Sonntag, 9. Januar 2011

Knut feiern

Die Weihnachtszeit endete mit einem Paukenschlag, einem absolut bestaunenswerten Ereignis, das ein schwedisches Möbelhaus als "Knut" in die für jeden Spaß zu habende deutsche Bevölkerung brachte.

Eingeladen wurde eine Familie, die das Privileg, in einer Höhe von rund 10 Metern zu wohnen, nicht genießt. Die Familie reiste an, stellte die Kinder neben Ella und Oscar ans Fenster und sah zu, wie am Nachbarfenster der Vater von Ella und Oscar den Weihnachtsbaum in die Tiefe warf. Unten passte Mama auf, dass kein Passant vom herabstürzenden Ex-Weihnachtsbaum erschlagen wird.

Die Kinderschar war beeindruckt. Als Mama dann wieder nach oben kam, versuchte Oscar mit seinem erbärmlichen Wortschatz von der Ungeheuerlichkeit zu berichten. "Da... da...Baum." Ein Fingerdeut noch auf das Fenster, das musste reichen. Mama war informiert.

Man lud die besagte Gastfamilie an diesem Sonntag natürlich nicht nur ein, um gemeinsam "Knut" zu feiern, sondern um einem mitunter auch sehr anstrengenden Tag zu viert zu entgehen. Zunächst stand die Idee "Zoobesuch" im Raum, doch Ella, Königin der Faulheit, wollte keinen Ausflug machen. Selbst ein verzweifelt vorgeschlagener Spaziergang durch die Bergmannstraße war Ella zu viel und so bestellte man einfach eine weitere Familie in die Wohnung, um gemeinsam Kuchen zu essen und sich daran zu erfreuen, wie 4 Kinder miteinander spielen und die Erwachsenen einfach mal in Ruhe lassen.

Problem 1) Der Kuchen.
Auf dem Weg zum Bäcker hatte Papa noch alles im Griff. Ella und Oscar stapften mit, hüpften durch die Pfützen und waren guter Dinge. Die freundliche Bäckerin reichte Papa zwei Tüten voll mit Gebäck und ein Geschenk für die Kinder. Damit begann das Übel.
Da Oscar zu klein war, um von der Bäckerin wahrgenommen zu werden, schenkte sie den anwesenden Familienmitgleidern insgesamt ein Minigebäck. Ella stand schon in der Tür, Papa nahm das Minigebäck an sich.
Oscar erblickte das Gebäck instinktiv so, wie ein Löwe eine Zebraherde erblickt. Oscars Hand schnellte nach oben. Papa, der mit den zwei Tüten voll Kuchen und dem Minigebäck ohnehin überfordert war, war froh über den Abnehmer. Ella schrie nicht zu Unrecht, dass es sich aber um ihr Gebäck handele, schließlich blickte die freundliche Bäckerin ja ihr in die Augen, weil sie Oscar überhaupt nicht sehen konnte, der voller Hunger vor dem Tresen stand.
Papa löste das Problem, indem er das Gebäck teilte. Seltsamer Weise brach daraufhin kein Kind in Tränen aus, vielmehr stellte Ella ohne Gebrüll nur kurz fest: "Oh, Apfelfüllung - mag ich nicht", weshalb Oscar nun mit einer halben Mini-Apfeltasche starmmen Schrittes auf die rote Ampel zulief, während Papa Ella eine Kuchentüte zum Tragen gab und mit einer weiteren Kuchentüte und einer halben tropfenden Apfeltasche dem Sohn hinterherrannte.
Als es grün wurde, gelang es dem Vater zwar, Oscars Hand zu ergreifen, doch sah sich Oscar dadurch leider seiner Freiheit als Fußgänger beraubt, weshalb er sich losriss und provozierend langsam über die Straße spazierte.

Papa griff mit der Apfeltaschenhand nach seinem Sohn, zog ihn über die Straße. Oscar wurde sauer. Endlich erreichte Oscar die andere Straßenseite, wo er zu seiner Rache ausholte: Er blockierte den gehandicapten Vater, sodass dieser weiterhin auf der Fahrbahn stand. Erst nach quälend langen Sekunden gelang es dem Vater, den Windelhintern seines Sohnes so weit nach vorne zu schubsen, dass auch er wieder auf den Bürgersteig gehen konnte. Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass Oscar den Rest des Weges über schrie und mit strampelnden Beinen seinen Vater sekündlich mehrfach in die Schenkel trat, während er vom fluchenden Erzeuger in die Wohnung getragen wurde.

Dort feierte man dann Knut.

Problem 2) Anhängliche Kinder
Im Kinderzimmer war die Hölle los. Die Holzeisenbahn war aufgebaut, das Trampolin stand bereit, Stifte und Papier waren zuhauf vorhanden. Nur die Kinder fehlten. Alle zogen und zerrten an den Erwachsenen, die sich dreist weiter unterhielten. Es ist die Routine junger Eltern, die sie auch bei unwürdigsten Bedingungen noch Gespräche führen lässt. Man hätte den Nachmittag inmitten eines Schimpansenkäfigs wohl auch durchgestanden.

Im Übrigen ist es vor allem Ella, die in letzter Zeit zu verstärkter Anhänglichkeit neigt. Dies geht so weit, dass Ellas Papa keinen Schritt tun kann, ohne das Ella ihm wie ein Schatten folgt. Hier und da baumelt sie auch gerne mal an Armen oder Beinen der Eltern.

Am Samstag wurde Ellas Bastelstation "Moppe" bemalt.
Moppe ist - wie das Fest Knut - die Geburt eines schwedischen Möbelhauses, mittlerweile aber nicht mehr im Verkauf. So wurde Ella die Herrschaft über eine seit langem in Familienbesitz befindliche Moppe überlassen. Moppe - so das elterliche Angebot - dürfe auch lackiert werden.

Ella und Papa holten die Lacke und griffen dabei beherzt nach einer Sorte, die die Mama zornig machte. Und richtig - vorübergehend wussten Ella und Papa nicht, ob sie ihre Hände je wieder sauber kriegen würden. Ella lernte viel an diesem Nachmittag, zum Beispiel, was Spiritus ist.
Oscar lernte, dass eine ausgebreitete Schutzfolie keine Turnmatte ist.
Als Oscar nämlich die etwa 0,05 mm dicke Folie erblickte, da stürzte er sich voller Freude drauf und war im wahrsten Sinne des Wortes erschüttert darüber, dass die Folie seinen Sturz nicht nennenswert bremste.

Ella - dies zum Abschluss - hat mal wieder Großartiges geleistet: Sie ließ sich von Mama verraten, wie man "Jahr" schreibt, nahm sich ein Blatt und schrieb unfassbarer Weise folgendes darauf: "Nojnjahr 2011" - die anwesende Grundschullehrerin bestätigte, dass ihre Viertklässler das Wort "Neujahr" auch in etwa so schreiben würden...

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