Dienstag, 9. August 2011

Die internationale Folge-Generation im Röhrensystem

In diesen Tagen können es Ella und Oscar mit jedem Vielflieger locker aufnehmen. Nur vier Tage nach der Landung aus Mallorca ging es wieder zum Flughafen. Wieder war unser Flieger der in orange. Ella und Oscar kennen das jetzt und entdecken im Shuttle-Bus zur Gangway früher als alle anderen, welches der Flugzeuge denn das richtige ist. Billig fliegen heißt, orange fliegen. Und wir fliegen billig. Und deshalb schreit Ella im Shuttle-Bus durch Passagiere und Handgepäck: "Das da hinten ist unser Flugzeug." Eine Vielfliegerin eben.

Bevor es aber für ein paar Tage auf Reisen ging, wurde man selber besucht. Wie im letzten Jahr gastierte Leonie aus Wuppertal für eine Nacht bei uns. Mittlerweile ist Leonie zehn und das tollste an Leonie ist, dass sie noch immer lesen kann. Schon im Vorjahr, man blättere zurück, tankte sich Leonie durch den gesamten Bestand an Kinderbüchern und konnte sich einer begeisterten Zuhörerschaft sicher sein. So auch diesmal.
Leonie platzierte sich in Ellas Bett, las ein paar Kinderbücher vor und links hielt sie eine überglückliche Ella im Arm und rechts einen überglücklichen Oscar, den wir nun manchmal "Lümmel" oder "Bengel" nennen, woraufhin Oscar meist empört reagiert und uns dann entweder darüber in Kenntnis setzt, wie sein bürgerlicher Name ist ("Ich heiß OOOOOOOSCAAAA") oder aber betont, dass derartig despektierliche Bezeichnungen seinem wahren Wesen nicht entsprechen ("Ich ein lieber Nunge").

Nachdem man also - wie im ersten Bild zu sehen - mit Leonie den Berliner Sommer unter einer schützenden Luftmatratze genoss, stieg man ins orangefarbene Flugzeug und landete wenig später bei einer vielsprachigen Familie in Brüssel. Zu dieser Familie gehören David, der Englisch, Französisch und Polnisch spricht, was mit seinen knapp vier Jahren gar nicht so schlecht ist, und seine Schwester Dalia, die gerade damit beschäftigt ist, anderthalb Jahre alt zu werden, was allem Anschein nach nicht funktioniert, ohne dabei unaufhörsam mit den Armen zu rudern.

Mit Deutsch kamen wir in Brüssel jedenfalls nicht weit und so unterhielt man sich in Englisch und begann schließlich damit, auch Ella und Oscar Anweisungen in Englisch zu geben, weil das Umschalten zwischen den Sprachen nicht mehr so richtig flutschen wollte. Ella und Oscar taten das, was sie immer tun, wenn sie Anweisungen bekommen. Nicht viel. Die Sprache, in der man zu ihnen spricht, hatten wir bislang vollkommen überschätzt.

In Brüssel beugten wir uns lieber gleich dem Diktat der munteren und vielsprachigen Kinderschar. Besuche beim Manneken Pis oder ähnlichen touristischen Attraktionen hätten ein englisch-französisch-polnisch-deutsches Protestgewitter samt Armerudern erzeugt und so bestand der Brüssel-Trip aus dem Besuch eines Naturkundemuseums, in welchem Oscar laut einer Messlatte so groß ist wie ein Dinosaurier (nämlich einer jener Saurier, die 91 cm groß werden) und zwei Spielplatztagen. Vor allem der letzte Spielplatz, ein Indoor-Spielplatz, entband die Eltern jeglicher Aufsichtspflicht und ließ Brüssel in den Augen unserer Kinder zu einem fantastischen Ort wachsen.
Während die internationale Folge-Generation in diversen Hüpfburgen und Röhrensystemen des Indoor-Spielplatzes verschwand, tranken die Erwachsenen Kaffee und waren frei von Kindern und wenn doch ein Kind Aufmerksamkeit brauchte, war ja immer noch Ben da, den wir in weiser Voraussicht mit nach Brüssel nahmen. Ben ist sowohl bei den belgischen als auch bei den deutschen Kindern unfassbar populär. Alle Kinder wollten immer gleichzeitig neben Ben sitzen und an Bens Hand laufen. Ben hier. Ben da. Wir fragen uns bereits, wie das die Familien machen, die keinen Ben haben.

Mittlerweile sind wir wieder in Berlin, wo auf Omas Geburtstagsfeier Cousin Tim für einen Moment das Gesicht entglitt, als er erfuhr, dass Oscar erwiesenermaßen so groß wie ein Dinosaurier ist.

Zum Abschluss noch eine Prise Ella: Freundin Romy war heute wieder mal zu Besuch. Beide Mädchen verfügen über ein lautes Organ, sodass selbst heimlich hinter verschlossenen Türen geführte Gespräche deutlich in der ganzen Wohnung zu hören sind. Mama und Papa versuchten wegzuhören, denn im Gespräch zwischen Ella und Romy ging es hoch her, aber die beiden Mädchen flüsterten zu laut.

Anatomische Fachbegriffe wurden ausgetauscht. Dieses Organ müsse in jenes gesteckt werden - da war man sich einig - dann sei man verheiratet. Eine Etage tiefer saß derweil Janek ahnungslos beim Abendbrot. Das Gespräch der beiden Mädels aber handelte nun auch von eben jenem Janek und wenn Mama und Papa alles richtig verstanden haben, dann wird Janek morgen in der Kita vergewaltigt. Von Ella und Romy.

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