Sonntag, 6. März 2011

Das Schicksal anöden

Am Freitagnachmittag war es dann echt mal kompliziert. Und wer war Schuld? Nun, einigen wir uns auf die Sonne.
Die brüllte am Freitag nämlich und und ließ die Temperaturen auf astronomische 5°C klettern. Nun ist das noch nicht das Wetter, wo der Berliner ins Strandbad Wannsee fährt, aber raus musste er. Irgendwohin, Hauptsache raus.

Vergessen war bei all dem Sonnenschein, dass der Familienkalender einen Eintrag für den Freitag enthielt, nach dem Ella mit Mama zum Puppentheater ("Pipi Langstrumpf") und Oma und Oscar ins Kindercafe gehen sollten. Oma jedenfalls war brav auf dem Weg zu ihrem Babysitterjob, als Ella und Oscar von ihren Eltern gefragt wurden: "Wollt ihr Fahrrad fahren?"

Ein allgemeines Hüpfen und Jubeln brach aus. Und als dann vor der Haustür auch noch ein größeres Kinderrad auf Ella wartete ("Huch Ella, was steht da denn?"), und Oscar aufgeregt auf den Kindersitz an Mamas Rad deutete und "Oscar da!" skandierte, da war eigentlich alles super.

Und dann kam Oma. Der gebuchte Babystitter. Einmal ungestört mit Oscar zu zweit, das war Omas Wunsch. Ella und Mama sollten ja im Theater sein.
Das Problem konnte letztlich nicht gelöst werden. Oscar, ein großer Oma-Fan, sah sich der schweren Entscheidung Fahrrad oder Oma ausgesetzt, positionierte sich aber eindeutig, indem er auf die Frage "Willst du mit Oma ins Kindercafe gehen" unfassbarer Weise den Kopf schüttelte, weshalb Oma wieder nach Hause ging, nicht ohne etwa fünf Mal zu betonen, dass dies ja alles gar nicht weiter schlimm sei...

Ella kam ohne große Stürze mit dem neuen Fahrrad gut zurecht und weiß zur Erleichterung der Eltern mittlerweile auch sehr gut, wie man mit abschüssigen Strecken im Victoriapark umzugehen hat. Man bremst nämlich und saust nicht schreiend gen Tal, wie es vor knapp 2 Jahren der Fall war. Dass Oscar beim Fahrradfahren tatsächlich auch großen Spaß hat, das muss der liebe Leser uns einfach mal glauben. Auf dem Foto sieht Oscar nämlich so aus, als müsse er im Fahrradsitz eine schlimme Strafe absitzen.

Papas Theorie nach sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unfall eintritt, in dem Augenblick, indem man den Unfall in Aussicht stellt, ihn also besorgt anspricht. So hat Papa schon vor Monaten erläutert, dass er damit rechne, dass er mit dem Ehering an einer dafür gut geeigneten Stelle der Wohnungstür hängen bleiben werde, während er selbige zuschlägt. Ein abgerissener Finger würde die Folge sein. Und siehe: Bis heute ist das Unglück nicht passiert.

Höchste Zeit also, ein ebenso wahrscheinliches Unglücksszenario bezüglich des Sprosses der Familie zu thematisieren:
Oscar steht kurz vor einem Mittelfußbruch. Schuld ist Ferrero.

Seit kurzem nämlich hat Oscar die ernährungstechnisch wichtige Stufe vom Nutella-Freund zum Nutella-Fanatiker erklommen. Ein Frühstücks- und leider auch Abendbrottisch ohne Nutella ist aus Oscars Sicht ein leerer Tisch, ein dummes Holzmöbel ohne kulinarischen Wert.
Und da Papa seit jeher ähnlich denkt, kauft die Frau des Hauses Augen rollend immer das extragroße Nutella-Glas, weil sich das aufs Gramm heruntergerechnet (oder in unserem Fall besser aufs Kilo hochgerechnet) irgendwie lohnt. Dieses extragroße und furchtbar schwere Nutellaglas befindet sich in unserer Küche in einer Höhe von etwa 50 cm.

Decken Ella und Oscar also den Tisch, was in letzter Zeit gerne mal passiert, dann kümmert sich Oscar (im Übrigen meist unbeschuht) natürlich zuallererst um das wichtigste Element seines Frühstücks oder Abendbrotes. Dieses Element trägt er dann schnaufend auf den Tisch und es wird der Tag im Krankenhaus zu Ende gehen, an dem Oscar dieses Glas fallen lässt.

Die Lösung klingt einfach und ist doch kompliziert. Mama und Papa sollen bitte dafür sorgen, dass das Nutella-Glas seinen Ort wechselt.
Dies versuchen wir gerade umzusetzen. Wie schwer das ist, das kann jeder gerne mal selber ausprobieren, indem er sich vornimmt, seine Zahnpasta von nun an an einen vollkommen anderen Ort im Badezimmer zu hinterlegen. Es funktioniert einfach nicht immer.
Hinzu kommt, dass Oscars Futterdrang so stark ausgeprägt ist, dass er sich mit verschiedenen Möbelstücken eine Treppe zum höher stehenden Nutella-Glas bauen wird, wenn er den neuen Platz kennt. Und dann wäre die Gefahr des Fußbruchs noch viel größer.

Wir glauben also einfach mal daran, dass jetzt - wo der Unglücksfall skizziert ist - derselbe nicht mehr eintreten wird, denn Schicksal und Zufall sind meist angeödet von Dingen, mit denen man rechnet.

Das Wochenende war ein Knaller. Im Zoo feierte man im Nilpferdhaus Karneval. Während die Nilpferde ob der Kindermassen in ihrem Haus endlich mal nicht stumpf im Kreis schwammen, sondern auf einer Steininsel eine wahre Nilpferd-Performance, so mit Vater-Mutter-Kind-Getue, abzogen, da drehte die Kinderschar ihnen den Rücken zu. Denn man wartete darauf, geschminkt zu werden.
Irgendwann, nach etwa 45 Minuten, war Ella dann dran und ließ sich einen Pferdekopf schminken. Oscar starrte Ella an. Kurze Verwunderung. Dann bekamen Oscar und das Pferd einen Bonbon.

Am Sonntag gastierte die Familie bei einer Geburtstagsfeier in einem Restaurant in Mitte, welches durchaus reizvoll für Kinder ist. Ella durfte dort nämlich selber eine Pizza backen und erlangte in der Küche des Restaurants und auch lange Zeit später beim gemeinsamen Essen der Pizza mit Eltern und Brüderchen den Zustand größter Glückseligkeit.

Zum Abschluss dies: Obwohl dieser Blog nun schon ebensolange wie Ella existiert, nämlich mehr als viereinhalb Jahre, und obwohl nicht immer alles glatt lief, kamen wir bislang um folgende Worte herum: perfide, infam, ruchlos.

Doch nun ist es damit vorbei. Denn wenn kleine, unschuldige, liebe Jungs, die von der Mama in Richtung Schalke 04 und vom Papa in Richtung VfL Bochum gedrängt werden, die aber in Berlin - und dies ist für die spätere Sozialisation von erhöhter Bedeutung - ganz unbedingt zu Tennis Borussia stehen sollen, wenn diese süßen Jungs in der Kita von einer Erzieherin angezogen werden, die dabei fröhlich singt "Eisern Union! Eisern Union!" und wenn diese süßen Jungs, gezeugt von Menschen mit Würde, dann dazu lachen und hüpfen, dann finden wir dies perdide, infam und auch ruchlos.

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