Sonntag, 4. November 2012

Dr.Oscars Milz-Sprechstunde

Brandaktuell vermelden wir folgenden Dialog. Es handelt sich um ein medizinisches Fachgespräch. Gesprächsanlass ist ein Motiv auf unserem Astra-Kalender. Es zeigt einen Metzger. Darunter der Spruch "Zwischen Leber und Milz passt immer ein Pils". Darauf gucken wir immer bei den Mahlzeiten. 
Ella spricht deshalb seit einiger Zeit bei Tisch häufig von Organen. Mit wedelnden Armen hat Papa ihr zuletzt den Blutkreislauf erklärt und dann diskutierten Papa und Mama darüber, ob man zwei Lungen oder nur eine Lunge mit zwei Lungenflügeln hat und so weiter und so fort. Bei alledem scheinbar unbeteiligt malmte Oscar sein Essen, was so aber auch nicht ganz richtig ist, denn Oscar verweigert derzeit nahezu jede klassische Mahlzeit. Nichts mundet dem Herrn, doch dazu später mehr. 
Während Oscar so beim Tisch sitzt und nicht isst, eignet er sich momentan durchaus fundiertes medizinisches Fachwissen an. Vor allem bezüglich Leber und Milz. Eben ging es wieder los: 
Ella: Kann man ohne Leber leben?
Eltern: Ella, genau das hast du doch beim Frühstück schon gefragt. Nein. 
Ella: Kann man mit Leber und Milz leben. 
Mama: Ja.
Oscar (in ungeahnter medizinischer Kompetenz, brüllend): Da kann man sogar sehr gut mit leben! 
alle irtritiert.
Oscar (weiter): Die Sprechstunde ist beendet. 
Ansonsten müssen wir hier all diejenigen enttäuschen, die nun denken, dass der liebe Herr Oscar ja ein ganz ausgezeichneter und angenehmer Zeitgenosse ist. Nichts dergleichen entspricht der Wahrheit. Oscar ist momentan eine Zumutung für uns alle. 
Oscar schreit und rennt den gesamten Tag durch die Wohnung. Erholsam sind die Momente, in denen er entweder nur schreit oder nur rennt. Gefürchtet bei uns und im gesamten Haus sind dagegen die langen Phasen des simultanen Rennens und Schreiens. Mahlzeiten, wir deuteten es an, werden generell verschmäht. Lediglich Nutellabrötchen mit Fleischwurst werden akzeptiert. Fragt man Oscar nach einem Wunsch für das Mittagessen, sagt er "Schokosuppe". 
Während hier die Eltern achselzuckend erkennen müssen, vollkommen versagt zu haben, dürfen wir aber auch einen pädagogischen Erfolg verkünden, den wir in der vergangenen Woche prophezeit haben. Es ist vollbracht: Oscar geht nun auch bereitwillig auf unser zweites Klo und steht nicht mehr brüllend und tobend vorm ersten, wenn dieses besetzt ist. Und was schuf Abhilfe? Richtig. 
Eine riesige Fahne des VfL Bochums wurde mehr oder weniger liebevoll über ein Wasserrohr gelegt. Sitzt man auf dem Klo, kann man verträumt in das blau-weiße Wappen starren. Dies tut Oscar sehr gerne. Problem gelöst. Die Ästhetik des WCs hat sich natürlich nicht unbedingt enorm verbessert. Mama sagte vielsagend, dass die Fahne hängen bleibe, bis man andere Ideen entwickelt habe. Das kann sehr bald sein, fürchten Oscar und Papa. 
Ehe nun andere Eltern, die darunter leiden, dass ihre Kinder eines von zwei Klos total verschmähen, das Problem auf die gleiche Weise zu lösen versuchen und eine Fahne des VfL Bochum in die Nasszelle hängen, müssen wir aber erklären, dass Oscar ein unfassbares Interesse für Fußballwappen aufbringt. Es ist nicht gelogen: Oscar blätter seit Tagen in seinem Zimmer äußerst intensiv im Sonderheft des Kicker. Diese Neigung ist bei anderen Kindern eventuell weniger ausgeprägt und insofern ist die Lösung "Bochum-Fahne" auch nicht eins zu eins auf andere Kinder übertragbar. 
Als Höhepunkte der vergangenen Woche vermelden wir, dass Ella mal wieder nahezu selbstständig einen unfassbar schmackhaften Kuchen zubereitet hat und ihre Oma dabei staunend assistierte. Ein paar Tage später war Halloween. 
Ella (Zombie) zog mit zwei Jungs (Teufel und Vampir) durch verschiedene Treppenhäuser und erbeutete reichlich Süßkram. "Und? Wie habt ihr das gemacht? Habt ihr 'Süßes oder Saures' geschrieen?", fragte Papa den naschenden Zombie.
"Nein", sagte dieser. Wir waren manchmal auch ein bisschen schüchtern und haben erst mal gar nichts gesagt." - Das wiederum fand Papa, der Halloween nicht leiden kann, großartig. Die Vorstellung, dass es abends an der Tür klingelt und draußen ein schüchterner Vampir, ein schüchterner Zombie und ein schüchterner Teufel stehen und aus sechs großen Augen schweigend dem Fremden ins Gesicht blicken hat großes Potenzial. Erstaunlich, dass die Kreuzberger derart zurückhaltendem Spuk bereitwillig Süßigkeiten entgegenwarfen. 
Am heutigen Sonntag ging es ins Kindermuseum "Labyrinth", einem wunderbaren Ort, an welchem die Eltern auf einer Holztreppe sitzen und in ihren Smartphones blättern, während sich die Kinder interkulturell bilden und wunderbar spielen. An dem kleinen Museums-Shop am Ausgang schlichen wir uns erst klug vorbei. Draußen die Erkenntnis: Ella hat ihren Haarreifen verloren. Alle Mann wieder rein ins Museum. Haar-Reifen wieder bekommen. Am Ausgang der Museums-Shop. Eine Piraten-Fahne für Oscar und eine Prinzessinnen-Krone für Ella gekauft. Mist. 






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