Montag, 3. Juni 2013

Die zwei Fulltime-Jobs der liebenden Mutter

In zweierlei Hinsicht verändert sich der Alltag der sympathischen Kreuzberger Familie nun.
Zum Einen wird die Mutter des Hauses ab sofort für sechs Monate einen Fulltime-Job haben. Nun mag man einwenden, dass eine Frau, die zunächst eine Ella gebiert und später dann noch einen Oscar und sich mit diesen beiden Personen und ihren abwechslungsreichen alterstypischen Bedürfnissen seitdem tagein tagaus auseinanderzusetzen hat, ohnehin schon seit knapp 7 Jahren einen Fulltime-Job hat, doch nun kommt im arbeitsrechtlichen Sinne noch ein echter, also in Wahrheit wesentlich harmloserer Fulltime-Job hinzu.

Was heißt das?
Das heißt, dass die Frau des Hauses heute erst um 18:45 wieder bei Ella, Oscar und Gatten war. Alle drei, nein: alle vier, befanden sich in erstaunlich gutem Zustand. Doch wie lange wird dies so sein? Des Vaters Job ist phasenweise anstrengender als derzeit, wo in allen Schulgebäuden dieser Republik nur noch die DVD-Player rein und rausgeschoben werden. Momentan geht das alles. Papa war mit Oscar und Ella beim Turnen und bestätigte - was eigentlich wunderbar ist - sich selbst alte Erinnerungen. Die nämlich, dass Kinderturnen und überhaupt dieser ganze Bereich, den Oma Münster liebevoll "Inszenierte Kindheit" nennt, nicht sein Fall ist.

Das Kind turnt ohnehin die ganze Zeit. Selten steht Oscar still, selten wird sein Puls nicht bis zum Anschlag hochgefahren. Warum also muss dieser Junge dann noch offiziell turnen? Warum sich mit anderen Menschen in einen Raum begeben und mit diesen - zum Teil hochgebildete und studierte Personen, Ärzte, Anwälte, Direktoren - und ihren mehr oder weniger sympathischen Kindern im Kreis laufen und unsinniges Zeug singen? Das alles ist nicht die Welt des Vaters, die zwar auch nicht unbedingt aus spannenden Undercover-Ermittlungen oder Hochseil-Akrobatik, aber eben auch nicht aus von hochqualifizierten Erwachsenen gesungenen Kinderliedern bestehen soll.

Wir sehen mal weiter. Und wer mag, der scrollt diesen Blog einfach mal zwei Wochen weiter und liest sich das ultimative Drama durch:
Papa ist dann nämlich auf Klassenfahrt. Weg. 5 Tage. Mama, wir erinnern uns, hat einen Fulltime-Job. In dieser Woche sind es dann endgültig deren zwei und so wollen wir auch nachsichtig sein, wenn gleich von zwei Zitaten der Mutter die Rede sein wird, die nicht unbedingt die positive Grundeinstellung der Mutter zu ihrer derzeitigen Situation ausdrücken.

Der Vater sprach über die Woche seiner Abwesenheit. Die Mutter hätte ja dieses noch zu erledigen oder auch jenes. Hier intervenierte die vorausblickende Frau. Sie sagte: "In der Woche, in der du weg bist, bringe ich die Kinder weg, gehe arbeiten, hole die Kinder ab, bringe sie ins Bett und trinke danach Alkohol. Mehr mache ich nicht." Ich denke, diese fünf Vorhaben sollten der Termine auch tatsächlich genug sein.

Das zweite Zitat soll vermischt werden mit der zweiten Veränderung unseres Alltags: Irgendwo in Oranienburg steht derzeit ein Auto, welches sich in diesen Tagen in unseren Besitz begibt. Neben Ella, Oscar, der Wohnung nun der vierte dicke Brocken, der die unendlich tiefe Liebe zwischen Papa und Mama kittet und der im Falle einer Trennung irgendwie zugeteilt werden müsste. Papa jedenfalls betrat wenig grazil den Bereich der schlimmsten Unromantik, als er darüber sinnierte, wie das alles jemals auseinanderdividiert werden könnte, wenn der Fall der Fälle einträte.

Mamas Antwort, und dies ist ihr zweites Zitat, übertraf die Unromantik des Vaters allerdings um ungeahnte Längen. Sie sagte zum Thema Gütertrennung: "Ich vier Räder. Du vier Beine." - Geht es grausamer? Nein. Ernsthaft wird sie es auch nicht gemeint haben, dazu sind Ella und Oscar einfach zu schnuckelig, wenn sie beide schreiend durch die Wohnung rennen und sich dabei häufig selber oder gegenseitig wehtun.

Gestern zum Beispiel warf Oscar - ob es mutwillig war, konnte nicht abschließend geklärt werden - Ellas Kuscheltier, einen blauen Elefanten, aus dem Fenster. Der Elefant flog vier Stockwerke tief und landete glücklicherweise auf dem weichen, nassen Rasen hinterm Haus.
Der Plan von Mama und Papa, einen ganzen grauen Sonntag lang, in ranzigen Klamotten zu bleiben, zersplitterte: Papa musste sich festes Schuhwerk anziehen und den Elefanten retten.

Ella wird übrigens immer stärker im Schach. Neulich setzte sie ihren Vater matt. Das war hart. Nicht viel einfacher war es für den Vater, in das lachende Antlitz seines Sohnes zu gucken, der die eroberte Dame des Vaters in der Hand hielt. Vielleicht ist Ella auch gar nicht so außergewöhnlich stark im Schachspiel, sondern der Vater einfach so außergewöhnlich schlecht.
Für Ella spricht allerdings, mit welcher Genialität sie innerhalb kürzester Zeit Mamas und Papas tagelanges Grübeln über eine gute Zahl auf dem neuen Autokennzeichen beendete. Ella fand die perfekte Zahl, die in sich selbst verwoben die derzeitigen Lebensalter aller Familienmitglieder darstellt. Im Nachhinein ist es die einzig denkbare Zahl für unser Nummernschild. 48 Stunden lang hatten Mama und Papa zuvor überlegt.

Gegen Ella darf man also auch mal im Schach verlieren. Und der Bruder hat immerhin noch so viel Restgenialität, dass er dem Vater eine Dame mopst, ehe er kläglich mattgesetzt wird.



 





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