Montag, 30. Mai 2011

Dieses Winden und Gleiten... Und dieses Sprechen...

Oscar wurde erläutert, was das Wochenende bringen würde. Am Schluss hatte er alles begriffen und konnte selber berichten: "Aua tut tut tuff", sprach Oscar und alle verstanden ihn, weil Oscar seinem Umfeld seit Monaten oscisch beibringt.

"Aua tut tut tuff" heißt selbstverständlich "Roter Zug" und in diesem fuhr Oscar mit Familie am Samstag durch drei Bundesländer.

Zuvor war Ben da, der - nachdem ihn schon Ella vergöttert - nun auch Oscars Herz erobert. "Bemmm gooß", weiß Oscar dann stolz zu berichten, wenn es um seinen großen Ben geht. Als am Abend dann die Kinder schliefen, Bemm aber immer noch auf dem Sofa saß, da wurde es bierselig.

Hier und da wurde gescherzt und am Schluss freute man sich über einen konstruierten Spaß. Man müsse Oscar ein Foto zeigen, so der Spaß, auf welchem eine rote Feuerwehrbahn, eine Art Löschzug auf Schienen, zu sehen ist. Zusätzlich müsste auf diesem Gefährt ein Hund sitzen. Dieses komplizierte Arrangement hieße auf oscisch dann: "Da! Aua titataaaa tut tut tuff wau wau wauf" und alle würden ihn verstehen.

Es ist aber nicht richtig, über Oscars leicht hinterherhinkendes Sprachfeeling zu lachen, denn Oscar macht große Fortschritte. So kann er zum Beispiel "Eiswürfel" sagen. Hochkonzentriert presst er es hinaus: "Eis [Pause] Föföl". Und wie lautet die goldene Regel des Spracherwerbs? Wer "Eiswürfel" sagen kann, der kann sprechen.

Ella spricht ja nun auch. Und da sie sich momentan nicht in der niedlichsten Phase ihres Lebens befindet, wird sie beim Sprechen auch mal ungehalten. Zum Beispiel, wenn man ihren minutenlangen Monologen nicht mehr recht folgen mag und sich infolgedessen mit anderen Dingen befasst, zum Beispiel dem Frühstück. So erzählte in dieser Woche Ella am Früstückstisch von Zuckerrüben. Das allein ist ja schon kurios.

Nun verhielt es sich aber so, dass das, was Ella uns über Zuckerrüben zu sagen hatte, die kleine Sprecherin in furchtbarste Syntaxumwege und -sackgassen brachte. Mama und Papa hörten dem immer kruder werdenden Zuckerrübensatz bei der dritten Partizipialkonstruktion und dem wahrscheinlich achtzehnten Komma nicht mehr so recht zu und begannen selbst ein Gespräch, im Übrigen verhältnismäßig klar und stringent geführt, während Ella noch immer im Zuckerrübensatz gefangen war und Worte aneinanderreihte.

Irgendwann brach Ella in Tränen aus, sank vom Stuhl und kauerte weinend auf dem Boden. Dies ist Ellas Art, Missfallen über verschiedene Situationen zu äußern. Mama und Papa mussten versprechen, genau zuzuhören. Das taten sie dann auch und dann sagte Ella einen Satz von ungeahnter Klarheit: "In Zuckerrübensirup sind Zuckerrüben drin". Mama und Papa verstanden.

Doch zurück zum roten Zug (oscisch: "aua tut tut tuff"). Dieser fuhr an die Müritz, wo sich derzeit Oma befindet, um sich vom Alltag zu erholen.
Der Alltag aber brach dann in Form von Ella und Oscar über Oma herein. Die Kulisse bildete ein Hafenfest mitsamt Fahrgeschäften und anderen Attraktionen, die Ella und Oscar immer wilder werden ließen. Zum Schluss war das Gesicht der Oma, das uns am Mittag zur Begrüßung so erholt erschien, schon wieder vom Leben gezeichnet. Oscar rutschte derweil an Omas Hand die Fahrradschiene neben der Treppe herunter, während sich Ella an der anderen großmütterlichen Hand windete und wand.

Es ist tatsächlich so: Ellas Grundzustand ist derzeit das Winden. Und wenn Oscar in manchen Momenten sich dieses Verhalten abguckt, dann fühlt es sich mit unseren Kindern an, als sei man in ein Schlangengehege gestiegen. Geschmeidig gleiten die Kinder an Beinen und Armen entlang, man muss nur die Arme weit ausbreiten und kann sich sicher sein, dass an beiden Armen sofort ein Kind baumeln wird. Es hat sich dann heraufgewunden. Wir können es nicht besser beschreiben, dieses Gleiten und Winden.

Das Wochenende endete mit Tristans Geburtstagsfeier. Beide, Ella und Oscar, waren eingeladen, was für Oscar einerseits große Gnade bedeutete, denn er ist weit entfernt von Tristans biblischem Alter. Andererseits aber wurde tags zuvor Ella aus disziplinarischen Gründen der Besuch von Tristans Feier zunächst verboten.

Oscar verstand. Er, der Kita-Wicht, das Maskottchen des Kinderladens, wird also zu Tristans Geburtstag gehen, während Ella zu Hause bleibt. Oscar, der zuvor erst zwei Minuten Kindergeburtstag erlebt hat, fand das nicht schlecht. "Ella nich da!", erzählte er.

Als das Verbot dann aufgehoben wurde, weil Ella eher inkonsequente Eltern ihr Eigen nennt, war Oscar sauer.
"Oscar. Ist es nicht toll, dass Ella auch mitgeht?", fragten wir ihn. "Neee. Ella nich da!", antwortete der unsympathische Sohn und Bruder.

"Ella nich da" ist ein gutes Motto zum Schluss, denn Ella ist heute mit dem Kinderladen auf große dreitägige Reise gegangen. Wir sind gespannt, was es danach zu erzählen gibt. Ellas Urteil wird vermutlich "gutt" lauten.

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