Sonntag, 16. Oktober 2011

Oma und der Aus-Knopf

Als wir in der letzten Woche prophezeiten, dass Unfälle ins Haus stünden, da meinten wir eigentlich Oscar und seine Vorliebe für halsbrecherische Schlafplätze wie Flure, Türschwellen und andere dunkle und halbdunkle Orte, an denen man nicht unbedingt schlafende Kinder vermutet.

Da Oscar aber einfach nicht verunfallen wollte, sieht man mal von seinen täglichen Stürzen und Verbeulungen ab, sprang seine Mutter ein, um die Ehre der Blog-Prophezeiung zu retten. So fuhr sie im Regen durch Mitte mit dem Fahrrad, was nur macht, wer es wirklich wissen will. Und so hießen die Zutaten für Mama an diesem Tage Linksabbieger, Asphalt, halbe Zähne, Blut und Notaufnahme.

Nun begab es sich, dass Oscar zuvor leicht fieberte. Ein in Aussicht gestellter Tag zu Hause mit dem ferienbedingt ebenfalls zu Hause weilenden Vater ließ Oscars Temperatur dann gleich noch auf gefährliche 37,1° klettern, sodass alle Beteiligten sich einig waren, dass der Junge besser daheim bleibt. Dann aber verunfallte die Mama.
Als Oscar berichtet wurde, dass seine Mama im Krankenhaus liegt, da schmiss sich das eben noch glückliche Kind aufs Sofa und weinte.

Auf dem Weg ins Krankenhaus freundete sich der Knirps allerdings damit an, demnächst ein echtes Krankenhaus betreten zu dürfen und als dann auch noch ein blinkender Krankenwagen vor dem Portal stand, da war zunächst wieder alles ganz gut.

Dann aber war da ja noch Mama. Liegend im Krankenhaus-Hemd und mit deutlich sichtbarem Mund-Aua. Oscars Reaktion war seltsam. Er weigerte sich, in der Patientin seine Mutter zu erkennen, was die allgemeine Heiterkeit, die ohnehin gerade fort war, nicht zurückzuholen vermochte. "Meine Mutter heißt Bianca!", schluchzte Oscar durch die Krankenhausgänge, deutete dabei auf die Mund-Aua-Patientin und schüttelte heftig den Kopf. Eine Szene wie aus einer doofen Krankenhausserie...

Oma kam und fand für Oscar, der sich in einer kitschigen Folge "Emergency Room" zu befinden schien, den Aus-Knopf. Sie schnappte sich das irritierte Kleinkind. Und so nahm der Tag für den Wicht eine satte 180°-Wende, denn statt einer Mutter mit Schorf und halben Zähnen gab es nun eine unverletzte Oma, ein Kindermuseum und ein Magnum-Eis mitten in der vollbesetzten Tram, was nun wiederum bei der für die Sauberkeit der Tram irgendwie zuständige Oma für Schweißausbrüche sorgte.

Dennoch: Die nächsten Tage war spürbar, dass einige in der Familie am kaputten Muttermund (wir bringen dieses Wortspiel erst das zweite Mal in über fünf Blog-Jahren) noch zu knabbern hatten. Im übertragenen Sinne...

Oscar war hochsensibel, die Mutter nicht eben hochgradig ausgeglichen und Ella zeigt seit heute auch ein sich in Richtung Anhänglichkeit veränderndes Verhalten. Der einzig Normale hier ist demnach der Vater, der diese Zeilen tippt. Und dann sind die Ferien auch noch zu Ende. Bonjour Tristesse.

Falsch: Tristesse kommt nicht auf, denn hier passieren auch immer tolle Dinge. Oscar ist zum Beispiel vorhin in der Kita während des Essens eingeschlafen und dabei kopfüber in die Tomatensoße gefallen. Solch grandiose Geschichten schreibt nur das Leben. Und als die Mutter hier letztens durch die Wohnung stapfte, weil man durch eine von Spielzeug bedeckte Wohnung nicht geht, sondern eben stapft, da sprach sie naheliegender Weise irgendetwas von "Chaos". Und wer kam dann um die Ecke geflitzt? Richtig. Der Herr des Chaos. Und der schrie: "Ich heiß nich Chaos. Ich heiß Oscar!!!"

Diese Woche, die so viel Blödes im Gepäck hatte, stand allerdings auch im Zeichen des Flüsterbetons. Der wurde nämlich zwischen Montag und Freitag hier auf unserer Straße verlegt, was nicht ohne großes Gerät und viel Gebrumm vonstatten ging. Das Spektakel war jedenfalls groß genug, als dass Ella und Oscar mit einer Schale Popcorn auf dem Bürgersteig standen und sich den Tanz der Dampfwalzen ansahen. Dass die Straße vorher weg gemacht wurde, so richtig weg, das fand zumindest Oscar auch sehr beeindruckend. Straße weg. Mamas Zähne teilweise weg. Straße wieder da. Die Woche hatte Höhen und Tiefen. Und in etwa 2 Wochen sind Mamas Zähne dann auch zurück. Und bei all dem haben wir hier jetzt Flüsterbeton. Als würde der Lärm hier von den Autos kommen...

Zum Schluss nur Gutes und für den schadenfrohen und sich am Leid anderer labenden Blog-Leser Langweiliges: Ella lernt derzeit mehr oder weniger autodidaktisch lesen und schreiben. Den Taschenrechner kann sie auch schon wunderbar bedienen und die Uhr meist erfolgreich lesen. Und dass Ella auf der Wii super kegeln und rutschen kann, wollen wir nicht verheimlichen, auch wenn die Mutter dies lieber nicht in die weite Welt hinausposaunt gewusst hätte.

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