waren.

Oscar war nämlich das erste Mal in seinem Leben im Kino. Da er aber nur als Begleitung eines lang geplanten Kinobesuches von Ella fungierte, muss sich Oscar nun sein Leben lang erzählen lassen, dass sein erster Kinofilm eher weiblich angehaucht war. Es handelte sich um das Epos "Prinzessin Lilifee und irgendetwas Rosafarbenes". Den Titel haben wir nicht so genau recherchiert, aber passen würde er. Ella guckte gebannt und Oscar - obwohl leicht fiebernd - tat es ihr gleich. Sein Fazit fiel wie folgt aus: "Im Kino ist es ganz duuuuunkel. Und heeeeell." Die Eltern finden, dass damit alles gesagt ist. Die Leinwand konnte man jedenfalls mit Fug und Recht als "hell" bezeichnen. Selten war derart viel Rosa zu sehen.

Zwei Tage später ging es für Ella und Oscar zum Zahnarzt. Kinderzahnärzte verfolgen in den ersten Behandlungen ihrer Patienten nur ein Ziel, nämlich das der Heuchelei. In perfidester Art gaukeln sie den völlig zu Unrecht begeisterten Kindern vor, wie lustig es beim Zahnarzt ist. Die Ärztin von Ella und Oscar war eine Meisterin dieses Faches. Oscar jedenfalls hat in seinem Gehirn die Worte Zahnarzt ganz eng mit einem lustigen Gedicht über Busfahrer, einer tollen Taschenlampe für den Mund und einem Geschenk in Form eines Plastiktieres verknüpft. Nach und nach wird die Ärztin in den nächsten Jahren ihre wahren Absichten in Form von Arbeiten am offenen Zahnnerv in dieses verlogene Schauspiel einflechten. Es ist das Vorgehen eines Demagogen. Und dennoch oder vielleicht deshalb verließ die Familie den Zahnarzt als hätte man gerade einen gelungenen Zirkusbesuch hinter sich.

Dies musste nachgereicht werden. Nun zur aktuellen Woche:
Diese war geprägt von einem Besuch aus Brüssel. David und Dalia, beide ein Jahr jünger als unsere Zusammenstellung, husteten sich durch Berlin und mindestens Ellas und Oscars Papa hat diese belgischen Keime gierig aufgenommen. Fast sicher scheint, dass in der nächsten Woche einige Familienmitglieder folgen werden. Euphemistisch könnte man von "gelebter europäischer Idee" sprechen. Mit den Belgiern ging es ins Technikmuseum, wo Lokomotiven bestaunt und Knöpfe gedrückt werden können. Dann gab es Sight-Seeing im Herzen der Stadt. Ella und Oscar nahmen erstmals in ihrem Leben Kontakt mit dem dunkelsten Kapitel ihrer Heimat auf, indem sie laut lachend und jubelnd durchs Holocaust-Mahnmal rannten. Schließlich - auf dem Potsdamer Platz - fielen Mama die Zähne aus dem Mund.

Abschließend zwei schöne O-Töne der Kinder:
1) Am Frühstückstisch. Ella übt wie in jeder Lebenslage auch hier das autodidaktische Lesen. Sie versucht, die Informationen der Milchpackung zu erschließen. Oscar simuliert das Gleiche. Ella: "Du kannst nicht lesen". Oscar: "Doch." Ella (die Milchpackung reichend): "Gut. Dann lies das!", Oscar (improvisierend): "Bruda Jakob!". Könnte ja stimmen...

2) Papa (lehrreich): "Bienen sind die einzigen Tiere, die Honig machen können."
Ella: "Und Schweine sind die einzigen Tiere, die Schweinefleisch machen können."

Sonntag, 16. Oktober 2011

Oma und der Aus-Knopf

Als wir in der letzten Woche prophezeiten, dass Unfälle ins Haus stünden, da meinten wir eigentlich Oscar und seine Vorliebe für halsbrecherische Schlafplätze wie Flure, Türschwellen und andere dunkle und halbdunkle Orte, an denen man nicht unbedingt schlafende Kinder vermutet.

Da Oscar aber einfach nicht verunfallen wollte, sieht man mal von seinen täglichen Stürzen und Verbeulungen ab, sprang seine Mutter ein, um die Ehre der Blog-Prophezeiung zu retten. So fuhr sie im Regen durch Mitte mit dem Fahrrad, was nur macht, wer es wirklich wissen will. Und so hießen die Zutaten für Mama an diesem Tage Linksabbieger, Asphalt, halbe Zähne, Blut und Notaufnahme.

Nun begab es sich, dass Oscar zuvor leicht fieberte. Ein in Aussicht gestellter Tag zu Hause mit dem ferienbedingt ebenfalls zu Hause weilenden Vater ließ Oscars Temperatur dann gleich noch auf gefährliche 37,1° klettern, sodass alle Beteiligten sich einig waren, dass der Junge besser daheim bleibt. Dann aber verunfallte die Mama.
Als Oscar berichtet wurde, dass seine Mama im Krankenhaus liegt, da schmiss sich das eben noch glückliche Kind aufs Sofa und weinte.

Auf dem Weg ins Krankenhaus freundete sich der Knirps allerdings damit an, demnächst ein echtes Krankenhaus betreten zu dürfen und als dann auch noch ein blinkender Krankenwagen vor dem Portal stand, da war zunächst wieder alles ganz gut.

Dann aber war da ja noch Mama. Liegend im Krankenhaus-Hemd und mit deutlich sichtbarem Mund-Aua. Oscars Reaktion war seltsam. Er weigerte sich, in der Patientin seine Mutter zu erkennen, was die allgemeine Heiterkeit, die ohnehin gerade fort war, nicht zurückzuholen vermochte. "Meine Mutter heißt Bianca!", schluchzte Oscar durch die Krankenhausgänge, deutete dabei auf die Mund-Aua-Patientin und schüttelte heftig den Kopf. Eine Szene wie aus einer doofen Krankenhausserie...

Oma kam und fand für Oscar, der sich in einer kitschigen Folge "Emergency Room" zu befinden schien, den Aus-Knopf. Sie schnappte sich das irritierte Kleinkind. Und so nahm der Tag für den Wicht eine satte 180°-Wende, denn statt einer Mutter mit Schorf und halben Zähnen gab es nun eine unverletzte Oma, ein Kindermuseum und ein Magnum-Eis mitten in der vollbesetzten Tram, was nun wiederum bei der für die Sauberkeit der Tram irgendwie zuständige Oma für Schweißausbrüche sorgte.

Dennoch: Die nächsten Tage war spürbar, dass einige in der Familie am kaputten Muttermund (wir bringen dieses Wortspiel erst das zweite Mal in über fünf Blog-Jahren) noch zu knabbern hatten. Im übertragenen Sinne...

Oscar war hochsensibel, die Mutter nicht eben hochgradig ausgeglichen und Ella zeigt seit heute auch ein sich in Richtung Anhänglichkeit veränderndes Verhalten. Der einzig Normale hier ist demnach der Vater, der diese Zeilen tippt. Und dann sind die Ferien auch noch zu Ende. Bonjour Tristesse.

Falsch: Tristesse kommt nicht auf, denn hier passieren auch immer tolle Dinge. Oscar ist zum Beispiel vorhin in der Kita während des Essens eingeschlafen und dabei kopfüber in die Tomatensoße gefallen. Solch grandiose Geschichten schreibt nur das Leben. Und als die Mutter hier letztens durch die Wohnung stapfte, weil man durch eine von Spielzeug bedeckte Wohnung nicht geht, sondern eben stapft, da sprach sie naheliegender Weise irgendetwas von "Chaos". Und wer kam dann um die Ecke geflitzt? Richtig. Der Herr des Chaos. Und der schrie: "Ich heiß nich Chaos. Ich heiß Oscar!!!"

Diese Woche, die so viel Blödes im Gepäck hatte, stand allerdings auch im Zeichen des Flüsterbetons. Der wurde nämlich zwischen Montag und Freitag hier auf unserer Straße verlegt, was nicht ohne großes Gerät und viel Gebrumm vonstatten ging. Das Spektakel war jedenfalls groß genug, als dass Ella und Oscar mit einer Schale Popcorn auf dem Bürgersteig standen und sich den Tanz der Dampfwalzen ansahen. Dass die Straße vorher weg gemacht wurde, so richtig weg, das fand zumindest Oscar auch sehr beeindruckend. Straße weg. Mamas Zähne teilweise weg. Straße wieder da. Die Woche hatte Höhen und Tiefen. Und in etwa 2 Wochen sind Mamas Zähne dann auch zurück. Und bei all dem haben wir hier jetzt Flüsterbeton. Als würde der Lärm hier von den Autos kommen...

Zum Schluss nur Gutes und für den schadenfrohen und sich am Leid anderer labenden Blog-Leser Langweiliges: Ella lernt derzeit mehr oder weniger autodidaktisch lesen und schreiben. Den Taschenrechner kann sie auch schon wunderbar bedienen und die Uhr meist erfolgreich lesen. Und dass Ella auf der Wii super kegeln und rutschen kann, wollen wir nicht verheimlichen, auch wenn die Mutter dies lieber nicht in die weite Welt hinausposaunt gewusst hätte.

Sonntag, 9. Oktober 2011

Fluoreszierende Schlafanzüge

Diese seltsamen Teile, auf denen sich manche Kinder in schwindelerregender Höhe im Park am Gleisdreieck drehten, sind abgebaut. Im letzten Blog berichteten wir davon, dass auch unsere Tochter jene Höllengeräte erklomm, und so sind wir froh, dass ihr diese Möglichkeit des "Kicks" nun genommen ist. Wir sind fast sicher, dass es Unfälle gegeben haben muss, vermutlich mehrere und vermutlich tödliche. Jetzt sind die Dinger abgebaut und der Parkbesuch ohne Herzklopfen ist theoretisch möglich.

Schließlich lauern zu Hause schon genug Gefahren. Es ist nicht schwer, für die nächsten Wochen einen konkreten Unfall zu prophezeien. Das Unfallopfer wird Oscar sein, denn Oscar hat der langen Liste an dümmlichen Einschlafritualen, die wir hier seit fünfeinhalb Jahren im Hause so beobachten, ein weiteres wirklich strohdummes Ritual hinzugefügt.

Oscar schläft seit ein paar Tagen nämlich nicht mehr in Betten ein, sondern auf dem Boden. So ganz genau wissen wir nicht, warum unser Sohn so verfährt, aber er ist sich seiner Wahl des Schlafplatzes sehr bewusst. Fremde mögen sich vielleicht wundern über Dialoge wie diesen: "Oscar, möchstest du heute im Bett oder auf dem Boden schlafen?" - "Auf dem Boden." - Für uns hier ist es nun schon Normalität geworden, dass Oscar zunächst einmal auf dem nackten Boden liegt und später dann von uns in sein Bett getragen wird.

Wir sprachen eingangs von Unfallgefahr. Nun, man denke sich einen dunklen Flur. Er verbindet beispielsweise das Kinderzimmer mit dem Wohnzimmer. Wer nun aus irgendwelchen Gründen von dem einen in das andere Zimmer gelangen möchte, der hat also diesen Flur zu durchschreiten. Hier kann es passieren, dass sich im Dunkeln, irgendwo auf dem Boden, ein Mensch befindet. Ein schlafender Mensch, auf den man schnell auch mal drauftreten kann. Vielleicht sollten wir Oscar aus diesen Gründen fluoreszierende Schlafanzüge anziehen, damit man ihn an seinen absurden Schlafplätzen erkennt. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, dass Oscar künftig einfach in Betten schläft. Davon ist er derzeit aber meilenweit entfernt.

Ella dagegen schafft es in letzter Zeit zunehmend besser, sich ohne elterliche Animation zu beschäftigen. Schön auch, dass Oscar ins Spiel integriert wird. Und so spielten die beiden das, was alle Kinder so gerne spielen - nämlich "Vater, Mutter, Kind", allerdings in etwas abgewandelter Form.
Ella erläuterte uns mitten im Spiel, worum es in ihrer fiktiven Familie gerade geht. Vorweg: Es handelt sich um recht große Problemfelder.
Ella spielte die Mutter, das war klar. Auf dem Arm hielt sie eine Puppe. "Das ist das Baby", erklärte Ella. "Wir haben es letzte Nach leider draußen vor der Tür vergessen und jetzt hat es Schnupfen, Husten und beide Arme und beide Beine gebrochen", erläuterte sie durchaus fröhlich. Oscar stand daneben und hatte auch eine Rolle. Welche eigentlich? "Oscar ist das Kind", sagte Ella. "Und wer ist der Vater?", fragten wir. "Der ist gestorben", sagte Ella freundlich und zog alleinerziehend mit ihrem Kind und mit ihrem Baby, das eine furchtbare Nacht durchlebt haben muss, von dannen.

Unser Sohn signalisierte dann am heutigen Sonntag so ab Mittag, dass das alles ein bisschen viel war an diesem Wochenende. Am Freitag kam vormittags Oma Münster vorbei, am Nachmittag ging es zu Oma Berlin. Am Samstag kamen aus Dresden Carla und Curt und die fuhren auch erst am Sonntag wieder nach Hause. Curt ist eineinhalb und neigt - ähnlich wie Oscar - zum Disput, weshalb hier häufiger als sonst die Fetzen flogen. Ein nachmittäglicher Spaziergang sollte Abkühlung bringen.

Oscar konnte zu diesem Zeitpunkt aber nur noch zwei Dinge: hysterisch Kichern und hysterisch Schreien, weshalb auch andere Familien auf uns aufmerksam wurden und ihren ungläubigen Kindern erzählten, dass diese früher einmal ganz genau so gewesen sind. Diese Kinder starrten indes fassungslos auf den sich am Boden windenden Oscar. Keine Stunde später schlief er dann. Auf der Türschwelle.

Sonntag, 2. Oktober 2011

Wenn sich der Magen erholt, hat der restliche Körper Stress

Dass Oscar mal wieder eine recht ordentliche und krankschreibungspflichtige Magen-Darm-Geschichte in die beginnende Woche brachte, steckte der kleine Knirps gewohnt routiniert weg. Oscar ist hart im Nehmen und dazu gehört eben auch, dass man kein großes Trara veranstaltet, wenn einem nachts übel wird.

Man liegt zwischen Mama und Papa ja perfekt für ein kurzes Erbrechen. Schnell in die Höhe geschraubt, zwischen die Häupter der Lieben erbrochen und weitergeschlafen, während Mama und Papa das Bett reinigen und mitten um zwei Uhr nachts kurz sogar lachen müssen, als sie exakt unter der Stelle, an der nun Oscars Erbrochenes durch das Laken auf die sündhaft teure Matratze zu suppen droht, ein Handtuch entdeckten. Richtig. Das hatten wir während Ellas Magengrippe dort hinuntergelegt.

Erkenntnis 1: Unsere Kinder kotzen immer auf die gleiche Stelle des Elternbettes (ist das nicht süß?)
Erkenntnis 2: Wir müssten das Laken häufiger wechseln. Die Magengrippen der Kinder treten ungefähr alle zwei Monate auf. Das ist ein zu langes Intervall.

Die Tage nach dieser nächtlichen Beiläufigkeit allerdings hinterließen Spuren bei unserem Sohn. Hier war sein routiniertes Erdulden von Leid und Unwohlsein an seine Grenzen geraten. Und diese Grenzen hießen Salzstangen, Laugengebäck und Tee.

Es ist nicht so, dass Oscar diese Dinge ablehnt. Häufig schon hat man es knauspern hören, wenn man Oscar und Salzstangen und Laugengebäck in einem Zimmer ablegte. Und dass Oscar alle trinkbaren Flüssigkeiten "Tee" nannte, ist auch noch nicht so lange her.
Das Problem war vielmehr, dass sich Oscars Nahrung auf exakt diese drei Komponenten zu beschränken hatte, denn sein kleiner Magen sollte sich mal so richtig erholen.

Und während der Magen dies tat und am Dienstag und Mittwoch immer entspannter wurde, hatte der Rest von Oscars Körper Stress. Oscar musste am Tisch bei jeder Mahlzeit erkennen, dass für ihn derzeit andere Gesetze gelten. Während famose Dinge in Ellas Mund verschwanden, wurde Oscar mit dem Hinweis "Du bist krank" Laugengebäck gereicht. Das fand er schon schlimm.
Krank sein, das hat Oscar gelernt, heißt einerseits zwar fernsehen und spielen mit Eltern und Oma im lustigen Wechsel. Krank sein heißt aber eben auch Laugengebäck.

Seit Donnerstag gilt Oscar gemeinhin wieder als gesund. Noch verarbeitet er aber die schwere Zeit, was sich zum Beispiel zeigt, wenn man ihn - wie geschehen - fragt, ob er sich denn Nudeln oder Würstchen zum Mittagessen wünsche. "Nudeln" schreit dann da der entsetzte Sohn und fügt mit fetter Unterstreichung hinzu "Ich bin nicht mehr krank!!!".

Überhaupt der Donnerstag... Oscar war wieder gesund und der Herbst schaltete noch einmal auf Sommer. Die Familie picknickte im neuen Park am Gleisdreieck und alles war gut. Oscar wollte Laufrad fahren und erhielt Instruktionen: Er möge, so die Mutter, über dessen Autorität diskutiert werden darf, doch nur bis zum Spielplatz dort fahren. Oscar verstand und fuhr los.

Und während Ella im Park schon recht große Runden auf dem Fahrrad drehte und dabei immer wieder zu ihren Eltern zurück fand, weil sie die Geometrie der Vierecke versteht und weiß, dass man - fährt man im Viereck - irgendwie wieder zum Ausgangspunkt zurückkehrt, während Ella also im Carree fuhr, fuhr Oscar mehr so linear. Und zwar am Spielplatz vorbei ohne diesen vereinbarten Endpunkt seiner Fahrt auch nur eines Blickes zu würdigen.

Die Eltern beobachteten und dachten nach. Irgendwann war man sich einig, dass man den Bengel zurückholen musste. Papa radelte barfuß hinterher, was wehtat, denn Papas Füße sind entgegen ihrem äußeren Anschein sehr sensible Körperteile, und sammelte seinen Sohn ein, nicht ohne ihm vorher die Leviten zu lesen. Als er mit dem niedergeschlagenen und übrigens auch weinenden Sohn zur Picknickdecke zurückkehrte, fanden die beiden Herren diese verwaist.

Wo waren Frau und Tochter? Die Frau winkte fröhlich. Über ihr, in etwa drei Metern Höhe, saß Ella auf einer seltsamen gebogenen Stange, die sich auch noch fürchterlich drehen konnte. Papa war stolz und ging auf seine akrobatische Tochter zu. Im Hintergrund weinte Oscar seiner enttäuschenden Radtour hinterher. Mama erkannte das und so gab es das, was in professionellen Fußballmannschaften und eingespielten Elternpaaren immer gut funktioniert: Mama übernahm Oscar und Papa Ella. Der professionelle Tausch.

Papa stand dann als alleiniger Erziehungsberechtigter unter der in drei Meter Höhe sich drehenden Tochter. Der Stolz verschwand. Die Angst kam.
"Ella, komm da runter", bellte der überforderte Vater, während weiter oben die Verhandlungen mit den Worten "Noch drei Runden" begannen. Papa schwitzte, wurde drängender und dann sah Ella endlich ein, dass sie dieses Höllengerät nur noch in Abwesenheit des Vaters besteigen kann.

Ella stieg ab. Papa war zufrieden. Man ging zurück zur Picknick-Decke, doch da: Oscar und Mama waren ja schon auf dem Weg zu Ella und Papa. Oscar wurde mütterlicherseits nämlich versprochen, dass er sich seine Akrobatenschwester mal aus der Nähe betrachten dürfe. Und dann das. Dann steigt die einfach ab. Oscar fiel auf der Stelle um und brüllte. Papa dachte verschiedene Dinge.

Und im Prinzip ging es dann auch so weiter. Oscar war in dieser Woche recht unausgeglichen. In Verbindung mit seiner Schwester, die - egal ob ausgeglichen oder unausgeglichen - immer zu Lautstärke neigt, hat die Familie in dieser Woche recht viel gelärmt. Am Wochenende waren wir in der Laubenkolonie. Etwa 24 Stunden beglückten wir die Nachbarschaft mit Gebrüll und Geschrei. Die Menschen sind verschieden.