Sonntag, 5. Juli 2009

Die Dreijährige und ihr Brüderchen

Seit Samstag kann Ella über den nervenden Warnhinweis "Nicht für Kinder unter 3 Jahren geeignet, da Kleinteile verschluckt/eingeatmet werden können" nur noch müde lachen. Die Möhre hatte Geburtstag und ist jetzt tatsächlich drei.

Ellas Wunschzettel war kurz und teuer: Ein Tiger-Bikel wurde bestellt. Das Tiger-Bikel ist ein Fahrrad im Janosch-Look, das im Kinderbuch "Der kleine Tiger braucht ein Fahrrad" eine tragende Rolle spielt.
Und da Ella einer Kindergeneration entstammt, die frühzeitig, nämlich auf dem Laufrad, den Gleichgewichtssinn trainiert (und nicht wie unsereiner damals auf dem dafür ungeeigneten Holzroller), sind Ella die ersten paar Meter auch ganz gut gelungen. Noch ein paar Zentimeter wachsen und Ellas Radfahrkarriere steht nicht mehr viel im Weg.

So ganz schmerzlos lief es natürlich nicht, als wir nach dem geburtstäglichen Waffelfrühstück in den Park gingen und Ella auf ihr Tiger-Bikel setzten. Vor allem das Auf- und Absteigen war mit Unfällen verbunden - die ein oder andere Spritztour endete dann auch in Altonas Buschwerk. Doch Ella, die bereits frustriert aufgeben wollte, konnte motiviert werden, indem ihr der Hauptbahnhof Münster (Parkbank) und der Bahnhof Altona (andere Parkbank) gezeigt wurden. Ella brauste dann von Altona nach Münster und zurück. Und übrigens: Auch der Tiger im Buch fiel sechsmal hin, bevor er Fahrrad fahren konnte.

Mama und Papa sind nach drei Weihnachtsfesten und bis Samstag zwei Ella-Geburtstagen mittlerweile absolute Vollprofis und konnten die traditionelle Überforderung der kleinen Geburtstagskinder verhindern, indem sie neben dem Fahrrad lediglich zwei weitere Geschenke auf den Gabentisch legten. Das genügte. Ella hatte noch den Überblick und am Nachmittag gab es ja auch noch den Kindergeburtstag, auf welchem Ella weiteren Kram in Empfang nahm.

So konnten wir am eigenen Kinde unsere populäre Theorie des weinenden Gastgeberkindes auf Kindergeburtstagen widerlegen. Ella weinte nicht, als wir sieben Kinder nebst Eltern zur Elbe luden, wo ein Geburtstagspicknick und -grillen veranstaltet wurde. Ella war den ganzen Tag super drauf, dank reduzierter Geschenkezahl am Morgen.

Doch wurde das Unheil lediglich vertagt. Es schlummerten in vier Postpakten aus Berlin, Münster (2x) und Weimar nämlich noch insgesamt geschätzte 65 Geschenke.
So konnten wir der überraschten Dreijährigen heute Morgen erklären, dass nun noch einmal Geburtstag gefeiert wird, nur doller.
Ella wickelte rund 40 Minuten lang Geschenke aus und war danach nicht mehr dieselbe.

Bei Rossmann wollte sie alles haben, vom ABC-Pflaster bis zur Zahncreme. So kennen wir sie sonst nicht. "Dieses Kleinkind hat jeden Bezug zu Besitz und Sachwert verloren" tuschelten die Kunden bei Rossmann, als Ella mit Papa schließlich auch noch darüber verhandelte, Rasierschaum haben zu dürfen.

Ella war auf dem Weg zu Rossmann, welchen sie als "ICE" (Dreirad) begann und als "kaputter ICE" (von Papa geschobenes Dreirad) beendete, und bei Rossmann selbst so dermaßen nervig, dass Papa erst an der Kasse auffiel, dass er ja den Laden mit zwei Kindern betreten hatte, nun aber nur noch eins bei ihm stand und anstrengend war.
Oscar lag rund 5 Minuten im Kinderwagen zwischen Glückwunschkarten und Fotoalben. Papa hatte ihn dort vergessen, weil Ella so anstrengend war wie sonst nur beide Kinder zusammen. Schnell schnappte sich Papa den Kinderwagen und stellte beruhigt fest, dass keiner bemerkte, dass er Oscar für 5 Minuten vergessen hatte.

Auf dem Heimweg hielt die angespannte Situation an, denn der ICE war immer noch kaputt, so Ella. Papa schob Kinderwagen und Dreirad gleichzeitig. Hier und da verhakten sich die Räder, weshalb beide Fahrzeuge ruckartig stehen blieben und Papa fast darüber fiel. Manchmal kamen Leute entgegen. Sie hatten ein Eis in der Hand und sprachen über das wunderschöne Wochenende...

Doch schwenken wir nun noch einmal auf den Samstag. Auch da drohte Oscar ein wenig unterzugehen, meldete er sich doch beim Geburtstagspicknick gar nicht so recht zu Wort.

Oscar genoss. Man kann es nicht anders sagen - er genoss. Er saß in seiner Wippe, später lag er uf einer Decke. Er strahlte durch die Runde, blinzelte in den bedeckten Himmel und freute sich. Kein Spielzeug, keine Mama-Papa-Bespaßung war nötig. Oscar war der eigentliche Gewinner des Tages.

Als wir dann nach Hause kamen, sah Ella aus, als käme sie aus dem Schacht. Hinter ihr lag ein Tag, an dem sie mit Dominik in einem Grillaschehaufen spielte, an dem sie Kuchen, Götterspeise, Melone, Würstchen mit Ketchup verspeiste und schließlich auch noch Fußball spielte. Von jeder einzelnen Tätigkeit und jedem einzelnen Essen hatte sie Souvenirs im Gesicht hängen.

Lösung: Baden.
Ella badete, sagte nach 5 Minuten, dass sie einen Stinker machen müsse. Papa in Panik sagte "Okay, aber nicht in der Badewanne". Ella guckt konzentriert. Verdächtig konzentriert.
Und dann tat die Dreijährige, was ihr als Nulljährige, als Einjährige und als Zweijährige nie passierte...

Sprechen wir zum Abschluss noch über Oscar: Oscar, dies zeigt das letzte Bild, ist mittlerweile äußerst interessiert an Essen jeder Art. Hier freut sich schon jemand auf Ende Juli, wenn das erste Pastinakenglas geöffnet wird, und sich mit diesem "Plopp!" eine neue Welt für unseren Kleinen eröffnen wird.

Morgen fährt Papa für 5 Tage mit der Schulklasse nach Berlin.
Papa freut sich, denn er geht momentan ganz stark davon aus, dass die 22 Damen und Herren der Spätpubertät, die es zu beaufsichtigen gilt, nicht ganz so anstrengend sein werden wie seine kleine Prinzessin, die nun drei ist.

Für Mama dagegen brechen fünf Tage voller Herausforderungen an. Wir wünschen viel Glück!

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