Sonntag, 13. Juni 2010

Unbetreute Kinder - Fußball läuft

Als Familie Hoffmann am letzten Samstag nur mal eben zum Verbandswechsel von Papas Fuß ins Krankenhaus fuhr, sprach die Ärztin die entscheidenden Worte: "Oh oh".

Papa wurde noch am gleichen Tag aufgeschnibbelt und lag dann fünf Tage lang im Krankenhaus, exakt übrigens an den fünf Tagen, an denen dieses Jahr Sommer war.

Für Mama, Ella und Oscar bedeutete dies: Begleitet von 30° nicht nur ohne Papa zu Hause klar kommen, sondern selbigen auch täglich zu besuchen. Während Papas Fuß täglich besser wurde, wurde Mamas Gesicht grauer. Am Donnerstag dann war die Familie wieder vereint.

Von allen Seiten wurde auf Ella zuletzt eingeredet, dass ja nun die Fußball-WM beginnt. Und so sprach Ella am Freitagmorgen unmittelbar nach dem Wachwerden aus, was alle Welt dachte: "Heute beginnt die Fußball-WM!".

Voller Vorfreude bereitete Ella alles vor. Die Fahnen der Länder werden gemalt und ans Regal gehängt. Darunter hängen zwei Nullen, die Ella immer dann durch andere Zahlen ersetzt, wenn ein Tor fällt.

Ella ließ den Vorbericht zum ersten Spiel über sich ergehen. Dann - nach der zweiten Nationalhymne - fragte sie: "Ist die Fußball-WM jetzt vorbei?". Mama und Papa verneinten. "Nein" sagen sie derzeit auch komplett zur Kindererziehung. "Es ist WM. Mama und Papa können nicht mit Euch spielen", heißt es da schonmal. Ella und Oscar gewöhnen sich langsam an die kalte Schulter der Eltern und flitzen durch die Wohnung - sprich: sie befassen sich tatsächlich mit sich selbst.

Welches Kind bei dem sonderbaren Spiel die Rolle des Ziehenden übernimmt und welches Kind mehr so mitgeschleift wird, wechselt ständig. Nur der Rumms, der alle 10 Sekunden verkündet, dass ein Kind umgefallen ist, ist eigentlich immer Oscar zuzuschreiben, wenngleich Ella allein heute auch schon derart oft verunfallt ist, dass nun überall in der Wohnung Kühlpads herumliegen. Es ist halt Fußball-WM. Mama und Papa können sich nicht um die Kinder kümmern und gegebenenfalls im Weg stehende Möbelstücke rechtzeitig entfernen, bevor ein Kind stirnwärts in selbiges zu krachen gedenkt.

Heute fällt sogar das Ins-Bett-Gehen weg. Ella und Oscar dürfen "Deutschland" gucken. Das Spiel findet aus Kindersicht mitten in der Nacht statt und es bleibt abzuwarten, wie groß die Unterstützung der derzeit mit aufgerubbelten Fähnchen an der Wange und in ein Trikot gehüllten Ella dann sein wird, wenn das Spiel läuft.

Noch immer sorgt Ellas leichter Sprachfehler übrigens für Irritationen: Beim Abendbrot heute verlangte Ella die "Tanne", meinte aber die "Kanne", auf welche Oscar neuerdings immer schlägt, wenn man ihm daraus eingießt. Ein Verfahren, dass er sich bei der Ketchup-Flasche abgeguckt haben dürfte, das aber bei Apfelschorle in Kannen zu unschönen Ergebnissen führt.

In der Bibliothek sah Ella dann, dass eine Bibliothekarin einen Tacker verwendete. Mit ihrer T-K-Schwäche sorgte sie dann lautstark dafür, dass Mama einen roten Kopf bekam. Pfiffige Leser mögen sich die Pointe dieser Anekdote selber zusammenreimen.

Wir müssen nämlich jetzt schnell wieder vor den Fernseher.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen