Sonntag, 13. November 2011

Vermisste Mützen, erlogene Brillen und vernünftige Mütter

Wir müssen mit einem Nachtrag zur letzten Woche beginnen, denn von Ellas Augenarztbesuch wurde nur unvollständig berichtet.

Beim wackeren Arzt, der aus Ellas widersprüchlichen Aussagen bezüglich seiner Messungen schließlich einen Mittelwert berechnete und den wir aufgrund dessen ein wenig belächelten, müssen wir uns entschuldigen, denn - so vermutet die Mutter - Ella hat alles inszeniert. Wir haben der jungen Dame wohl so lange von Brillen vorgeschwärmt, bis ihr Entschluss fest stand, eine haben zu wollen. Da sie zudem nicht dumm ist, wusste sie genau, dass sie beim Augenarzt nicht allzu viel richtig machen darf um das Vorhaben "Brille" nicht zu gefährden. So log sie sich durch die Abbildungen und wird demnächst dann ihre aus Lug und Trug gefertigte Sehhilfe in Empfang nehmen. Wir sind gespannt, ob Ella dann zufrieden ist, mit ihren viel zu starken Gläsern.

Und nun von Ellas Brille (, die noch nicht ist) zu Oscars Mütze (, die nicht mehr war). Es war im Bus nach Grunewald, als Papa und Oscar sich vom Sitz erhoben und Oscars heiß geliebte Mütze einfach liegen ließen. Erst am nächsten Tag wurde uns der Verlust klar und als sich dann der schlimme Satz "Wir haben Oscars Mütze verloren" langsam durch Oscars Ohren in sein Hirn fraß, konnte man einen kleinen Jungen dabei beobachten, wie in ihm eine Welt zusammenbrach. Oscar war tief erschüttert. Wenig konnte ihn danach zufrieden stellen. Mama und Papa zeigten abwechselnd im Internet per Bildersuche gegoogelte Mützen, die Oscar zwar mit Interesse zur Kenntnis nahm, dann aber stets traurig und vorwurfsvoll die tollen Eigenschaften seiner verlustig gegangenen Mütze in die Elterngesichter jammerte "Die war blau mit hellblau".

Als Papa und Oscar dann vor einer nicht virtuellen, sondern vollkommen realen Mützenkiste standen und Oscar diverse Mützen aufgesetzt bekam, wiederholte sich dies. Zunächst ließ er alles über sich ergehen, fand viele Mützen auch toll, doch als Papa ernst machen und zur Kasse gehen wollte, da verfinsterte sich Oscars Miene, während er von seiner verlorenen Mütze berichtete. Blau und hellblau. So wie die war keine im Mützenladen.
Die traurige Erkenntnis war also: Der Winter steht vor der Tür und Oscar akzeptiert keine Mütze außer der verlorenen. Schlimme Szenen muss man sich dann auch im Fundbüro der BVG denken, wo Oscar erfahren musste, dass seine Mütze auch dort nicht aufgetaucht sei.

Dann aber fand Mama irgendwann spät nachts mit blutunterlaufenen Augen die Mütze im Internet. Großer Jubel brach aus, während Oscar schlief und vermutlich von blau-hellblauen Mützen träumte. Zwei Tage später klingelte der Postbote. Oscar holte diverse Textilien aus dem Päckchen und hielt schließlich seine Mütze in der Hand. Trotz Nutella-Gesicht war der überglückliche Sohn natürlich gerne bereit, diesen Moment mit einem Foto festzuhalten.

Während Oscar von nun an also tief beeindruckt von der Eigenschaft des Postboten ist, größte Wünsche zu erfüllen, ist er dem Lügen-Konstrukt "Weihnachtsmann" schon auf der Schliche. Als er nämlich alleine im Zimmer mit Mamas Laptop war, da öffnete Oscar mal eben die recht gut versteckte Datei, in der die Mama alle Weihnachtsgeschenk-Ideen notiert. Oscar las sich alles mit Interesse durch, weiß aber vermutlich dennoch nicht viel über das bevorstehende Fest, weil ihn derzeit nur O's und E's interessieren. Vielleicht waren da ja welche dabei in Mamas geheimer Liste...

Oscars technisches Verständnis hatten wir an anderer Stelle schon einmal gewürdigt. Von umprogrammierten Fernbedienungen und um 180° gekippten Monitorbildern ist hier schon berichtet worden. Und als die Mama heute so schimpfte über Oscar und die von ihm geöffnete Geheim-Datei, da fuchtelte sie mit ihrem Handy und zeigte dem dann stolzen Papa, was Oscar mit eben diesem Gerät so vor hat. Er möchte - so ist es in den "Entwürfen" von Mamas SMS abgespeichert - ein paar Nachrichten (Text: "uiiii") verschicken, darunter sogar eine eigens aufgezeichnete Audio-Aufnahme von irgendetwas. Als geplanter Empfänger ist Frau Hartmann aus Dresden vorgesehen. Audio-Aufnahmen würden wir auch gerne mal versenden. Leider weiß hier nur Oscar, wie das funktioniert.

Das Wochenende, an dem Oma Münster nebst Miet-Opa zu Besuch war und an dem Cousin Rufus seinen ersten Geburtstag feierte, endete spektakulär. Ella und Oscar wurden in die Badewanne gesetzt. Es wurde ihnen gestattet, ein wenig mit Wasserfarbe zu hantieren. Papa und Mama verließen dann das Bad. Pausenlose Jubelschreie verkündeten, dass kein Kind zu ertrinken droht, dies - so die Eltern - muss als Aufsicht reichen.

Als die Eltern ins Badezimmer eintraten, strampelten völlig überdrehte Kinder wie junge Hunde in der Wanne. Das gesamte Badezimmer war mittlerweile übersät von roter und blauer Farbe. Akustik und Optik ließen eindeutig auf ein Schlachthofszenario schließen. Hier schwappte Wasser in hohem Bogen über den Wannenrand, dort schmierte sich jemand quietschend roten Glibber ins Gesicht.
Ella, Oscar und Papa mussten aufgrund der überaus grotesken Situation lachen, während sich die Mutter auf besonders ekelerregende Weise als Vernunftsperson aufspielte und den Sauhaufen zu kritisieren wagte.

"Hast du überhaupt Shampoo benutzt?", fragte sie erst den Gatten, der daraufhin schwieg ("---") und dann den Sohn der daraufhin log ("ja"). Noch einmal warf sie die gerade väterlicherseits abgetrockneten Kinder in die Wanne und schrubbte sie sauber. Als Hauptindiz der vernachlässigten Haarpflege galten übrigens ein jeweils roter Wasserfarbenstreifen auf (a) dem Scheitel des Sohnes und (b) dem Scheitel der Tochter.

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