Montag, 12. September 2011

Montags, nach dem Gewitter

Oft gewittert es in diesen Spätsommertagen in Kreuzberg. Es gewittert sogar so oft, dass wir schon echte Langzeit-erfahrungswerte darüber haben, was so alles in diesem Hause passiert, wenn es gewittert.

Zunächst einmal können wir aus dem Reich der Technik berichten, dass sich Papas Handy auf faszinierende Weise entlädt, nachdem es draußen gewitterte. Es existieren sogar besorgte Internet-Communities, die sich über dieses Problem austauschen. Auch heute war Papa den ganzen Tag über "not available"...

Recht zeitnah geschehen auch Dinge im Reich der Organismen, wenn es gewittert. Beide Organismen, die in den letzten Jahren zu uns stießen, haben nämlich gehörigen Respekt vor Blitz und Donner. Echte Helden wie Oscar zum Beispiel sprechen gar von "Aaaaanngst".

Weil es draußen ordentlich krachte, durften Ella und Oscar deshalb ins elterliche Bett ziehen. Mama und Papa saßen noch vor dem Fernseher, was nicht weiter störte, denn das Bett alleine versprüht schon tröstende Wirkung und so schliefen die beiden Kinder friedlich darin.

Mama und Papa wollten sich später dazu legen, da hatte die Mama eine groteske Idee. "Wir tragen die Kinder noch ins Kinderzimmer. Nimm du das Größere, ich nehme das Kleinere." Papa murmelte sein Missfallen etwas zu leise in die Nacht. Wie lange würden die Kinder wohl im eigenen Bett liegen?

Die Eltern, die gerade die Kinder entfernt hatten, legten sich ins vorgewärmte Bett.
Nach 20 Sekunden weinte ein Kind. Ein Elternteil ging hin und holte es.
Daraufhin, es waren insgesamt 30 Sekunden vergangen, seit die Kinder das Elternschlafzimmer verließen, waren wir plötzlich zu viert.

Wir notieren also: Gewitter-Folge eins: Entladung eines technischen Gerätes. Gewitter-Folge zwei: Kinderwunsch nach familiärer Ballung. Was aber ist Folge drei?

Nun. Folge drei hat sehr viel damit zu tun, dass Oscar - entgegen seiner Selbsteinschätzung - hochgradig sensibel ist. Träumt er schlecht, und das passiert in Gewitternächten voller Angst, dann hat er am nächsten Tag Herpes am Bein. Angstherpes. Der Weg zum Cowboy ist noch weit für unseren Sohn, der sich - wenn man ihn danach fragt - immer noch für sehr groß hält.

"Warst du beim Kinderturnen der Größte oder der Kleinste?", fragte Papa, der keine Lust auf Durchschnitt hatte. "Größte", flüsterte Oscar, woraufhin Ella zurecht in das Abendbrot schrie, dass sie die Größte gewesen sei. Oscar gelang nun schier Unmögliches: Innerhalb von zwei Sekunden stellte er mittels Kopfhaltung und Gesichtsausdruck dar, dass Ellas Aussage a) grundsätzlich im Rahmen des Möglichen anzusiedeln ist, gleichzeitig b) für Oscar eine bodenlose Demütigung darstellt und dass Papa bitteschön c) helfen möge.

Zuvor wurde übrigens geweint (Oscar), weil man nicht ständig Endstücke der Fleischwurst gereicht bekommt, was ungerecht ist, denn Endstücke schmecken so viel besser als die Stücke aus der profanen Mitte der Fleischwurst.

Danach wurde dann aber auch geweint. Diesmal war es Ella, die in Tränen ausbrach. Der Grund konnte zunächst nicht kommuniziert werden, zu groß war der Kummer. Dann war es raus: Ella wollte nicht so lange auf ihren Toast warten.

Es ist Montag. Am Montag sind die Kinder immer furchtbar müde und müssen beim Abendbrot deshalb immer ganz besonders weinen. Welch harmlose Rolle die Eltern bei diesen Weinkrämpfen spielen, wird gleichzeitig aber auch sehr deutlich, wenn man bedenkt, dass die Kinder zunächst von der Wurst und dann vom Toast zum Weinen gebracht wurden.

Die Höhepunkte der Woche im Schnelldurchlauf: Ella und Papa schliefen am Mittwoch im Garten. Einfach so. Am Freitag ließ Papa die Familie für drei Tage alleine. Währenddessen wurde im Garten trotzdem gegrillt. Ellas Sorgen, der Grill würde nie angehen, weil Mama das eventuell nicht können würde, bestätigten sich nicht. "Ben war ja da", berichtete Ella dem interessierten Vater. Am Sonntag hat es dann gewittert. Am Montag waren dann alle müde. Fleischwurst. Toast. Kummer.

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