Montag, 17. August 2009

Die Schnullerfee im Herbst, die Hexe jede Nacht

Oma Münster war danach, den Tag vor ihrem Geburtstag im Berliner Vorort Werder zu verbringen. So trommelte sie die Familie zusammen und sorgte dafür, dass die wenigen Vorteile Hamburgs wieder ein wenig relativiert wurden. Zum Beispiel die Sache mit dem Wasser.

Ella verstand nämlich, dass es sich auf der Havel auch sehr gut Schiff fahren lässt und Oscar genoss die Dampferfahrt auch. Auf Deck widersetzten sich drei Reisende den Anweisungen der ladenden Oma Münster dann dezent und bestellten Bier. Ella ist in diesem Zusammenhang kaum noch zu bremsen. Zu gerne will sie Bier trinken und vor allem die lustig aussehende Berliner Weiße hat es dem minderjährigem Frollein angetan.

Dass Mama gerne davon berichtet, dass sie selbst ja bereits mit drei Jahren Berliner Weiße getrunken habe, ist hierbei unter pädagogischen Gesichtspunkten durchaus zu bemängeln. Ella jedenfalls würde für einen Schluck Berliner Weiße einiges tun.
Vielleicht ist sie mit der Mama und einer Weißen ja mal alleine.

In Werder jedenfalls wurde zunächst über die deutschlandweit gefeierte Gastlichkeit der Brandenburger gestaunt.
Obwohl in der Speisekarte des Cafes rund 15 Kuchen und Torten aufgelistet waren, lachte uns eine lediglich mit drei Torten bestückte Vitrine an.
"Ick habe die Beobachtung jemacht", ertönte es plötzlich hinter uns, "dass meene Gäste mit mehr wie drei Torten überfordat sind."

Die Wirtin selbst erklärte uns dieses Geschäftsmodell und wir waren im Anschluss sehr dankbar darüber, wie wenig überfordert wir unsere Bestellung aufgeben konnten.

Nur am Rande soll hier davon die Rede sein, dass Ella und Papa am Folgetag noch einmal ins Brandenburgische fuhren, weil sich im Werderaner Bahnhof Papas Fotoapparat aufgefunden hatte, welchen ein Familienmitglied, das hier anonym bleiben will, dort hat liegen lassen. Wir wahren diese Anonymität natürlich gerne und möchten betonen, dass Ellas Mama sonst wirklich eher wenig Missgeschicke passieren.

Wechseln wir das Thema und sprechen von Feen und Hexen, ehe wir gegen Ende dieses Eintrages wieder bodenständig werden und über Blumenkohl zu sprechen haben.

Also zum Thema Feen.
Zu Ella sollte die Schnullerfee kommen. Ella hat über diese sonderbare Fee durch investigative Fragetechnik bereits erfahren, dass sie eher so rosa gekleidet ist, fliegen kann und Schnullis gegen Geschenke tauscht. Auch weiß Ella, dass es dann ein für allemal vorbei ist mit dem Schnulli und dass die Schnullerfee leider so klug ist, dass sie es sofort sehen würde, wenn Ella beispielsweise bei der Oma schnullert.
Die Spielregeln waren also bekannt, der Wunsch (eine tolle Trinkflasche Marke "Dominik") formuliert und der Schnuller aufs Fensterbrett gelegt.
Zuvor lief eine Probenacht ohne den Schnulli auch sehr erfolgreich.

Dann jedoch, um etwa 23 Uhr ein Gewimmer und Gejammer aus dem Kinderzimmer. Es steigerte sich und irgendwann heulte Ella wie ein Schlosshund. Kein Wort brachte sie hervor, ehe sie sich nach Minuten zu einem überdeutlichen und fast animalischen Ausruf durchringen konnte: "ICH WILL MEINEN SCHNULLI" brüllte die Süchtige und durfte nachsehen, ob die Schnullerfee ihn schon mitgenommen hatte. Hatte sie nicht. Schwein gehabt.
"Die Schnullerfee kommt erst, wenn Herbst ist", sagt Ella nun.

Von der Fee nun zur Hexe.
Wir befinden uns in der "Hänsel und Gretel"-Mühle. Das Märchen vom Aussetzen und versuchten Mordes an Kleinkindern hat es unserer Tochter sehr angetan. Sie kennt es in vier verschieden langen Ausführungen und wählt jeden Abend konsequent die längste Version aus, die bittesehr vorgelesen werden darf. Ohne Unterbrechungen dauert dies etwa 10-12 Minuten.
Ella muss aber an den immer gleichen Stellen die immer gleichen Fragen stellen: "Wo ist die Axt?", "Warum sagt die Hexe 'Dumme Gans!'?" und dann weint Oscar zwischendurch auch gerne mal, sodass das Vorlesen mitunter 30 Minuten dauert. Aus dieser Mühle kommen wir derzeit nicht so recht heraus.
Nur als Ella gestern pünktlich zum 100m-Finale der Leichtathletik-WM ins Bett pinkelte und daraufhin natürlich weinte und - nicht mehr natürlich - erneut "Hänsel und Gretel" hören wollte, da schaffte es Mama tatsächlich, ihr die kürzeste Version des Märchens überhaupt vorzulesen. Mama war fast schneller als Usain Bolt.

Nun zum Blumenkohl.
Interessiert nimmt Oscar zur Kenntnis, dass jede Woche ein neuer Geschmack in sein Leben tritt. Auf die Pastinake folgten Kartoffeln und Rind. Nun war der Blumenkohl dran.
Mama holte gleich sechs Gläschen mit fein püriertem Kohl.
Oscar verstand beim Füttern die Welt nicht mehr. Auf die erste Irritation folgten schnell Abscheu und Ekel. Beim dritten Löffel übergab sich der kleine Wicht.
Schnell erlösten wir ihn und reichten die gute alte Pastinake.
Oscar war wieder irritiert, verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen und bejubelte fortan jeden Pastinakenbissen.
Um die Blumenkohlgläschen wird sich dann Ella kümmern...

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