Sonntag, 6. Januar 2013

Rentner-Deutsch


Die Floskel "Das kann doch alles gar nicht wahr sein...", Erkennungsmerkmal der Alten und Weisen, haben nun auch unsere Kinder in ihrem Repertoire. Oscar hörten wir jüngst den altklugen Fluch beim Anziehen seiner Nachtwindel ins Badezimmer brüllen.

Man könnte nun sicher sagen: "Kinder, die 'Das kann doch alles gar nicht wahr sein...' sagen, sollten keine Windeln mehr tragen", aber wir wollen nicht zu kritisch sein.
Oscar hat schließlich einen ganz konkreten Zeitplan. Mit 4 will er nämlich so einige Dinge können, unter anderem auch nachts trocken sein. Wir kennen unseren Sohn und sind uns sicher, dass Oscar Ende Januar, nach seinem 4.Geburtstag vielleicht noch zwei oder drei nasse Nächte erleben wird und danach keine Windeln mehr brauchen wird. Oscar ist in solchen Dingen sehr konsequent. Mit 4 kann er das. Mit 3 halt noch nicht. Ein Mathematiker, ein Informatiker wächst da heran - ein Mensch, der bis ins Unangenehme hinein logisch ist.


Ella, die Schwester des Logikers, maulte heute auch "Das kann doch alles gar nicht wahr sein...". Beim Maulen humpelte sie zudem, sodass die Imitation einer Greisin noch verstärkt wurde. Ella sagte:
"Das kann doch alles gar nicht wahr sein. Das Jahr ist erst 6 Tage alt [Anm.: Auch hierbei handelt es sich um Rentner-Deutsch] und ich bin schon auf jedes Knie einmal gefallen."

Erst jetzt, beim Tippen, fällt uns auf, dass Ellas Aussage, auch der letzte Teil, nichts, überhaupt gar nichts Junges oder Frisches enthält. Es ist dies nicht die Sprache einer hüpfenden Sechsjährigen, sondern das Gemotze einer fast blinden 90-jährigen, die in diesem noch so jungen Jahr bereits zweimal stürzte.

In der Sache aber hat Ella leider vollkommen Recht. Am 3.1. wurde der Geburtstag der Mama gefeiert. Diesbezüglich latschte die gesamte Familie durch das nasse Kreuzberg. Ein Stein stand wohl höher als die anderen. Ella, die Papa gerade differenziert zu erläutern versuchte, warum der Vater von Pipi Langstrumpf trotz piraten-typischer Merkmale eben kein Pirat ist, flog längs auf den Bürgersteig und lag wenige Zentimeter neben einer zerbrochenen Glasflasche weinend im Dreck. Knie rechts tat weh. Die Feierlichkeiten  wurden aber auf ausdrücklichen Wunsch der Tochter nicht abgebrochen, sondern im Planetarium bei einem interessanten Vortrag über die liebe Sonne fortgesetzt.

Heute ging es zum zweiten Mal in dieser Woche in den Zoo. Man ist nun wieder im Besitz der Familienjahreskarte. Der Zoo rettete uns 2011 bereits zahlreiche trübe Wochenenden und so soll es auch 2013 sein.
Der Hinweg zum Zoo wurde aber bereits nach 150 Metern von einem schlimmen Unfall überschattet: Ella und Mama gingen Hand in Hand. Von hinten nähert sich ein Idiot, der heute von Oscar gespielt wurde. Der Idiot springt in die Bindung von Mutter und Tochter hinein. Er reißt Ella damit zu Boden und landet schließlich auf ihr. Wieder liegt Ella im Kreuzberger Granulat. Knie links tut weh. Der geplante Zoobesuch wurde aber auf ausdrücklichen Wunsch der Tochter nicht abgebrochen.

Im Bus saßen Papa und Ella hinter Mama und Oscar. Sie beobachteten, wie Mama ernste Worte in Oscars Ohr sprach. Vermutlich pädagogische Hinweise und das abermalige Verlesen der Familienregeln, in denen unter anderem steht, dass wir uns nicht gegenseitig zu Boden reißen. Mamas Mund sprach dozierend in Oscars Ohr. Würde sie ihn inhaltlich erreichen können?
Da! Oscar antwortet. Wird er Reue zeigen? Einsicht? Demut? Scham? Oscar sagt schließlich folgendes: "Wir fahren durch eine Pfütze!" und ergänzt Sekunden später "Wir fahren immer noch durch eine Pfütze!"

2013, das also nun schon zwei schwere Stürze unserer Ella im Gepäck hatte, wurde vor ein paar Tagen zünftig eingeläutet. Oscar verkleidete sich als Rockstar und Ella gab den gutaussehenden Sidekick. Beide Kinder erhielten das einzige Glas Coca Cola im Jahr und feierten durch bis 3 Uhr nachts.
Während Oscar am Neujahrstag dann gegen 14 Uhr in einen sechsstündigen Mittagsschlaf fiel, hatte die lange Silvesternacht auf Ella überhaupt keine Auswirkungen. Die Sache mit dem Schlafen scheint sie sich jetzt komplett abzugewöhnen...

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