Sonntag, 5. September 2010

Selbstständige Wege

Nur kurz zur Schlafsituation, die sich ja hier so oft ändert: Ella schläft im Arbeitszimmer ein. Oscar im Kinderzimmer. Wenn die Eltern dann abends ins Schlafzimmer gehen, wird Ella vorher noch ins Kinderzimmer gelegt.
Irgendwann kommt Ella dann aber ins Schlafzimmer gelaufen und legt sich zwischen Mama und Papa. Gegen 5.00 weint Oscar. Mama steht auf und legt sich auf eine riesige Matratze, die wir neben Oscars Bett gelegt haben. Morgens liegen dann also Mama und Oscar im Kinderzimmer und Papa und Ella im Schlafzimmer. Kompliziert, aber es funktioniert.

Oscar kämpft sich derzeit durch sein Leben, auf das er mehr und mehr Einfluss nehmen will, was bedeutet, dass Oscar auch mal eine Entscheidung treffen will. Leicht ist das nicht für jemanden, der nur "Mama", "Papa" und vielleicht "ja" sagen kann.

Verständigung mit Händen und Füßen ist angesagt. Wie ein der Landessprache seiner Mitmenschen unkundiger Tourist diskutierte er mit seiner Mutter jüngst aus, welcher Art die Vormittagsbespaßung sein soll.

Oscars Mutter war für "Einkaufen" und latschte mit dem Sohne Richtung Kreuzung, an der sich zwei Supermärkte befinden, die das Wort "Super" ganz und gar zu unrecht in ihrer Bezeichnung tragen. Oscar, so zeigte sich bald, hatte aber keine Lust auf "Einkaufen", blieb nämlich an der entscheidenden Stelle felsenfest stehen, schüttelte wild den Kopf und zeigte vehement nach Norden.

Mama gab dann schließlich auf und lief mit Oscar in die gewünschte Richtung. Irgendwann wurde ihr dann klar, welches Ziel sie in diesem Moment ansteuerte. Es handelte sich um nichts Geringeres als die Attraktion der Großbeerenstraße: Oscar wollte zur U-Bahn-Brücke.

Dort angekommen stand er ehrfürchtig vor dem Eisengestell und fiepte vor Vergnügen, wenn eine U-Bahn darüberrumpelte. Ja, Oscar hat klar definierbare Interessen: Fahrzeuge jeder Art, Tiere, Essen, Fußball.

König Fußball hat sich zum Behagen seiner Eltern in den letzten Tagen immer mehr in Oscars Welt geschlichen. Sehr häufig sieht man den kleinen Knirps jetzt durch die Wohnung dribbeln, immer einem Ball hinterher und dabei laut lachend. Jungs sind eben Jungs. Ella, die in Oscars Alter schon mindestens 20mal die "Sportschau" sehen musste, auf dass sie sich für Fußball interessiere, dribbelt nicht. Ella prickelt.

Prickeln heißt eine Technik des Durchlöcherns von Papier. Wer gut löchert, der kann sehr schöne Muster aus dem Papier heraustrennen. Das ganze ist nicht sehr spektakulär und findet hier nur Platz, weil es so schön klingt, dass der Sohn dribbelt und die Tochter prickelt.

Während Oscar also recht selbstständig entschied, in welche Richtung Mama zu laufen hatte, hat Ella auch einen sehr selbstständigen Weg hinter sich.
Papa brachte sie über die Straße und dann durfte sie alleine zum Bäcker, wo sie dann tatsächlich 3 Schrippen, 2 Sesambrötchen und ein Rosinenbrötchen kaufte. Die Bäckerin, so Ella, sagte der kleinen Kundin beim Brötchen Aushändigen, dass sie bislang gar nicht wusste, dass man mit 4 schon Brötchen kaufen kann. Ella war stolz. Mama und Papa auch. Und Oscar freute sich über sein Brötchen. Woher es kommt, das hinterfragt der Fratz noch nicht.

Überhaupt wundert sich Oscar über nichts. Nur eine Situation kann er sich nicht erklären. Wenn er nämlich von Papa gewickelt wird, dann setzt sich sein Vater neuerdings immer eine Maske vom Grüffelo auf. Die liegt immer neben dem Wickeltisch und hat den sehr angenehmen Nebeneffekt, dass sie die Geruchsbelastung mittels Abklemmen des Riechorgans deutlich vermindert.
Papa wickelt also mit dieser Maske und Oscar staunt. Sein gesamtes Verhalten deutet darauf hin, dass er tatsächlich nicht weiß, dass sich hinter der Maske die Person befindet, die ihn eben noch ins Badezimmer getragen und auf den Wickeltisch gelegt hat. Nach dem Wickeln verlässt Oscar das Bad. Der Grüffelo bleibt. Oscar winkt ehrfürchtig und verschwindet. Maske ab. Grüffelo weg.
Kommt Oscar dann wieder zurück, versteht er die Welt nicht mehr. Eben noch war hier der Grüffelo, Oscar wollte ihn doch Mama (, die er an der Hand hat) zeigen, und nun? Nichts. Nur Papa.

Oscar kann sich das nur mit Hexerei erklären. Bisschen dünn, seine gedankliche Kombinationsleistung. Aber naja, er ist ja noch so klein...

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