Sonntag, 18. November 2012

"Themenwoche Tod" und weitere Highlights

Wenn die Tochter fröhlich zum Vater schleicht und ihn fragt: "Soll ich zu deiner Beerdigung kommen, wenn du tot bist?", dann ist die große ARD-Themenwoche "Tod und Sterben" schon an ihrem ersten Tag in den Kinderzimmern angekommen. Doch weder den Dokumentationen über Beerdigungen noch den Plakaten mit der Aufschrift "Sie werden sterben!" gelang es, das Thema derart nüchtern zur Sprache zu bringen wie eben Ella, die sich beim Vater also nach dessen Bestattung erkundigte.

Ja, erfuhr sie, sie möge doch bitte kommen. Sie sei hiermit praktisch herzlich eingeladen. "Oscar auch?" bohrte Ella weiter. "Ja, Oscar auch", antwortete der Vater lebend. "Auch Mama?", fragte Ella. Papa antwortete salomonisch: "Wenn sie dann noch da ist - gerne." Das Tal der Tränen wird tapfer durchschritten, in acht Tagen beginnt die Weihnachtszeit. Dann heißt es Lebkuchen essen, statt Sinnfragen stellen.

Überhaupt hat der November ja traditionell neben der "Themenwoche Tod" noch mehr Highlights zu bieten: Laternenlaufen zum Beispiel - ein Ritual, das mittlerweile endlich mit gemeinsamen elterlichen Glühwein-Trinken beendet wird.

Auch schärfsten Kritikern des Alkoholkonsums in Gegenwart von kleinen Kindern dürfte inzwischen also aufgefallen sein, dass das Laufen um einen Häuserblock im dunklen November kein Zuckerschlecken ist, zumal der Nachwuchs die selbstgebastelten Laternen innerhalb kurzer Zeit entweder kaputt tritt oder generell die Lust am Laternenhalten verliert, sodass manche Eltern bereits nach wenigen Metern die Laternen und Laternenfetzen tragen dürfen, während die Kinder brüllend in alle möglichen Richtungen des dunklen Stadtteils ausschwirren.

Die beiden Laternenlieder werden - wenn man ganz besonders scharf beobachtet - auch immer nur von den Eltern gesungen. Es ist also Jahr für Jahr ein insgesamt sehr sehr ärgerliches Ritual, an dem sichtbar niemand Spaß hat. Dieses Mal war sogar ein echtes Pferd dabei. Auch das hatte Stress. So wie viele Eltern. Aber die bekamen ja dann noch Glühwein.

Gut. Wenn wir ehrlich sind, war die Sache mit dem Pferd aus Kindersicht nicht schlecht. Interessanterweise standen neben dem Pferd auch noch zwei Polizisten. Eventuell hatte die Anwesenheit des Staates ja mit dem Gaul zu tun. Vielleicht gibt es da Gesetze, die besagen, dass Pferde beim Laternenlaufen Polizeischutz benötigen.

Oscar jedenfalls hatte schon lange vor dem großen Tag verkündet, dass sowohl Pferd als auch Polizisten beim Laternenlaufen mitmachen würden. Bis heute ist Oscar unentschlossen, wessen Anwesenheit er großartiger fand. Unter dem Polizisten wurde jedenfalls recht häufig ein kleiner Junge gesehen, der seinen Kopf ganz weit in den Nacken legte um den großen Polizisten gut angucken zu können.

Einen kulturellen Höhepunkt lieferte dann das Wochenende, an dem unter anderem ein Besuch im Deutschen Historischen Museum anstand. Man lief durch die Ausstellung, freute sich über Ritter und Kaiser und lernte auch Unfassbares über das 20.Jahrhundert. Den "bösen Mann" kann man schlecht verschweigen, wenn man mit seinen Kindern durch dieses Museum geht.

Oscar, der in seinem "Berlin"-Panini-Heft das Bild "Bomben auf Berlin" absolut super findet, brüllte zwar schon im Foyer des Museums "Ich will 'Bomben auf Berlin'", verstummte dann aber schnell. Das sei alles doch nicht so super gewesen mit den Bomben. Oscar und Ella waren beim Schlendern durch den Nationalsozialismus ziemlich schnell recht bleich. Glücklicherweise endet die museale deutsche Geschichte derzeit mit dem Happy End der Maueröffnung.
   
Ella, dies sei voller Stolz verkündet, hat nun ihr erstes richtiges Buch durchgelesen. Es heißt natürlich "Ella in der Schule" und hat über hundert Seiten. Im Buchladen deutete Papa auf seine Tochter: "Dieses Mädchen hier kann lesen. Sie braucht ein neues Buch", sprach er. Ella guckte die Verkäuferin dabei an. Es wurden Vorschläge gemacht. Ella schwieg und deutete schließlich auf den zweiten Teil der Reihe. "Ella in der zweiten Klasse."

"Dieses Mädchen hier kann nicht nur lesen", sagte der Vater beim Bezahlen, "sondern eigentlich auch sprechen." Den Beweis blieb die Lese-Maus im Buchladen aber schuldig.








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