Dienstag, 1. Mai 2012

Sommer auf dem Topf

An diesem Wochenende, das dank strategisch günstig liegendem Maifeiertag bis zum heutigen Dienstag ging, griffen Mama und Papa an Oscars Windel und zogen diese hinunter.

Großartig ist ein Kleingarten, wenn ein Kind aus den Windeln wachsen soll, denn bei hochsommerlichen Temperaturen konnten wir relativ stressfrei unseren Sohn "unten ohne" herumflitzen lassen. Die Vegetation ist schließlich imstande, so einiges an Fäkalien aufzunehmen und die darin enthaltenen Nährstoffe zur Produktion von leckeren Johannisbeeren oder Süßkirschen zu verwenden. Pflanzen sind ja so dankbar...

Oscar war allerdings nicht so sehr entspannt und dankbar wie die Pflanzen. Zwar ließ er sich die Windel ohne Protest abnehmen, doch zeigte er sich im Anschluss sehr verunsichert: "Ich muss kackern", rief der Kleine und sprang aufs Töpfchen. Dort saß er dann, ließ aber erst nach 30 Minuten seinen Worten Taten folgen.

Zwei Minuten genoss er daraufhin die Bewegungsfreiheit, ehe ihn ein neuerlicher Drang, beziehungsweise die Panik wieder aufs Töpfchen führte. Und so ging das Spielchen munter weiter. Oscar saß einen ganzen lieben Sommertag entweder auf dem Töpfchen oder auf der Toilette. Es war schrecklich langweilig für ihn. Um ihn herum spielten alle Nachbarskinder. Allein Oscar war gefangen in seiner übergroßen Vorsicht und seinem absoluten Bewusstsein, jetzt zu den Toilettengängern zu gehören.

Zum Stichwort "Großwerden" gehörte für Oscar in diesen Tagen noch, dass er auf eigenen Wunsch ein richtiges Fahrrad bestieg und mit diesem zum Park radeln wollte. Die Leichtigkeit, die dem Wort "radeln" inne wohnt, konnte Oscar dabei leider noch nicht so recht umsetzen.
Hin wurde sich in Tippelschritten fortbewegt und auf dem Rückweg ließ man das Fahrrad dann von einem eigens mitgelaufenen Elternteil tragen.

Für Ella hieß "Großwerden" an diesem Wochenende, dass sie vom Vater im Garten 3 Euro in die Hand gedrückt bekam. Sie solle doch mal gucken, ob die Gaststätte in der Kleingartenkolonie schon geöffnete hätte, ob es denn da auch Eis gäbe und ob sie und ihr Bruder eventuell Eis kaufen möchten.

Ella flitzte mit Geld und Bruder los. Papa beging unter dessen einen Denkfehler, als er über das Wechselgeld nachdachte, dass Ella - die keine Taschen im Kleid hat - ja auch noch irgendwie transportieren muss.
Es gab kein Wechselgeld.

Ella rannte stolz mit einem bescheidenen Orangen-Eis zu ihrem Papa zurück. Dahinter schritt Oscar durch die Gartentür. In der Hand hielt Oscar ein voluminöses Premium-Vanille-Eis von der Firma Mövenpick. Es schmeckte ihm.

Wie genau der Eis-Kauf verlief, wissen wir nicht. Hat ein profitsüchtiger Geldhai hinterm Eistresen unsere Kinder zu einem Eiskauf überredet, der bis an deren finanzielle Schmerzgrenze ging? Deutete Oscar sogleich auf das teuerste Eis der Karte, sodass Ella das billigste nehmen musste, damit das Geld überhaupt reicht? Wir wissen es nicht.

Am nächsten Tag erhielten die Kinder jedenfalls nur noch 2 Euro. Oscar wurden die Spielregeln diktiert. So ein Eis wie Ella hatte, das geht. So ein Premium-Dingsbums von Mövenpick mit Safranfäden und Blattgold-Eiswaffel, das geht erstmal nicht. Oscar nickte und kam artig mit einem Orangen-Eis zurück.

Oft schon haben wir Oscars beeindruckendes Talent zum Slapstick erwähnt. Zwei Einlagen lieferte Oscar, als wir irgendwann am langen Gartenwochenende den benachbarten Kleingärtner Luis und die Kleinstgärtnerin Luzie mitsamt Eltern besuchten.

Dort war auch alles sehr schön. Kleingarten halt. Als Oscar aber zu beobachten meinte, dass die Gespräche der Erwachsenen an Fahrt verloren, da griff er zur Slapstick-Keule. Billigster Hallervorden wurde nun bemüht.

Zunächst lief Oscar auf uns zu, rief "Wo is der Ball?", trat beim letzten Wort versehentlich auf den gesuchten Gegenstand, rutschte aus und fiel ins Gras. Das alles übrigens immer noch "unten ohne".

Später wurde Oscar erneut auf die Suche geschickt. Papa war es, der ihn fragte: "Oscar, hast du denn schon das Klettergerüst gesehen?"
Oscar latschte nun davon, drehte sich klug lächelnd um und sprach "Ich weiß, wo das is". Beim Sprechen dieser Worte lief Oscar weiter, guckte aber - wie gesagt - nach hinten.
Seine Füße guckten aber weiterhin nach vorne und näherten sich einem von kleinen Holzpfählen umgebenen Blumenbeet.

Wir spulen noch einmal eine Sekunde zurück. Oscar latscht nun auf dieses Beet zu, guckt zurück und sagt "Ich weiß, wo das is". Mit dem letzten Wort - vielleicht wäre danach sogar noch das fehlende "t" gekommen - stürzte Oscar über die Pfähle und verschwand komplett im Blumenbeet.
Große Heiterkeit am Tisch der Erwachsenen. Einziger Wermutstropfen: Oscar tat seine Einlage zur Aufheiterung dann doch weh. Tränen taten dies kund.

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