Montag, 4. Februar 2013

"Oscar Oscar" redigiert zu "Oscar"

Ellas erstes Schulzeugnis trägt noch den harmlosen Titel "Maulwurf-Zeugnis". Es handelt sich um eine Art Interview mit dem besagten Tierchen, in welchem es zu den Schülern befragt wird. Ella, so der Maulwurf, sei eine ganz ausgezeichnete Schülerin, die sich - und das ist die einzige Bemerkung, bei der der Maulwurf ein bisschen weniger jubelt - mitunter bei ihren Bemerkungen zurückhalten müsse.

Es war also Zeit, Ella in die seltsame Welt der Zeugnis-Sprache einzuführen. Gemeinsam machte sich die Familie an die Arbeit, diesen seltsamen Satz zu dechiffrieren. Man gelangte zu eindeutigen Ergebnissen und Erkenntnissen. Gemein war, dass wir den heiklen Maulwurf-Satz so häufig dechiffrierten, bis sogar Oscar nun Bescheid wusste und unter größten Anstrengungen seiner Mundmuskulatur jedem Mitmenschen erläuterte, in Ellas Zeugnis stehe, sie sei rotzfrech.
"Rotzfrech!", sagt Oscar dann lispelnd und mit großen Augen. "Ella is rotzfrech, ne?"

Die vergangene Woche stand - zum Teil auch aufgrund des Zeugnisses - ganz im Sinne der Feierlichkeiten. Am Sonntag stieß man auf Ellas Maulwurf-Urteil an, am Samstag wurde schlappe sieben Monate nach dem Umzug offiziell die Einweihung der Wohnung gefeiert. Viel Brot und Salz wurde überreicht, während rund 20 Kinder und noch mehr Erwachsene durch die Wohnung wuselten. Zwei Tage zuvor aber wurde Oscars Kindergeburtstag gefeiert.

Nachdem Ella ja zuletzt den Rolls-Royce der Kindergeburtstage besuchte, war bei uns - vielleicht zum letzten Mal - Sparhans Küchenmeister. Möglichst wenig Aufwand wollte man haben. Der Kleine wird früh genug Ansprüche an seinen Kindergeburtstag entwickeln.
Diesmal war er vor seinem Geburtstag nur damit beschäftigt, vier Namen von Kindern zu nennen, die eingeladen werden mögen.
Oscars Gästeliste lautete jeden Tag anders. Irgendwann, als uns die Namen gefielen, meißelten wir sie in Stein. Oscar und Mama tippten die Einladungen. "Schreib: 'Dein Oscar Oscar'", diktierte der Sohn. Mama tippte. Dann löschte sie einmal "Oscar" und druckte die Einladungen aus.

Im Kinderladen verteilte Oscar stolz die Einladungen. "Guck mal, da steht 'Oscar Oscar'", sprach er zu einem Kind. Oscar und das Kind, beide des Lesens unkundig, guckten auf die Karte. Oscar stutzte. Da stand nur einmal "Oscar". Das kann sogar jemand sehen, der nicht lesen kann. Mama wurde rot. Oscar bringt das ersten Mal in seinem Leben einen Witz zu Papier und dann wird er redigiert. Oscars Wut hielt etwa eine halbe Sekunde an.

Der Kindergeburtstag war - wie gesagt - wenig spektakulär geplant. Man marschierte gemeinsam aus der Kita ins Kindercafe. Dort angelangt war die Stimmung allerdings noch weit unspektulärer als gedacht. Sämtliche Gäste des Kindercafés waren nämlich Säuglinge mit ihren unterforderten Müttern. Diese legten ihre Säuglinge mal in diese mal in jene Anordnung. Die Säuglinge griffen mal hier, saugten mal dort.
Abseits davon befand sich Oscars Geburtstagstisch, an welchem wir uns einfanden und gegenseitig anstarrten.

Die Geburtstagsgesellschaft war recht schweigsam. Ein Kuchen wurde gebracht. Er schmeckte nur Oscar. Die anderen Kinder schwiegen. Nur hier und da krächzte eines "Ich will ne Waffel" - es war ein Jammer. Oscar packte ein Geschenk aus. Streit um zum Geschenk gehörende Gummibärchen brach zwischen Oscar und Gastkind L. aus. Dann wieder Schweigen und Säuglinge.

Erst spät tauten Oscar und seine Gäste auf und eroberten immer mehr Raum. Die Säuglinge wurden schon bald von ihren besorgten Müttern weggezogen. Oscar und Geburtstagsgast L. gerieten er erneut in einen Streit. Spielzeug flog durch das Café wie die Barhocker in einem Western-Saloon. Schnell konnten sich die Raufbolde aber wieder beruhigen.


Zum Abschluss zwei schöne Zitate aus der Familienkonversation:

Oscar (mampfend): Wie heißt der Pudding?
Mama (niederländisch): Double Fla.
Oscar: Der schmeckt auch nach Dübel.

Mama und Papa (beim Brettspiel mit den Kindern): Nach dem Spiel machen wir erstmal eine Pause.
Ella: Ja, und dabei trinken wir eine Flasche Bier.

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