Dienstag, 29. Mai 2012

Liebe T-Shirts kaufen

Scrollt man durch die Bilder dieses Blog-Eintrags, so wird man nicht eines finden, das einen weinenden Jungen zeigt, was unseren Blog zu einem nicht sonderlich repräsentativen Text für diese Woche macht. Oscar nämlich weinte teilweise stundenlang. Hier und da war es mehr ein Brüllen, dann wieder ein Wimmern, unterm Strich aber meist ein Weinen.

Schlimm war es im Supermarkt. Die Familie marschierte mit dem Ziel "Großeinkauf" relativ zielstrebig hinein. Noch nahm man dabei den kleinen Herrn nicht so ganz für voll, der irgendwas von einer Krokodil-Mütze erzählte und dabei schluchzte.

Es war wohl so, dass Oscar kurz vor dem Verlassen der Wohnung noch selbige Mütze trug, diese dann abnahm und sich plötzlich ohne Mütze auf dem Weg zum Supermarkt wiederfand. Oscar weinte. Im Supermarkt schrie er dann, und zwar die gesamte Einkaufszeit und da es sich tatsächlich um einen Großeinkauf handelte, wurde der hiesige Supermarkt für rund 35 Minuten von unserem Sohn niedergebrüllt und um es ganz ehrlich zu sagen: Der Supermarkt hier hat das durchaus mal verdient. Es ist ein gottloser Ort.

A propos Gott. Als wir unseren Großeinkauf in Beutel und Rucksäcke zu stopften versuchten, neben uns den mittlerweile fix und fertigen Oscar, der das Wort "Krokodil-Käppi" immer noch in sein Brüllen und Heulen integrierte, da kam eine recht betagte Dame auf uns zu. Es war zunächst schwer abzusehen, ob sie in guter oder böser Absicht kam. Sie murmelte Oscar und uns Dinge zu, die aber vollständig von Oscars Argumentation bezüglich der Krokodil-Mütze überlagert wurden und demzufolge unverstanden blieben.

Dann, als Oscar irgendwie mal Luft holen musste, war die Dame plötzlich zu verstehen. Sie sagte in etwa folgende, für uns Eltern sehr lehrreiche Worte: "Es ist ja auch kein Wunder, dass dieses Kind so schlecht gestimmt ist. Es hat ja auch ein furchtbares T-Shirt an." Die Dame verschwand in den Gedärmen des Supermarktes.

Oscar und seine Eltern guckten nun auf sein T-Shirt. Es handelte sich um das St.Pauli-Shirt, das ihm seine Mama vom Bibliothekartag in Hamburg mitbrachte. "Oscar darf St.Pauli-Fan sein. Er ist schließlich gebürtiger Hamburger und demzufolge kein Modefan aus dem nicht-hanseatischen Raum", sprach die Mutter, als sie ihrem Sohn das schwarze Shirt überstülpte. Oscar war sofort hellauf begeistert.

Das T-Shirt zeigt den Totenkopf der Piratenflagge, darunter der Schriftzug "St.Pauli" - Dass es sich um einen Fußballverein handelt, hat Oscar schnell kapiert und die Schnittmenge aus Piraten und Fußball binnen Sekunden in sein Herz geschlossen. Nun aber wieder zu der alten Dame im Supermarkt. War sie etwa HSV-Fan?

Nein. Die Dame fand wohl den Totenkopf irgendwie doof. "Ein furchtbares T-Shirt", sagte sie zu Oscar, der doch so stolz auf sein Kleidungsstück war. Papa aber notierte in Gedanken: "Liebe T-Shirts kaufen. Dann schreien die Kinder eventuell nicht mehr." Vielleicht läuft Oscar demnächst in T-Shirts mit Marienkäfern herum und ist sehr ausgeglichen.

Momentan aber zelebriert er lieber sein Trockenwerden. Dass er Jubelstürme und Lob erntet, wenn er - wie zuletzt immer regelmäßiger - vorher Bescheid sagt und dann auf die Toilette geht, hat er nun verinnerlicht. Das Klo, so denkt Oscar, ist ein Ort, an dem man zeigen kann, wie groß man schon ist. Und dann kann es halt auch mal passieren, dass Oscar nach dem selbstständigen Spülen noch ein wenig im Bad verharrt. Nach 10 Minuten kam ein Elternteil mal gucken und fand den Sohn in der Pose des Maitre de Cuisine mit der Klobürste in der Schüssel rühren. Wohlgemerkt nach dem kleinen Geschäft.

Das Elternteil sprach dann aber kein abermaliges Lob aus, sondern äußerte leichte Verwunderung über Oscars Verhalten. Dieser erklärte sich: "Wieso? Ich mach doch nur sauber!".

Und Ella? Ella ist in einer ganz anderen Phase. Ella tanzt auf dem Karneval der Kulturen mit Geistern, die ihr früher noch schlaflose Semester beschert hätten. Und wenn sie aus dem Bus aussteigt, kann es vorkommen, dass sie zum Fahrer sagt: "Tschüss, es war sehr schön in Ihrem Bus".

Nach dem Karneval durfte sie im Garten zelten. Als Beistand wählte sie Papa und Oscar. Die Familie war begeistert. Man munkelt, vor allem die Mutter, die alleine in der Gartenlaube nächtigte...


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