Montag, 6. Mai 2013

Kunstrasen

Bis zum Samstagabend gegen 20:00 war es eine recht normale Woche. Scrollt man durch die Bilder des heutigen Eintrages, so findet man wenig Anlass, vor Aufregung vom Stuhl zu fallen, sieht man einmal davon ab, dass Oscar auf dem letzten Bild in einer silbernen Kapsel zu befinden scheint. Wohin wird ihn diese Kapsel wohl geschossen haben? Nun, da muss sich der Leser noch ein paar Absätze lang gedulden. Aber diese Absätze - soviel sei zart angedeutet - haben es heute in sich.

Zunächst aber noch der Blick auf die wenig erstaunlichen Fotos. Ja, es ist Gartensaison. Man isst Cornflakes mitten auf der schönen Wiese, man spielt Brettspiele ungeahnter Qualität, man spielt mit Autos im Pavillon, in welchem seit kurzen Kunstrasen liegt (man merke sich dies, denn wir werden auf jenen Kunstrasen noch in dramatisch zugespitzter Art zurückkommen) und dazwischen - dies wollen auch die Fotos nicht verschweigen - liegt man frisch gebadet und total fertig auch mal in Kreuzberg auf dem Sofa und guckt Kinderkanal. Wicky hat Abenteuer zu bestehen.

Nun aber nähern wir uns langsam dem unrühmlichen Ende der Gartenwochenend-Idylle. Wir spulen mal ein wenig zurück und lassen die Mutter in den Baumarkt fahren. Dort ersteht sie 16 m² Kunstrasen. Diese - wir spulen vor - werden am Samstagvormittag von ihr und ihrem Gatten semi-professionell im Pavillon verlegt. Intakter Kunstrasen ist nicht schöner, aber praktischer als morsche und kaputte Holzlatten. Und er ist noch so schön sauber, der Kunstrasen, der soeben frisch verlegt wurde.

Am Abend kommt Besuch. Man grillt gemeinsam. Der Besuch hat auch zwei Kinder dabei. Die Erwachsenen sitzen im Pavillon auf dem immer noch schön sauberen Kunstrasen, während sich Oscar, Ella und Gastkind Maria im Wettrennen messen. Von der Terrasse geht es bis zur Hecke und wieder zurück. Immer verliert Oscar. Und dann kommt die Sekunde, in der das idyllische Wochenende endet: Ella stolpert über die Terrassenstufe und taucht völlig losgelöst von jeder Bodenhaftung mit dem Kopf voran in die Holzbank hinein und schlägt kurz darauf mit dem eben schon arg gebeutelten Kopf auf den Holzlatten der Terrasse auf. Ella schreit.

Mama und Papa trösteten und umsorgten Ella routiniert, mussten aber schließlich feststellen, dass Ella sich nicht so recht wiederherstellen ließ. Wir ließen Ella entscheiden, ob Handlungsbedarf besteht. Das Spiel hieß: Wenn Ella bricht, geht's rubbeldiekatz ins Krankenhaus.

Ein paar Minuten später, und hier kommt der Kunstrasen ins Spiel, erbrach Ella eindrucksvoll auf den Kunstrasen. Fette Flatschen verkündeten: "Ab ins Krankenhaus" - Später sollte sich Ella an ihren Bruch gar nicht mehr erinnern.

Der Taxifahrer reichte eine Decke. Die könne vollgekotzt werden, sie sei sehr billig gewesen. Ella tat wie ihr befohlen. Papa zahlte dem wackeren Taxifahrer sensationelle 25% Trinkgeld.
Im Krankenhaus checkten Ella und Papa dann ein und buchten zwei Tage all-inclusive.

Nun lassen wir das detailverliebte Geschwafel und drücken aufs Tempo: Ella durchlebte die typischen Phasen des Krankenhausaufenthaltes vom ersten Weinen und "Ich will hier nicht bleiben"-Winseln über das Akzeptieren bis hin zur bedingungslosen Liebe zu den Krankenschwestern. Besonders Schwester Maria hatte es schnell in Ellas Herz geschafft, fragte sie doch am Morgen, wie Ella denn zu frühstücken gedenke. Ella musste nur nicken oder den Kopf schütteln - am Schluss hatte sie ein fürstliches Frühstück mit Wiener Wurst, Ei, Obst und anderen Großartigkeiten auf dem Tisch.

Der Wendepunkt zum Guten war übrigens exakt die Sekunde, als Schwester Maria fragte, ob denn Leberwurst ein akzeptabler Belag wäre. Ellas Augen wurden groß. Sie staunte. Leberwurst? Der weltbeste Brotbelag hier im Krankenhaus?
Am Schluss wollte Ella nicht mehr nach Hause (-> Stockholm-Syndrom), musste aber, denn ihre Gehirnerschütterung war im Nachhinein betrachtet zum Gähnen unspektakulär, sodass wir uns für einen Absatz noch dem Bruder Oscar in seiner sonderbaren silbernen Kapsel widmen können.

Am heutigen Montag nämlich fuhr ein Kleinbus vor und lud einen Haufen Kita-Kinder ein. Ziel Ollendorf, der gute alte Bauernhof, den Ella früher immer besuchte. Nun ist Oscar dran. Koffer gepackt. Rein in den Bus. Erste Reihe, direkt neben den größten Knallköpfen der ganzen Gruppe. Gute Fahrt, Oscar.

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