Montag, 27. August 2012

fleisch*wurst*end*scheib*en*hun*ger

Vor gefühlten Urzeiten haben wir Ella mal wieder zum Schlafen im eigenen Bett motivieren wollen.
Papa knüppelte einen Nagel in Ellas Wand und hängte insgesamt acht Zettel übereinander an selbigen. Auf ihnen steht "Ich will ins Kino" - Das letzte Wort ist groß geschrieben und wird mit jedem Zettel bunter. Ist es ganz ausgemalt (nach insgesamt acht erfolgreich im Bett geschlafenen Nächten), dann gilt es als Kinogutschein.

Soweit die Theorie. In der Praxis läuft die Sache schleppend. Alle paar Tage mal schafft Ella eine Nacht und nähert sich ihrem Kinobesuch im Tempo einer Schnecke. Das Ziel ist nun noch zwei Nächte entfernt. Wir rechnen damit, dass Ella in etwa drei Wochen ihren Kinobesuch erarbeitet hat. 

Kritik kam von der Mutter, der Kontrollinstanz dieses Haushaltes: "Es kann eigentlich nicht sein", so die Mutter,  "dass Ella einen Kinobesuch bekommt, wenn sie innerhalb von vier Monaten achtmal in ihrem eigenen Bett schläft." Eine mögliche Reaktion auf dieses Missverhältnis könnte ein weiterer Nagel an Ellas Wand sein, an dem weitere Zettel hängen: "Ich muss zum Psychiater", könnte da beispielsweise stehen, und nach jeder Nacht, in der sich Ella zu ihren Eltern quengelt, wird das lustige Wort "Psychiater" bunter. Es wäre in der Tat ein interessantes Rennen zwischen Kinosessel und Couch.
Oscar dagegen schläft nahezu vorbildlich. Natürlich gibt es diese Abende, an denen Oscar aufgrund einer Scheibe Fleischwurst 60 Minuten lang weinen und schreien muss, aber das ist okay in der Welt der Dreieinhalbjährigen. Die Wurstscheibe lag provokant auf einem Plastikteller in Oscars Zimmer. Der Hausherr schrie zuvor, er habe Hunger. Präzise sagte er sogar: "Ich habe Fleischwursthunger", denn die deutsche Sprache ist in der Lage, jederzeit wunderschöne Nomen hervorzubringen.

Dem Fleischwursthunger sollte nun also mit einer Scheibe Fleischwurst begegnet werden, doch ach, die Fleischwurstscheibe litt unter der Eigenschaft, keine Endstückscheibe zu sein. Oscar aber hatte, wieder ein schönes neues Wort, Fleischwurstendscheibenhunger. Das ist nicht schön für Dreieinhalbjährige und deshalb schrie Oscar in seinem Hochbett eine Stunde lang vor sich hin. Schräg unter ihm lag hilflos eine Scheibe Fleischwurst.
Sonst aber schläft Oscar toll. Und letzte Woche ließ Oscar dann endlich mal zu, dass die Schnullerfee zu ihm kommen durfte. Das war ja schon nicht leicht, denn Oscar war nicht sonderlich scharf auf den Besuch der Fee. Seit Monten schnullerfrei erschien ihm der endgültige Verlust seines Schnullers im Austausch gegen ein Geschenk nicht sinnvoll. Oscar ist wahnsinnig rational und agiert weitgehend unabhängig, wenn es nicht gerade spät ist und Wurstdiskussionen geführt werden.
Dann aber kam die Schnullerfee. Sie schnappte sich Oscars Schnuller und legte ihm stattdessen eine tolle Cars-Decke hin. Oscar war begeistert. Im Übrigen hat er - damit konnte keiner rechnen - die Schnullerfee tatsächlich bei ihrem nächtlichen Besuch gesehen. Oscar beschrieb sie am Frühstückstisch in Superlativen: Sie ist unfassbar groß und unglaublich schnell. Ella staunte. 

Oscar sprach dann aber auch noch andere interessante Dinge. So lieferte er uns einen Beitrag zur Geschlechterforschung, indem er klug erkannte: "Mädchen werden älter, aber Jungs werden schneller, cooler und größer." Und da seit neuestem an unserem Kühlschrank eine absurde Anzahl von Magnetwörtern klebt, kann Oscar auch mal schriftlich die Katze aus dem Sack lassen und für die Nachwelt niederschreiben, was ihn gerade beschäftigt. Oscar schrieb: "Erst Regenwasser dort". Ein schöner Einstieg in die Welt des geschriebenen Satzes.

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