Sonntag, 17. April 2011

Krise von Dienstag bis Donnerstag, je 19:00

Zwischen Papa und Oscar herrschte Mitte der letzten Woche Eiszeit. Die Krise begann ziemlich genau am Dienstagabend gegen 19:00 Uhr.

Der Sandmann war gerade aus, Papa saß nebst Kindern im Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ab, Mama tat in der Küche Sinnvolles. Es waren die letzten Momente des Friedens.

Dann hatte Oscar eine Idee und die hieß grob zusammengefasst "Hüpfen". Oscar hüpfte also auf dem Sofa. Papa rief "Oscar, hör auf, das ist gefährlich.", woraufhin Oscar frech lachte und zu noch höheren Sprüngen ansetzte. Papa war sauer, musste aber nicht lange über die pädagogisch klügste Reaktion auf diesen Affront nachdenken, denn die Dinge begannen sich von selbst zu lösen. Oscar nämlich geriet ins Wanken und stürzte mit dem Kopf voran in die Tiefe. Nur um Milimeter vorbei an der Kante des Couchtisches.

Papa war nicht mehr nur sauer, Papa war nun - seltsam eigentlich im Moment des Sieges - richtig übel sauer. Oscar musste mit dem Gesicht im Parkett liegend also feststellen, dass der erwartete Trost ausblieb und durch wüste Beschimpfungen ersetzt wurde. In klug durchdachten Sentenzen schrie der Vater seine Interpretation der Ereignisse ins Wohnzimmer und wer genau hinhörte, der konnte auch das Wort "Vollidiot" hören. Der so Bezeichnete richtete sich auf dem Teppich auf und tat etwas sehr zu Erwartendes. Oscar weinte.

Die Wogen glätteten sich nur langsam. Dies lag zum großen Teil vor allem daran, dass Oscar dank dieser Situation eine neue niedliche Eigenschaft zu Tage bringen konnte, von der wir bislang noch gar nichts wussten: Oscar ist nachtragend.

Den Vater würdigte er jedenfalls keines Blickes mehr. Keine Umarmung zur Nacht, kein Küsschen, kein Vorlesen. Oscar lehnte jede Kontaktaufnahme des mittlerweile völlig verunsicherten Vaters ab. Wozu hat man zwei Elternteile?

Am nächsten Morgen - Papa war schon arbeiten - läutete Oscar mit einem leisen Knacks die zweite Phase der Eiszeit ein. Oscar spielte zuvor mit Papas Brille und stellte irgendwann fest, dass sich der Bügel vom Rest der Brille durchaus lösen lässt, wenn man nur ein bisschen dreht und zerrt und zuckelt. Papa erreichte die Nachricht vom Ableben seiner Brille im Lehrerzimmer. Oscar währenddessen schämte sich zu Hause.

Dieses Schämen hielt aber nicht so lange Bestand, dass Papa davon noch etwas sehen konnte. Es wich nämlich Oscars sehr selbstbewusster Haltung, durchaus stolz darauf zu sein, Dinge kaputt machen zu können.
Dies geht im Moment so weit, dass Oscar auch nicht begangene Verbrechen gesteht. Das von einem Fremdkind zerstörte Gartenthermometer zum Beispiel hat laut Oscar er selber kaputt gemacht. Ob das normal ist, mögen andere entscheiden. Wir sind zu nah dran am Geschehen um dieses nüchtern beurteilen zu können...

Das Ende der Eiszeit kann auch exakt terminiert werden: Es war am Donnerstag, wieder kurz nach 19:00 Uhr, als Papa und Oscar wieder miteinander konnten: Papa fragte Oscar nebenbei mal wieder, ob Oscar mal aufs Töpfchen gehen möchte. Zur allgemeinen Verwunderung und zum Stolz des Vaters nickte Oscar und fand sich kurz darauf im Badezimmer auf einem Töpfchen sitzend wieder.
Im Unterschied zu seiner Schwester zeigt Oscar hier dann großen Ehrgeiz. Vielleicht 20 Minuten saß er still und konzentriert da und irgendwann war es dann soweit. Wir beklatschten alle die Fäkalie, die dann aber nicht ins Familienalbum geklebt wurde, sondern als erste Losung unseres Sohnes den Gang in die Toilette und nicht den Gang in den Windeleimer ging.

Rund acht Monate vor dem Weihnachtsfest war es mal wieder Zeit, Ella dahingehend zu testen, ob sie noch über einen naiven Wunderglauben verfügt, oder ob wir uns nach dem Reinfall mit dem Weihnachtsmann im letzten Jahr komplett mit unserer Tochter in die Realität begeben müssen: Je ein Schokoladen-Ei wurde auf die Kopfkissen der Familienmitglieder gelegt. Dann sagte Papa, dass er eben den Osterhasen durch die Wohnung hat huschen sehen.

Ella war elektrisiert, fand die Ostereier und weinte danach fast, weil sie den Hasen auch so gerne gesehen hätte. Ermittlungen wurden angestellt. Wo kam er rein? Dann entdeckte sie die offene Tür zum Treppenhaus. Komisch... Wieso stand die offen? Und wieso hat Ella das nicht vorher gesehen?
Als wir nach einem Gartenwochenende inklusive Geburtstagsfeier wieder nach Kreuzberg kamen, da lagen schon wieder Ostereier im Bett. Die Türen - Ella kontrollierte - waren zu. Dann entwickelte sie selber eine krude Erklärung, in der es um irgendwelche Löcher in dieser Wohnung geht und schlief kindlich-naiv und an Wunder glaubend ein. In acht Monaten darf der Weihnachtsmann also doch noch mal kommen. Diesmal besser getarnt und gespielt von irgendeinem nichtsnutzigen Studenten...

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