Sonntag, 13. Mai 2012

Vor unserem geistigen Auge ist es nicht grün und nicht rosa. Die Kinder aber weinen.

Das Thema "Umzug" schiebt sich immer mehr in unser Leben. Da gibt es diejenigen in unserer Familie, die derzeit eher sorgenvoll dem Ereignis entgegenblicken wie die Mama, die Arbeiten und Probleme auf uns zukommen sieht, die für den Vater glücklicherweise derzeit noch unsichtbar sind. Und auch Ella hat ihre Momente, in denen sie unter Schluchzen erläutert, dass sie eigentlich überhaupt nicht umziehen will. Der Prä-Umzugs-Blues trägt hier also ganz klar weibliche Züge. Oscar und Papa gehen da nämlich weitaus pragmatischer heran.

So ist Oscar - wie wir nun herausgefunden haben - der festen Überzeugung, dass das künftige Badezimmer hellgrün sein wird. Er freut sich allem Anschein nach sogar darauf. Schlecht daran ist, dass wir Oscars Farbvorstellung der Nasszelle nicht teilen und auch keine Ahnung haben, woher Oscar diese Information bezieht.
Wir sehen das enttäuschte, möglicherweise weinende Kind bereits im nicht-grünen Badezimmer stehen.

Und wo wir schon beim Thema farbige Räume sind. Ella flüsterte ihrer Oma folgendes ins Ohr: "Papa sagt, man kommt in eine Phase, in der man Rosa nicht mehr mag" - dieses für ein fünfjähriges Mädchen äußerst reife Zitat spielt auf einen Konflikt an, den viel weniger der - wir sagten es bereits - pragmatische Vater mit seiner Tochter ausficht als die besorgte Mutter. Rosa jedenfalls solle das Kinderzimmer der Tochter nicht werden. Es gibt keinen rosa Stuhl und keine rosa Wand.
Unser geistiges Auge ergänzt zu dem im Badezimmer weinenden Sohn die im Kinderzimmer weinende Tochter.

Der heimliche Höhepunkt dieser Woche stammt aber vom Freitag. Papa guckte müde. Ella machte deshalb Kaffee. Vielleicht hat Papa sie darum auch gebeten, das weiß er aber nicht mehr, weil er zum fraglichen Zeitpunkt zu müde war um sich das zu merken.
Ella jedenfalls werkelte anschließend in der Küche herum und wir sagen es hier ganz deutlich: Ella macht ausgezeichneten Kaffee. Ihre Mama sagt jedenfalls, Ellas Kaffee sei besser als Papas und ihr Papa sagt, Ellas Kaffee sei besser als Mamas. Schlecht ist das also nicht, was sie da zusammenmixt.

In Oscar keimte in dieser Minute, in der Ella Kaffeepulver in den Filter füllte, der Gedanke auf, dass er eigentlich auch schon groß genug ist, um seinem Vater mal einen Kaffee zu kredenzen.
Oscar verwendete allerdings nicht das Verb "kredenzen", sondern rannte "Ich mach Papa auch einen Kaffee" schreiend durch die Wohnung. Papa lächelte und war zu müde, über das Gehörte weiter nachzudenken.
Wenige Sekunden später war Oscar aber schon fertig mit Kaffeemachen. Das ist schon mal interessant, dachte Papa, dass Oscar da eine Methode der Zubereitung entdeckt hat, die so schnell ist, dass er Ella bei der Produktion des Heißgetränks überholen kann.

Stolz rammte Oscar seinen "Kaffee" - ja, wir setzen das jetzt mal in Anführungszeichen - dem Vater auf den Tisch. Die Frage nach der Zubereitungsart war nach einem Blick in die Tasse zwingend notwendig.
Er habe, so Oscar, eine Tasse voll mit Milch [kalte, der Verf.] gegossen und anschließend Kaffeepulver [geschätzte 300 g, der Verf.] hineingeschüttet. Schließlich habe er kräftig umgerührt.
Das Ergebnis war breiig, kalt und allein aufgrund des erstaunlichen Anblicks mindestens ebenso stimulierend wie herkömmlicher Kaffee, insofern hat Oscar da tatsächlich ein sinnstiftendes Werk getan.

Artig bedankte sich der Vater und kippte die viskose Masse ohne Oscars Wissen danach ins Klo. Danach trank er Ellas gewohnt vollmundigen Kaffee.

Im Übrigen bekam Ella Post. Die Grundschule schrieb, dass nun alles klar sei mit der Einschulung und so. Es nahm ironische Züge an, dass Ella diesen Brief nahezu fließend vorlas. Ella las von Schnupperunterricht, Einschulung und Elternabend. Muss dieses Kind überhaupt noch in die Schule? Oscar jedenfalls wollte auch noch etwas zum Thema beitragen. Er hüpfte durch die Wohnung und schrie "Und schon ist der Unterricht geendet." Ein schöner Satz.

Ella äußerte aber auch noch einen schönen Satz. Sie spielte Radio. Haute man auf ihren Kopf, ging sie an und plapperte pausenlos. Haute man noch einmal auf den Kopf, ging sie wieder aus.
Vor allem das Ausschalten fanden Mama und Papa richtig gut, aber das Radio beschwerte sich meistens schon nach 20 Sekunden des Schweigens über den Aus-Zustand.

Diesen Aus-Zustand findet Ella ja ohnehin immer total furchtbar, also bat sie auf offener Straße ihre Eltern darum, ihr doch wieder auf den Kopf zu hauen. Papa tat wie ihm geheißen. Radio-Ella ging wieder an. Es lief gerade der Verkehrsfunk: "Hier sind die Stau-Nachrichten", tönte es aus dem Munde unserer Tochter, während wir durch Kreuzberg schlenderten. "Ein Lkw auf der Autobahn 2 hat sich verfahren. Es gibt heute kein Brot." Genau diese ganz konkreten und teilweise so furchtbaren Folgen eines Verkehrschaos sollten die Staunachrichten im echten Radio mal in den Fokus der Berichterstattung setzen. Kein Brot. Der Lkw hat den Supermarkt nicht gefunden...

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