Sonntag, 28. März 2010

Übers Schreien

Manchmal laufen die Nächte schon ganz gut. Oscar hat sich an die Situation gewöhnt, ein paar Stunden am Stück mal nur dazuliegen, sodass er hier und da auch mal die Eltern abends alleine und nachts dann vor allem mal durchschlafen lässt.
Und Ella ist ja seit dem Umzug nach Berlin ohnehin absoluter Schlafprofi.

Manchmal laufen die Nächte aber auch so wie am Freitag.
Am Freitag, nein, es war schon Samstag, da bemerkte Ella um 4:30, dass sie von der Hexe träumt.
Die "Hexe", da ist sich Tiefenpsychologe Papa sicher, steht dabei für eine gesichtslose Bedrohung. Jeder Albtraum von Ella wird daher als "Traum von der Hexe" bezeichnet, weil dem schlecht träumenden Kinde wohl die Vokabeln fehlen. So oft, wie Ella von angeblichen Hexen träumt, kann es nur so sein. Schließlich lesen wir ihr seit Monaten schon nicht mehr "Hänsel und Gretel" vor. Aus genau diesem Grund...

Ella also weinte. Mama holte sie dann rüber ins Schlafzimmer, wo auf der neuerdings 1,80 Meter breiten Matraze dann bequem die ganze Familie liegen sollte.
Mama beging dann Fehler Nummer 1: Sie legte das Töchterchen und sich so ins Bett, dass die Reihenfolge der vier Personen die folgende war:
Mama - Ella - Oscar - Papa.

Diese 4 Worte ergeben in dieser Reihenfolge überhaupt keinen Sinn. Dies weiß, wer Oscars nächtliches Ritual kennt, welches darin besteht, seine Hand in den Mund seiner Mutter zu legen und dann darin herumzuwühlen - keine große Sache übrigens, mit der sich seine Mutter mit weit geöffnetem Schlunde längst abgefunden hat.
Nun musste Oscar ab etwa 4:32 Uhr, um in Mamas Mund zu gelangen, über seine Schwester hinübergreifen.
Ella wundert sich über das dünne Ärmchen über ihrem Kopf, welches Wühlbewegungen macht.
Oscar ist leicht verärgert über den länger gewordenen Weg, den seine Hand nun zurücklegen muss um ans Ziel zu gelangen.
Papa derweil ahnt nichts Böses und glaubt seit etwa einer Minute, dass er nach dem kurzen Geschrei von Ella nun erfolgreich den zweiten Teil der Nacht begehen können wird.

Derweil braut sich ein Konflikt zwischen Ella und Oscar zusammen, der sich gepaart mit einem alterstypischen Kommunikationsproblem in einem wüsten Geschrei entlädt.

Beide Kinder schreien nun also. Papa und Mama sind dann also auch wieder wach und sortieren die Familie neu.
Die Reihenfolge lautet nun:
Mama - Oscar - Ella - Papa.

Alles ist super, wenn da der Mama nicht Fehler Nummer 2 unterlaufen wäre. Mama hat nämlich beim Sortieren irgendwie die Hand auf Ellas Haaren, was ziemlich ziept. Die Folge ist, dass Ella nun wieder laut schreien muss, und auch Oscar, der sich gerade beruhigt hat, zieht die Hand aus dem - pardon - Muttermund und weint. Papa rauft sich die Haare. Schuldlos in Not geraten, nennt man das.

Rund 2 Stunden später war die Nacht dann auch offiziell beendet und ein Blick in die 4 Gesichter des samstäglichen Frühstücks gab letzte Gewissheit: Es gab durchaus schon bessere Nächte...

Eine weitere Anekdote verpasste Papa arbeitsbedingt.
Es ist Donnerstag, etwa 8:00 morgens.
Mama duscht, was für beide Kinder meistens Anlass genug ist, sich ebenfalls im Badezimmer aufzuhalten und der Mama schamlos zuzusehen.
Doch eine Conny-CD veränderte Ellas Tagesablauf.
Ella verkündete der duschenden Mama, nun die Conny-CD hören zu wollen.

"Geht nicht, dein CD-Player ist kaputt", gurgelte Mama.
"Okay. Dann hör ich die im Wohnzimmer", Ella latschte aus dem Bad.

Ella - so die Rekonstruktion der Ereignisse - muss nun tatsächlich die Anlage im Wohnzimmer angeknipst, die Conny-CD eingelegt haben und den Lautstärkeregler gefunden haben.
Ella drehte diesen nun volle Kanne nach rechts. Bis zum Anschlag.
Sie drückte auf Play.

Surrend begann die CD sich im Kreise zu drehen. Ella stand erwartungsfroh vor der Anlage, Oscar watschelte herbei, denn auch er freute sich auf ein tolles Klangerlebnis. Mama duschte. Wie friedlich war es in diesem Augenblick in der Kreuzberger Großbeerenstraße.

Dann begann mit der Lautstärke mehrerer über einer explodierenden Nuklearbombe dröhnender Düsenjets die Anfangsmelodie von "Conny".

Mama wurde unter der Dusche von der Schallwelle erfasst und konnte sich nur mühsam halten. Eine Sekunde später rannten zwei schreiende Kinder zu ihr. Mama öffnete aus unterschiedlichen Gründen die Tür der Duschkabine. Ella klammerte sich an ein nasses Bein, Oscar an das andere. Alle drei schrieen.
Nebenan dröhnte es: "Conny, Conny, mit der Schleife im Haar..."

Mama schüttelte beide Kinder von sich, was das folgende Dimmen der Lautstärke verzögerte. Dann war Ruhe. Fast Ruhe.
Denn Ella und Oscar schrieen noch ein bisschen.

Was sonst noch geschah, entnehme man den Fotos.

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