Sehen wir uns also an, wie Oscar am Abend des 5. Dezember seine Schuhsohle reinigt. Kurze Zeit später wird er erfahren, dass der Nikolaus gar nicht so sehr auf die Schuhsohle guckt, sondern eher auf den Gesamteindruck des Stiefels achtet. An Ellas professioneller Putztechnik sieht man dagegen, dass sie nun schon ihren sechsten Nikolaustag begeht. Einschlafen konnten die beiden dennoch nicht so recht. Für Mama und Papa, die Helfer des Nikolauses, bedeutete dies - wie in jedem Jahr - langes Warten, ehe Grunzgeräusche aus den diversen Betten dieser Wohnung verrieten, dass die Kinder den Kampf gegen das Wachbleiben doch noch verloren hatten. Am nächsten Morgen war das Schuhwerk randvoll mit Schokolade und Kinderliteratur. Es folgte eines der bedenklichsten Frühstücke, das wir je hatten. Einziger Bestandteil: Schokolade aus dem Stiefel. Ort: Flur.
Und als ob im Dezember nicht schon genug Ungeheuerlichkeiten passieren, in denen seltsame Fabelwesen wie aus heiterem Himmel Geschenke bringen, gesellte sich zu dem munteren Stelldichein der transzendenten Besucher auch noch die Zahnfee.
Was war geschehen?
Zunächst einmal befand sich in Ellas Adventskalender am 4.12. ein Döschen, auf dem "Meine Zähne" geschrieben steht. Ella wurde erläutert, weshalb sie dieses Döschen bald schon brauchen wird, woraufhin ein unterer Schneidezahn ganz fürchterlich zu wackeln begann. Runde 24 Stunden später - man befand sich mit der Kitagruppe gerade auf einem Ausflug - hielt Ella den Zahn in den Händen.
Ella, die vor Kurzem den Spitznamen "Hamster" verabreicht bekam, worüber noch berichtet werden wird, wäre aber nicht Ella, wenn sie nun Hals über Kopf die Zahnfee mittels Zahn-unters-Kopfkissen-Legens herbeibeordert hätte. Nein. Ella ließ sich das alles erstmal gründlich durch den Kopf gehen und entschied am Abend des 7.12.: "Die Zahnfee möge nun kommen."
Nicht auszuschließen ist, dass Ella den immensen Aufwand, den allein das Nikolausfest für ihre Eltern bedeutet und den immensen Aufwand, den der Adventskalender für ihre Eltern bedeutet, als solchen erkennt und demnach ohnehin durchblickt, dass sich hinter dem seltsamen Nikolaus und der noch seltsameren Zahnfee lediglich die ordinären Gesichter ihrer Erzeuger befinden. Wenn das so sein soll, dann ist Ellas Warten auf den 7.12. als extrem rücksichtsvoll zu werten, aber ihr Staunen über die eilig organisierte Bibi-Blocksberg-CD unter ihrem Kopfkissen, wo zuvor der Zahn lag, sprach eine andere Sprache.
Vom bösen Wort "Feenblut" schnell zurückgeschwenkt auf das liebe Wort "Hamster". Ella hat nach anfänglicher Skepsis mittlerweile auch akzeptiert, dass Hamster liebe und niedliche Tiere sind. Man muss sich also nicht groß ärgern, wenn man nach diesen kleinen Nagern benannt wird. Ella hat sich diesen Namen deshalb so doll verdient, weil sie die Dinge, die ihr lieb und teuer sind, zunächst hamstert. Lange Zeit lag eine angebissene Schale des Überraschungseis bei uns auf dem Tisch. Sie war nicht etwa Müll, sondern von unschätzbarem Wert, denn es handelt sich um Kinderschokolade, die einzige Art Schokolade, die unsere Tochter isst.
Oscar ließ die ersten Schlucke über sich ergehen. Dann aber störte ihn zunehmend entweder die Eigenschaft a oder die Eigenschaft b des gelben Getränkes. Argumentieren tat der Herr Neunmalklug aber mit Eigenschaft c und so wunderten sich die niederländischen Weihnachtsmarktbesucher an unserem Tisch mal wieder über diese seltsamen Deutschen, die in jungen Jahren von der Fanta trinken, danach den Mund verziehen und laut rufen "Die is zu teuaaa".
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