Sonntag, 20. September 2009

Nachts am Fenster

Wir sprachen an dieser Stelle vor ein paar Wochen einmal davon, dass sich die Art der Verschmutzung in Wohnungen durchaus ändert, wenn die einheimischen Kinder älter werden.
Bei dieser Betrachtung stand selbstverständlich Oscar im Mittelpunkt, ist Ellas Müllproduktion in Qualität und Quantität doch seit Monaten auf konstantem Niveau.

Doch dann geschah es: Ella wurde als reif genug angesehen, eine Kinderschere zu erhalten.
Seitdem hat Ella ein neues Hobby. Wir ahnten ja schon beim Besuch in Bochum, wo wir die damals dreijährige Johanna hantieren sahen, was so auf uns zukommt, und nun ist es soweit:

Ella schnibbelt Papier in kleine Dreiecke, die in ihrer Größe stark an Fotoecken erinnern.
Minutenlang steht sie da und schnibbelt und hinterlässt dabei einen beachtlichen Berg Papiermüll, der den Eltern anschließend auch noch stolz präsentiert wird.
"Toll", sagen die dann und sind gut beraten, das Kehrblech umgehend zu holen, denn in diesem Hause lebt ja noch jemand, der es sich derzeit auf die Fahnen geschrieben hat, sämtliche Objekte seiner Umgebung zu bespeicheln.

Ella schneidet und Oscar speichelt. Dass dies eine Form ökologischster Arbeitsteilung ist, wurde uns klar, als wir im Rahmen eines Park-Festes an einen Stand gerieten, an welchem die Herstellung von Umweltpapier demonstriert wurde. Man nehme Papierbrocken (Ella) und Wasser (Oscar), dann matsche und streiche man. Und schon hat man einen Bogen Altpapier.

Doch nicht nur in diesem Berich harmonieren unsere beiden Teile der Umweltpapierherstellung hervorragend. So langsam spielen die beiden auch ganz toll miteinander. Oscar sitzt im Zimmer und staunt, wie Ella mit seinem Spielzeug um ihn herum spielt. Ella genießt das Bestauntwerden und Mama und Papa die dadurch klaffende Lücke in ihrem Alltag.

Seit gestern kann Oscar übrigens, zieht man ihn hoch, so ein bisschen stehen. Zumindest sind die Füße am Boden, die Beine durchgedrückt und der Mund weit geöffnet. Ella dagegen bewegt sich in diesem Punkt eher zurück. Sie läuft nicht mehr. Laufen ist für Ella die Hölle, und auch das Buggyboard ist für die Dame keine wirkliche Alternative. Nein, sie will getragen werden.
Dass ausgerechnet Ella dann nach dem Besuch beim Berlin-Marathon in der Großbeerenstraße "Marathon" spielte und die zwanzig Meter zur Haustür rannte und dabei schrie, sie sei die schnellste Frau des Marathons und überhaupt Erste, war blanker Hohn. Ella wird noch Jahre brauchen, ehe sie insgesamt in ihrem Leben die nötigen 42 Kilometer zurückgelegt hat.

Leider nur kurz sind derzeit die Phasen, in denen Mama und Papa mal Ruhe haben. Auch die Abende sind geprägt vom alternierenden Geschrei Oscars und Ellas.
Samstagnacht weinte Oscar um 20 und um 21 Uhr, Ella dann um 22 Uhr. Davon wurde Oscar wach und weinte. Papa tröstete Ella und Mama tröstete Oscar. Nichts half.
Dann die Idee: Beide Kinder gucken für ihr Leben gern aus dem Fenster. Von einer Sekunde auf die andere war es ruhig. Familie Hoffmann stand des Nachts am Fenster und blickte hinaus. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie man so seine Wochenenden verbringen kann, wenn man Kinder hat.


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