Sonntag, 12. Juli 2009

Tschüss Hamburg.

Aus Oscars Sicht muss es so gewesen sein:
Als relativ neuer Erdenbürger weiß er bereits, dass es Dinge gibt, die er nicht von Anfang an konnte, die er so im Wochenrhythmus irgendwie plötzlich neu kann. Als Ella Baby war, hatten wir uns für diese neuen Errungenschaften im Kennenlernen und Begreifen dieser Welt den überaus passenden Begriff "Freischalten" aus der Welt der PC-Spiele ausgeliehen.

Oscar hat schon zahlreiche Dinge freigeschaltet: Das farbig Sehen, das Greifen und das Zahnen zum Beispiel (ja, in Oscars Mund befindet sich seit dieser Woche ein winzig durchschimmerndes Zähnchen).
Und heute, da war Oscar dann mal auf dem Holzweg:

Oscar dachte nämlich, er hätte als nächsten Schritt den Röntgenblick freigeschaltet. Das war aber leider nur ein Missverständnis. Wie kam es dazu?

Nun. In einer Woche wird die dynamische Familie Hamburg verlassen. Der Umzug kommt mit großen Schritten näher, weshalb hier immer mehr aus dem Blickfeld verschwindet und in Umzugskartons landet.
Heute war ein Bücherregal dran, das - ähnlich der früheren Berliner Mauer - eines unserer Zimmer in zwei Bereiche trennte, nämlich in das immer quicklebendige, leicht chaotische und hoch elektrifizierte Arbeitszimmer (vgl. Berlin West) und das dunkle, funktionale und biedere Schlafzimmer (vgl. Berlin Ost).

Oscar, um in diesem Bild zu bleiben, lag in Westberlin und starrte auf das Bücherregal.
Plötzlich geschah das Unfassbare. Drei Mauerspechte, Ella und ihre Eltern, trugen den Schutzwall ab. Oscar konnte plötzlich durch Regale sehen und freute sich über seinen heute scheinbar erworbenen Röntgenblick.

Irgendwann war das gesamte Regal abgetragen und Oscar verstand. Er hatte keine visuellen Superkräfte, sondern lediglich seinen ganz persönlichen 9.November erlebt.

Vielleicht ist die ungeheure Berlin-Präsens, die derzeit durch unsere Köpfe schwirrt, in den heutigen Zeilen schon spürbar. Die dynamische Familie wird schließlich schon in einer Woche in Kreuzberg wohnen. Und Papa war mit seiner Schulklasse in der vergangenen Woche schon da.

Mama kam nach eigenen Angaben recht gut zurecht mit den beiden Rotznasen. Höhepunkt waren die Untersuchungen Nummer 5 (Oscar) und 7a (Ella).
Beide Kinder, so die dezente ärztliche Kritik, seien nicht eben Wunder der Motorik. Beide gelten als bewegungsfaul und Laien der Geschicklichkeit.

Ob Ella denn schon Gesichter male, wurde ihre Mama gefragt. Kurzes Schweigen, dann die ehrliche Antwort: Ella malt eher so Landschaften. Vielleicht ist Ella stilistisch einfach dem Impressionismus zugehörig, von dem es auf Wikipedia heißt: "Im Impressionimus wird die Malerei leicht und luftig, bestimmt von den Spielen des Lichts auf der Natur. Die Farben fließen ineinander."
So ist es durchaus als bodenlose Frechheit zu werten, dass der Arzt hier Motorikmängel feststellen will. Hätte er diese Diagnose bei Claude Monet auch gewagt?
Zum Geburtstag von Ellas Uroma malte Ella gestern wieder ein Bild. Gesichter? Niemals. Ella malte mit bestechender Motorik ein Sommergewitter für ihre Uroma. Schwarzer Donner, gelbe Blitze fegten über saftige Wiesen und vertrieben den eben noch blauen Himmel... Mama und Papa waren begeistert, der Arzt sah nicht zu.

Im letzten Blog-Eintrag schrieben wir etwas überheblich vom Warnhinweis, der für Kinder unter 3 Jahren gilt und damit nicht mehr für Ella.
Wir brauchen mehr Warnhinweise für die Kinder, die 3 und älter sind, denn innerhalb von 60 Minuten zeigte Ella heute kulinarische Verwirrung: Sie trank einen Schluck Seifenblasenlauge und speiste einen Schwall Rasierschaum. Es ist ihr aber alles recht gut bekommen.

Wie gesagt: Wir verlassen nun diese Stadt. Papa wird weiterhin hier arbeiten, aber nach Feierabend schnell nach Berlin fahren. "Die schönste Stadt der Welt" ist eben nicht so unser Ding. Wir freuen uns auf Berlin-Kreuzberg und gehen damit in eine 14tägige Blogpause.
Wenn die Telefonleitung mitspielt, dann wird es am 26. Juli den ersten Blog aus Berlin geben.

In diesem Sinne: In Hamburg sagt man 'Tschüss'.

1 Kommentar:

  1. Jetzt hätte ich fast die Chance verpasst, der hochdynamischen Standardfamilie ein lang gestrecktes "viel Spass auf eure letzten Tage" zuzurufen ;)
    Ich freu mich auf euch in Berlin und hoffe, dass wir uns dann wieder etwas öfter sehen werden :)

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