Montag, 18. Februar 2013

21st-Century-Altklug-Girl

Als Ellas Papa im Jahr 1983 Schüler der ersten Klasse war, sollte er ein Tier mit "N" nennen. Aus Liebe zur im Abseits stehenden Kreatur sagte er weder "Nashorn" noch "Nilpferd", sondern "Nasenaffe". Großes Hallo unter den Schülern!
Die greise Lehrerin beging nun einen Fehler. Sie sprach mit fester Stimme in die Klasse, einen Nasenaffen gäbe es nicht.

Die Lehrerin irrte selbstverständlich. Am nächsten Tag stolzierte Ellas Papa mit einem schweren Tier-Lexikon in die Schule. Er knallte seiner Lehrerin das Lexikon auf den Tisch und zeigte ihr den seltsamen Affen. 20st Century-Altklug-Boy hatte gesiegt.

Rund 30 Jahre später bat Ella zu Hause um Unterstützung. Sie sei da in eine Diskussion mit ihrer Lehrerin geraten. Die Lehrerin nämlich wolle Ella partout nicht glauben, dass die Erdbeere rein biologisch eine Nuss ist. So viel Unwissenheit...

Ella bat deshalb ihre Eltern um beweisliefernde Ausdrucke aus dem Internet. Papa versprach es zunächst, vergaß es dann und ging zur Arbeit. Mama musste also Abhilfe schaffen und am frühen Morgen tief verschüttete Lexika suchen. Schließlich ging Ella mit der Kopie eines Lexikonartikels über die Erdbeere zur Schule und belehrte ihre Lehrerin. 21st-Century-Altklug-Girl hatte gesiegt.


Interessant an beiden Geschichten ist außerdem, dass es weder 1983 noch 2013 Klassenkeile für die Streber dieser Familie gegeben hat. Es ist doch eine tolerante Welt, in der wir leben...

Gesundheitsmäßig war die vergangene Woche leider nicht viel besser als die vorherige. Ella musste am Donnerstag mit Fieber im Blick das Bett hüten - ihr Neid auf die Dauerpatienten Mama und Oscar (, die bis auf eine Kita-Unterbrechung am Karnevalsdienstag die gesamte Woche über darnieder lagen und so viel fernsahen wie man es sich von so genannten bildungsfernen Haushalten erzählt, von Haushalten, in denen niemals über die Nuss-Kategorisierung der Erdbeere oder die Existenz des Nasenaffens diskutiert wird) war ins Unermesslich angeschwollen.
Alle sahen dämliche Reportagen, nur sie musste zur Schule, zu ihrer unwissenden Lehrerin. Ellas Unterbewusstsein gab deshalb den Befehl an ihr erstaunlich robustes Immunsystem, nun doch einige wenige Viren und Bakterien passieren zu lassen.

Gut dosiert kränkelnd durfte Ella also am Donnerstag auch mal Reportagen gucken. Mama links, Oscar rechts. Reportage vorne.

Ansonsten war Ella in dieser Woche aber relativ fit und bezirzte ihre zum Teil sehr kranken Familienmitgliedern mit ganz besonders elligen Fragen. Mama, vollkommen neben sich, sollte sie beantworten, sah sich dazu aber aus nachvollziehbaren Gründen nicht in der Lage.

"Was ist Denken?", fragte Ella nicht etwa Richard David Precht, sondern ihre siechende Mutter, um (nachdem sie bemerkte, dass ihre Frage ihre Mutter überfordert) dann nachzulegen: "Wohne ich in einem Land?"
Auch darauf - Mama war halt krank - konnte ihre Mutter nicht antworten...

Bei einer anderen Mahlzeit sah Ella ihren Vater lange an. "Was ist?", fragte dieser sein Töchterchen. Ella starrte noch einige Augenblicke ins Vatergesicht und fragte dann Liebreizendes: "Was glaubst du, wie viele Stirnfalten du hast?", sagte sie. Papa wusste es nicht. "Fünf", sagte Ella.


Zum Karneval, das zeigen die Fotos, zogen wir unsere Philosophin als Flamenco-Tänzerin und unseren Virenherd als Krokodil an. Die Flamenco-Tänzerin sah sich in der Schule noch drei weiteren Flamenco-Tänzerinnen gegenüber, und das Krokodil wurde in der Kita wieder fiebrig und musste für den Rest der Woche  aus dem Verkehr gezogen werden.

So langsam aber  sicher sind wir alle wieder hergestellt. Morgen wollen wir das Unglaubliche in Angriff nehmen: Alle vier Hoffmänner wollen morgens die Wohnung verlassen. Das Sofa wird sich wundern.

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