Mama zückte deshalb schon Freitagnachmittag einen Zettel und notierte sie alle - die vielen freien Tage. Große Vorhaben wie Schwimmbad, Zoo und IKEA wurden wahllos dahinter notiert. Voila - fertig ist unser Anti-Stress-Programm. Beginn: Morgen im Zoo.
Interessant wird zu beobachten sein, ob die Kinder auch in der nun anstehenden Nach irgendwann zu den Eltern latschen. Immerhin liegen sie ja im sonst so ersehnten Elternbett. Wenn nun aber die Eltern nebenan liegen, gehen dann die Kinder auch dorthin? Wir werden es sehen.
Oscar übrigens hat anscheinend manchmal wirkliche Gründe, nachts zu uns zu kommen: Am späten Abend war es, als man DJ Oscar seinen CD-Player bedienen um nicht zu sagen traktieren hörte. Knöpfe wurden gedrückt, Schalter umgelegt. Es war nach 22:00 Uhr - der Herr wollte sich noch eine "Benjamin Blümchen"-Folge gönnen, doch das Gerät fing unter Oscars planlosen Handgriffen immer mehr zu schmollen an.
Als Held wäre er zurück in sein Bett gekrochen und hätte dort trotz lautstarkem Rauschen aus seinem Player heroisch die Nacht verbracht. Als Mensch der Vernunft hätte er immerhin ein technisch versiertes Elternteil rufen und die Tonstörung so beheben können. Nichts von dem tat Oscar. Er rannte einfach davon. Raus aus dem Zimmer, rein ins Elternbett - ohne einen Ton zu sagen. Dort lag dann ein kleiner Feigling. Nebenan rauschte es leise vor sich hin...
Neben dieser wenig großen Aktion hat Oscar dagegen eventuell die Lyrics für die neue Punkrock-Hymne getextet: "Deutschland, du bist mein Freund", sang der Knabe da noch scheinbar patriotisch, nur um diesen Chant nach zwei, drei Wiederholungen ironisch zu brechen: "Rotze, du bist mein Freund" - Oscars Humor ist tiefgründig, seine staatsfeindliche Haltung subtil.
Seine große Schwester dagegen liebt die direkte Aussprache. Über Mamas Laptop gebeugt, sagte sie beispielsweise nüchtern: "Kannst du mir den geben, wenn du dafür zu alt bist? Ich kann den gut gebrauchen." Mal ganz davon abgesehen, dass Ella mit Computern tatsächlich unfassbar gut umgeht und diese wohl tatsächlich gut gebrauchen könnte, muss man damit rechnen, dass Mamas Laptop wesentlich rasanter altern wird als seine Besitzerin. Ellas Frage war also nicht nur nüchtern, nicht nur sehr dreist, sondern auch noch falsch gestellt.
Später erzählte Ella ihrem Vater, dass sie jüngst ein Spiel erfunden habe. Das Spiel - dies stellte der Vater schnell fest - war sehr speziell und dürfte kein kommerzieller Erfolg werden, denn man kann es nur spielen, wenn jemand Schluckauf hat.
Es geht so. Ella erklärt: "Immer wenn man beim Schluckauf schluckt, dann muss man auf seiner Lieblingsfarbe stehen." Sie war begeistert. "Welche Farbe das ist, ist aber eigentlich egal."
"Ella, bei jedem Schluckauf bitte auf Rot stehen" - Ella guckte sich hektisch um. Sie sprang auf den Teppich. Vor dem nächsten Schluck musste sie also wieder auf Rot stehen. Kurzes Überlegen. Dann war eine Schwachstelle des Schluckauf-Spiels gefunden: "Ich kann ja eigentlich gleich hier stehen bleiben." - "Stimmt", sagte Papa. Ella schluckte. Dann wurde das Spiel verändert. Jeder Schluck eine andere Farbe. Ella hüpfte durchs Zimmer. Bei der vierten Farbe war der Schluckauf weg. Vielleicht ist das Spiel doch gar nicht so schlecht...
Am Dienstagmorgen war es, als dieser Oscar seine Mutter fertig und seinen Vater fröhlich machte.
Das letzte Foto ist von großer Bedeutung: Oscar hat an die Tafel im Hintergrund seinen Namen geschrieben - in Spiegelschrift, wie es alle Exzentriker zu tun pflegen.