Montag, 28. Dezember 2009

Hirte aus Berlin, Weihnachtsmann aus Westfalen.

Zunächst einmal halten wir erstaunt fest, dass Ellas viertes Weihnachtsfest nun bereits in der dritten Stadt stattfindet.

Nach dem Weihnachts-Anfänger von Gelsenkirchen und dem Weihnachts-Azubi von Hamburg konnte Ella nun als endgültiger Weihnachtsprofi von Berlin in Szene treten.
Was Weihnachten in Berlin heißt, dass erfuhren wir alle beim Krippenspiel in Kreuzberg 61:
Irgendein verkleidetes Kind, das vermutlich irgendeinen Hirten spielen sollte, sprach laut in das Mikrophon: "Gott ist imma da. Er lässt disch nisch im Stisch."

Später bekam jedes Kind am Ausgang, der einem Nadelör glich, eine brennende Kerze in die Hand gedrückt, was Papa eine feuchte Stirn bereitete, da in eben jenem Eingangsbereich nun eine bunte Zahl von Kleinkindern stand, welche alle in etwa 1 Meter Höhe eine brennende Kerze hielten. Man hörte die Flammen nach den Schals und Mäntel der in unmittelbarer Nähe befindlichen Erwachsenen schnappen, doch Gott ließ uns nisch im Stisch, und so nahm alles ein gutes Ende.

Zuhause klopfte es dann. Bislang war der Weihnachtsmann ja dezent. Wir erinnern uns, dass in früheren Jahren bereits der Weihnachtsbaum ausreichte, um Ella einen gehörigen Schrecken zu verpassen, woraufhin sie schlimm weinen musste. Dieses Mal war der Herr dreister. Er klopfte an die Tür.

Ella, hoffend, dass es ein beladener Weihnachtsmann sein möge, schnellte zur Tür, öffnete und sah, dass ihr Wunsch in Erfüllung ging. Dies war nicht gut.

Ella stürzte zurück, stolperte dabei über einen Stuhl und landete dennoch schnell und unter großem Lärm im Arm der Mutter. In der Tür stand ein ratloser Weihnachtsmann mit westfälischem Idiom.

Schnell beruhigte sich die Situation. Ella war schließlich sogar im Stande "Schneeflöckchen, Weißröckchen" zu singen und hörte sich an, was der Weihnachtsmann so alles über sie wusste.
Oscar übrigens verkraftete die Weihnachtsmann-Erscheinung wesentlich routinierter. Vermutlich wundert man sich in Oscars Alter ohnehin über gar nichts.

Der Weihnachtsmann lieferte tolle Geschenke ab und verschwand in der Nacht.
Später träumten wohl beide Kinder von der großen roten Gestalt, weshalb auch die elterlichen Augen am nächsten Morgen in festlichem Rot unterlaufen waren.
Ella war - dies ergab die mühsame Rekonstruktion der Nacht - um 23:00, um 1:00 und um 2:00 Uhr wach. Oscar hingegen um Mitternacht und um 4:00. Nur wirklich böse Menschen würden hier behaupten, die Kinder hätten sich vorher abgesprochen, wie sie die Eltern am effektivsten nerven können...

Am nächsten und am übernächsten Tag wurde wieder Weihnachten gefeiert. Ella und Oscar merkten schnell, dass der Weihnachtsmann ein unfassbarer Trottel ist, der echt viele Fehler gemacht hat.
So hat er sowohl in Lichtenrade als auch in Münster-City und dann auch noch in Münster-Wolbeck noch weitere Weihnachtsgeschenke abgegeben. Den Satz "Der Weihnachtsmann war hier und hat aus Versehen auch hier etwas für dich abgegeben" konnte Ella am Schluss jedenfalls schon mitsprechen.

Irgendwann war alles vorbei und die Familie fuhr mit dicken Bäuchen und vollen Koffern wieder nach Berlin.
Bewunderung schlug uns in der Bahn entgegen: Zwei Kinder, ausgebuchtes Großraumabteil, 500 Kilometer Strecke. Das ist schon eher was für erfahrene Eltern.
Oscar krauchte im Gang herum, Ella rannte ihm hinterher, versuchte, hochzuheben. Oscar weinte, Ella wollte dann malen. Oscar musste dann schnell wieder irgendetwas essen. Ella wollte trinken. Das ging aber nicht, weil Ella auf der Hinfahrt nach einem Liter Apfelsaft immerhin 6 Mal auf die Zugtoilette musste, die von Kilometer zu Kilometer unansehnlicher wurde.

Jedenfalls hatten wir eine eher wenig besinnliche Bahnfahrt zu bestreiten. Hinter uns entschied sich eine Dame für Oropax, vor uns lachten uns die Eltern zweier Kinder aus, die bereits in einem Alter waren, in welchem ein Videospiel die Animation während einer fünfstündigen Bahnfahrt übernahm und der liebe Italiener gegenüber konnte toll aus Papier Boote falten, was er dann auch zwischen Wolfsburg und Spandau für seinen begeisterten Fan Ella tat.

Wie gesagt: Das Fest der Liebe ist jetzt vorbei. Wir bereiten uns auf Silvester vor. Das erste Silvester in Berlin seit Jahren. Unsere Nachbarn fahren morgen weg, haben uns aber noch ein paar Hinweise gegeben, die man grob so zusammenfassen könnte: Ab morgen nicht mehr das Haus verlassen. In Kreuzberg wird scharf geschossen...

Ella und Oscar haben erstmal Stubenarrest. Bis zum nächsten Jahr.

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