Mittwoch, 27. Juni 2012

Oase der Ruhe


Da einerseits aufregende Tage hinter uns liegen, andererseits aber auch aufregende Tage vor uns liegen, kann man den gestrigen Dienstag und den heutigen Mittwoch getrost als Oase der Ruhe bezeichnen, denn: Alles ist relativ.

Beginnen wir unsere Berichterstattung mit den aufregenden Tagen, die hinter uns liegen: Mama und Papa stiegen am Donnerstag nämlich in ein Auto und fuhren in die Freiheit, die in diesem Fall vom Hurricane-Festival in der Lüneburger Heide verkörpert wurde. Die Rückkehr ins echte Leben war für Montag angedacht und so verlebten Mama und Papa ein paar Tage, in denen sie in erster Linie mal nicht Eltern waren, sondern Camper und Rocker. Es funktioniert noch, dieses Leben ohne Kinder. Wir können es noch.
Wie aber erging es Ella und Oscar, während Mama und Papa durch die Heide hüpften? Nun, diese beiden verlebten ein XXL-Oma-Wochenende mit allem Drum und Dran. Wir vermuten, dass die Truppe eine gute Zeit miteinander verbracht hat, denn als Mama und Papa sehnsuchtsschwanger ihre Kinder wieder in Empfang nehmen wollten und voller Vorfreude auf die Brut in der Tür der Kita standen, da spielte Oscar gegen sich selbst "Mensch ärgere dich nicht" und Ella puzzelte. Niemand nahm Notiz von den mit Festivalstaub benetzten Eltern.
Irgendwann drehte sich Ella kurz um und sprach "Der Kinderladen ist mir wichtiger als ihr!", während Oscar sein Brettspiel erst mit Grün, dann mit Gelb und zu guter Letzt auch noch mit Rot gewonnen hatte. "Gewonnen", schrie er als das rote Team im Ziel stand. "Bist du Rot?", fragte eine Erzieherin aus der Küche. "Ich bin alle!", antwortete ein Junge, der für Brettspiele der Art von "Mensch-ärgere-dich-nicht" keine Freunde braucht. 
Um Details des Ella-Oscar-Oma-Wochenendes zu erfahren, bedurfte es unter diesen Umständen einer Befragung der Stammesältesten. Später sollte die Befragung einer weiteren Zeugin erstaunliche Widersrpüche ans Licht bringen.
Omas Programm hatte es schon in der Rohplanung in sich: Lego-Shop am Tauentzien, Botanischer Garten, Lichtenrade und Lichterfelde.

Stoisch machte sich Oma an die Umsetzung: In den Lego-Shop wollten die Kinder erst nicht rein und dann nicht mehr raus. Ella setzte Figuren zusammen, während Oscar kundtat, dass er sich jeden, absolut jeden im Laden verfügbaren Artikel innigst wünsche. 
Zum Botanischen Garten gelangte man nicht, da Ella auf halber Strecke schwer an einer Trinkflasche verunfallte. Ein Milchzahn wackelte, ein Tropfen Blut war zu sehen.
Ella raste vor Schmerz, weshalb die Reisegruppe den Botanischen Garten cancelte und zurück nach Kreuzberg fuhr, dort erfuhr, dass der Zahnarzt nicht geöffnet hat und dann erfuhr, dass Ella in genau der Sekunde aufhört zu leiden, wenn sie erfährt, dass der Zahnarzt geschlossen hat. An dieser Stelle ist anzumerken, dass Ella seit der vergangenen Woche einen unfassbaren Neid gegenüber ihrem Bruder in sich trägt, weil dieser zum Zahnarzt durfte und sie nicht. Man muss das alles nicht logisch finden, wenn man der Kindheit entwachsen ist. 
Auch der Lichtenrade-Ausflug verlief nicht ganz nach Plan, denn die Kinder schrien in Lichtenrade laut "Grunewald", was die Oma unfassbarerweise dazu veranlasste, den Kindern auch diesen Wunsch zu erfüllen und sich nun mit der BVG und zwei wild agierenden Kindern in Richtung Grunewald begab. 
Die Busfahrt war lang und endete eine Station vor dem Grunewald. Man stieg aus. Suchte den Wald. Drehte sicherheitshalber wieder um zur Haltestelle. Fuhr nach Kreuzberg. Schön war es kurz vor dem Grunewald. Niemand beschwerte sich. Alle waren glücklich.
Sehr häufig betonte Oma, wie überaus lieb und unkompliziert die beiden Kinder gewesen waren in Abwesenheit der Eltern. Der abgebrochene Handtuchhalter? Gut, da sei man als Oma mal kurz drangekommen und dann sei das Ding halt leider abgebrochen. 
Später wurde eine weitere Zeugin befragt. Ella. Ella kann zwar Handtuchhalter verbiegen, nicht aber die Wahrheit und so brach sie bei der ersten Erwähnung des Handtuchhalters in Tränen aus und erzählte, was wohl wirklich passiert war. Von einer Oma, die an den Handtuchhalter gekommen wäre, war in Ellas Version jedenfalls keine Rede. Ella habe sich drangehängt, dann sei das Ding abgebrochen. Wir glauben der Enkelin.
Und Oscar? Der war ja nun - wie bereits erwähnt - beim Zahnarzt, öffnete seinen Schlund, nachdem er entscheiden durfte, ob er Löwen- oder Tigerzähne hat, und zeigte ein überaus schiefes Gebiss einer Zahnärztin, die daraufhin Unglaubliches verkündete. Oscar traute seinen Ohren nicht. Er soll sich vom Schnuller trennen und zwar sofort. 

Papa erzählte auf dem Rückweg von der Schnullerfee. Oscar fand das nicht uninteressant und erläuterte, was er sich von der Schnullerfee wünscht. Dann aber musste er vom Vater hören, dass es unverantwortlich sei, wenn man die Schnullerfee derart belade. Oscar möge sich bitte vorstellen, wie die Schnullerfee bei uns auf der Straße liegt, zerquetscht von Oscars maßlosem Wunsch - einer großen Ritterburg. 

Später dann Psychologie: "Huch", schrie Papa beim Blick in den Fahrradanhänger, in welchem Oscar schnullerte. "Da ist ja ein großes Kind, das bald keinen Schnuller mehr braucht." - Oscar erhob sich ächzend und kletterte aus dem Anhänger. "Ich will das mal sehen", keuchte er.

Gestern abend startete der Großversuch, Oscar vom Schnuller zu befreien testweise. Oscar jammerte und fiel, Ella nicht unähnlich, von Leid zu Leid, um doch noch irgendwie einen Schnuller zu bekommen. Denn leidende Kinder müssen schnullern. Oscar zählte seine Leiden auf: Husten hätte er, sein Hals tue weh und dann sei er auch noch in eine Brennessel getreten. Wo denn, Oscar? Oscar deutete in den Flur. Er konnte die Brennessel ganz genau sehen...

Die aufregenden Tage, die nun folgen, sind derart unübersichtlich, dass wir unsere Leser in den nächsten Tagen völlig im Ungewissen lassen. Wir verlassen unsere Wohnung am Donnerstag, können aber noch nicht in die neue Wohnung rein. Zwischengelagert wird die Familie im Garten. Es kann sein, dass der Blog für einige Zeit pausiert.

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