Oscar war dann - und Papa war dabei - bei einer Untersuchung namens U7a. Zunächst wurde Oscar von einer Arzthelferin in Bezug auf seine Sehkraft in die Mangel genommen. Papa versuchte die gesamte Zeit über hochkonzentriert, die Würde und Kompetenz dieser Arzthelferin nicht zu hinterfragen, während diese in einem Pidgin-German mit unserem Sohn redete, das man aus Kreuzberg 61 nicht gewohnt ist: "Du siehst doch hier sechs Tiere, waaaa? Welsches is denn faschwommmnn?" Oscar versuchte das Rätsel zu knacken und starrte verzweifelt auf die sechs Tiere, von denen der Hase verschwommen abgebildet war. "Ick teste jetze die 3D-Sehstärke", erläuterte die Arzthelferin dem Vater derweil.
Oscar konnte aber mit dem Wort "faschwommmmmnnn" nichts anfangen. Selten hatte er es bislang mit Dingen zu tun, die verschwommen abgebildet waren und so fehlte ihm diese Vokabel. Da die Ärztin aber a) vom Fach war, und b) unbedingt ermitteln wollte, ob Oscar in 3D gucken kann, formulierte sie gekonnt um und sprach in die fassungslosen Gesichter von Vater und Sohn: "Osca. Wo isssn der Hase?". Oscar zeigte auf das Tier, das verschwommen war. Die Arzthelferin war zufrieden und verschwand.
Dann kam eine richtige Ärztin mit der Oscar sehr schnell (und dazu ist die U7a in Wahrheit da) Freundschaft schloss. Denn statt mit Spritzen und bitteren Medikamenten erschien Frau Doktor mit einem Ball und einem Bilderbuch. Oscar begann vor Vorfreude auf das bervorstehende Fußballspiel wild zu hüpfen, was die U7a deutlich verkürzte, da Frau Doktor bereits nach 20 Sekunden zu folgendem Ergebnis kam: "Also motorisch ist Oscar absolut in Ordnung". Der hier benannte hüpfte derweil laut gackernd durch das Arztzimmer und schoss im Anschluss der Frau Doktor brettharte Bälle vor die Füße.
Danach musste Oscar ins Bilderbuch gucken. Auf einer Seite waren Fahrzeuge. "Boaaaah", machte der Sohn um dann zu zeigen, dass er einerseits einen großen Wortschatz hat, der bis zum Fachbegriff "ICE" reicht, dass er aber auch noch großes Mitleid erzeugt, wenn er "Uiigzeu" sagt, wenn er Flugzeug meint. Übrigens kann Oscar das SCH in "Schaf", aber nicht in "Jein" (Schwein). Das nur am Rande.
Schnell übergeleitet zu Ella. Denn auch diese blickte in dieser Woche in ein Fahrzeugbuch. Es handelte sich um ein Buch, das Oscar in der Kita zum Geburtstag erhielt. Von der ersten bis zur letzten Seite erfüllt dieses Buch alle Erwartungen, die ein Buch mit dem Titel "Fahrzeuge" erfüllen muss. Oscar, der rechtmäßige Besitzer des Buches schlief aber bereits, als Ella - geplagt von massiven Einschlafstörungen - sich dieses Buch zur Brust nahm.
Eine Minute später brach sie in Tränen aus, lief zu ihrem Papa und ließ sich trösten. Was denn los wäre, wollte Papa wissen. "Ich hab Angst", gurgelte Ella und zeigte zitternd auf das Buch.
So ganz normal ist das nicht.
Ein weiterer Qualitäts-Check fand heute Abend beim Abendessen statt. Geprüft wurden: Oscars Frustrationstoleranz und Oscars Mundhöhlengröße.
Die Frustrationstoleranz ist leider nicht hoch, denn als Oscar erfahren musste, dass seine heißgeliebten Fahrzeug-Nudeln in einem ordinären Nudelauflauf verschwanden und für Oscar demzufolge völlig ungenießbar wurden, zeigte er sich unterm Strich recht wenig gefasst. Während der Rest der Familie speiste, wimmerte Oscar unterm Tisch und sprach in endlosem Vokalbrei "Ichwillmeinefaaaaazeugnuuuudeln".
Beim Dessert, der aus Mohnkuchen bestand, konnte aber erstmals Oscars Mundhöhle vermessen werden. Ein Stück Mohnkuchen der Größe 5x3x2 Zentimeter verschwand nämlich auf einmal in Oscars Mund, ohne dass der Junge dabei auch nur ein Molekül Mohnkuchen nach außen dringen ließ.
"Oscars Mundmuskulatur", dozierte die Mutter, "ist ungeheuer stark". Oscar blickte sie kauend an, sprang dann auf und rannte mit 30 Kubikzentimeter Mohnkuchen im Mund quer durch die Wohnung.
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